Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Lenelotte MöllerЧитать онлайн книгу.
ders.: Die Geburt des Dritten Reiches – Die Geschichte des Nationalsozialismus bis 1933. Zürich 1934; ders. alias Klaus Bredow: Hitler rast. Die Bluttragödie des 30. Juni 1934. Saarbrücken 1934; ders. alias Klaus Bredow: Sind die Nazis Sozialisten? Saarbrücken 1934; ders.: Adolf Hitler. Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit. Eine Biographie. Zürich 1936; ders.: Hitler. Eine Biographie. Ein Mann gegen Europa. Ort 1937; Werner Maser: Heiden, Konrad. In NDB 8 (1969), S. 246f.
Der Aufstieg der NSDAP, »Machtergreifung« und »Gleichschaltung«
Prozentual konnte die NSDAP, seit sie sich Wahlen stellte, eher einen Mitgliederzuwachs als einen Zuwachs an Wählerstimmen verbuchen. Dies änderte sich 1929 mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise und mit der Aufnahme in das Bündnis der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP), des Stahlhelmbundes und des Alldeutschen Verbandes gegen den Young-Plan. Ihre angeblich sozialistische Gesinnung wieder hervorkehrend, erreichte die NSDAP bei der Reichstagswahl im September 1930 einen Stimmenanteil von 18,3 %, das bedeutete 103 Mandate im Reichstag. Im Oktober bildete die nunmehr erstzunehmende politische Größe mit der DNVP und anderen nationalistischen Verbänden die »Harzburger Front«. Die vom Reichpräsidenten getragenen Präsidialkabinette trugen das ihre zur Unzufriedenheit mit den staatstragenden Parteien und somit zur Radikalisierung der Wählerschaft bei. Doch obwohl die NSDAP bei der Reichstagswahl im Juli 1932 einen Stimmenanteil von 37,4 % erreichte und damit stärkste Partei wurde, ernannte Hindenburg Hitler nicht zum Reichskanzler. Dies und der Stimmenrückgang bei den November-Wahlen stürzten die Partei in eine tiefe Krise, so dass schon ihr Ende prophezeit wurde. In der Landtagswahl in dem kleinen Reichsland Lippe konnte die NSDAP daraufhin noch einmal fünf Prozent hinzugewinnen, was ihr noch einmal Gewicht verlieh. Veranlasst durch die folgenschwere Selbstüberschätzung Franz von Papens, der Hitler in Schach halten wollte, ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler.
Sehr schnell nach Hitlers Amtsantritt begann die NSDAP mit der totalen Erfassung des gesellschaftlichen Lebens, das bedeutete zunächst: mit der Ausschaltung der konkurrierenden Organisationen. Zuerst erfolgte die Beseitigung des föderalistischen Prinzips durch die Einsetzung nationalsozialistischer Regierungen in den Ländern. Als Nächstes wurden durch das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« alle unliebsamen Beamten aus dem Dienst entfernt. Der in dem Gesetz enthaltene sogenannte Arierparagraph, der die Entlassung jüdischer Beamter bestimmte, wurde auch von evangelischen Landeskirchen und anderen Organisationen und Vereinen übernommen. Nur einzelne zogen dem Rauswurf jüdischer Mitglieder und Vorsitzender die Auflösung vor. Die Verfolgung der Kommunisten leitete die sogenannte Reichstagsbrandverordnung ein, die der Sozialdemokraten das Parteiverbot vom 22. Juni 1933.
Der extreme Antisemitismus der Nationalsozialisten stieß, obgleich er von vielen geteilt wurde, bei einigen Bevölkerungsteilen doch auf Befremdung. Auf den Boykott jüdischer Geschäfte im April 1933 jedenfalls reagierten die Menschen mancherorts mit demonstrativen Einkäufen bei jüdischen Kaufleuten. Auch unter der jüdischen Bevölkerung waren die Einschätzung der Vorgänge und die Reaktionen darauf geteilt. Während es bis 1934 vermehrt zu Selbstmorden kam und fast 40 000 Menschen auswanderten, blieb doch die Mehrheit in Deutschland und konnte – vor allem angesichts ihrer Verdienste um Deutschland in den zurückliegenden Kriegen sowie nach dem Ersten Weltkrieg – das tatsächliche Ausmaß der Bedrohung lange nicht fassen.
Literatur: Hans-Ulrich Thamer: Verführung und Gewalt. Deutschland 1933–1945. [Siedler Deutsche Geschichte, Reihe: Die Deutschen und ihre Nation, (Bd. V)], Berlin 1994; Hans Mommsen: Zur Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert. Demokratie, Diktatur, Widerstand. München 2010
Reaktionen in den ersten Monaten der NS-Herrschaft (1933/34)
Kommunisten
Die Kommunistische Partei Deutschlands war in den letzten Jahren der Weimarer Republik hinter NSDAP und SPD die drittstärkste Partei. Der politische Kampf der Kommunisten richtete sich besonders gegen die SPD, während sie mit den Nationalsozialisten die Ablehnung der Verfassung teilte. So kam es in Einzelfällen sogar zur Zusammenarbeit, wenn es um die Schwächung des politischen Systems ging, so z. B. 1931 bei einem Volksentscheid gegen die preußische SPD-Regierung.
Nach Wegfall des gemeinsamen Feindes jedoch wurden die Kommunisten wie die Sozialdemokraten und Sozialisten massiv verfolgt. Gleich 1933 wurden so viele von ihnen verhaftet, dass die Kommunikation zwischen ihren Parteibezirken abzureißen drohten. Am 7. Februar trafen sich etwa 40 Parteimitglieder mit Ernst Thälmann im Sporthaus Ziegenhals bei Berlin und berieten über die künftige Untergrundarbeit, bei der die Verbreitung von Flugblättern und Kampfschriften eine wichtige Rolle spielte. Besonders kam es den Kommunisten darauf an, ihre Fortexistenz zu beweisen. Ein Flugblatt vom 5. März 1933 lautete:
Stürzt die Papen-Hitler-Hugenberg-Diktatur
Arbeiter an die Macht! Für die Arbeiter- u[nd] Bauernrepublik!
Arbeiter, Werktätige, Frauen und Jugendliche, Kleinbauern,
Angestellte, werktätige studierende Jugend!
[…] Wir schlagen Alarm im Land! Die Diktatur der Hitler, Papen, Hugenberg will die Kommunistische Partei verbieten! Noch vor den Wahlen soll der Schlag gegen die KPD durchgeführt und soll die kommunistische Reichstagsliste für Null und Nichtig erklärt werden!
[…] Jede Stimme für die Hitler-Partei ist ein Sargnagel für die Freiheit des werktätigen Volkes! Jede Stimme für die Hitler-Partei ist eine Stimme für den faschistischen Terror und für den Arbeitermord! Jede Stimme für die SPD, für die Saboteure des Generalstreiks, ist eine Hilfe für Hitler, eine Stimme gegen die siegreiche Diktatur des Proletariats!
[…] In Antifaschistischer Einheitsfront vorwärts zum Massenkampf, zum Generalstreik, zum Sturz der Hitler, Papen, Hugenberg Diktatur! Gebt Eure Stimme und Eure ganze Kraft der KPD, der Partei der proletarischen Revolution!
Zitiert nach der Abbildung in: Ulrich Cartarius, Opposition gegen Hitler, S. 48f.
Die Aversionen zwischen den linken Gruppierungen, den Kommunisten, Sozialisten und Sozialdemokraten wurde auch durch den zunehmenden Druck von Seiten des gemeinsamen Feindes nicht überwunden. Für sich alleine entschieden sie sich, da sie wie viele andere Deutsche nicht auf eine längere Kanzlerschaft Hitlers eingestellt waren, zunächst einmal vor allem im Bewusstsein ihrer Anhänger bleiben zu wollen.
Zu diesem Zweck strebten sie Massenwiderstand und Massenaktionen an, wozu sie auf Unterstützung der Kommunistischen Internationale in Moskau hofften, eigentlich ein Außenposten, der die Kommunisten allen anderen Widerstandsgruppen hätte überlegen machen können. Dem standen allerdings Massenverhaftungen gleich zu Beginn der Kanzlerschaft Hitlers und vor allem nach dem Reichstagsbrand gegenüber, die die Partei so schwächten, dass sogar der Kontakt einzelner Bezirksgruppen untereinander abzureißen drohte. Mehr als 11 000 Personen, vor allem Parteifunktionäre, Reichstagsabgeordnete und Abgeordnete des Preußischen Landtages wurden in sogenannte »Schutzhaft« genommen. An der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz konnten die kommunistischen Abgeordneten bereits nicht mehr teilnehmen. Diejenigen höheren Parteifunktionäre, denen es noch gelang, flohen ins Ausland und gründeten in Paris eine Auslandszentrale: Wilhelm Pieck (1876–1960, später Präsident der DDR), Franz Dahlem (1892–1981) und Wilhelm Florin (1894–1944), während Walter Ulbricht (1893–1973), Hermann Schubert (1886–1938) und Fritz Schulte (1890–1943) zunächst in Deutschland zurückblieben. Sogenannte »Grenzstützpunkte« entstanden in grenznahen Orten wie dem Saargebiet, den Niederlanden, Dänemark oder Tschechien. Trotz der Zerstreuung hielt die KPD vorerst an ihrer zentralistischen Grundidee und Organisation fest.
Unter den erschwerten Bedingungen, aber auch mit einer aussichtslosen Strategie erlitten die Kommunisten bei Flugblattaktionen, Verteilung von Zeitungen, die an ständig wechselnden Standorten gedruckt oder als Reclam-Hefte getarnt aus dem Ausland herbeigeschafft