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Die Urgeschichte Europas. Reinhard PohankaЧитать онлайн книгу.

Die Urgeschichte Europas - Reinhard Pohanka


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Radius durchstreift haben. Als Unterkünfte dienten ihnen dabei Höhlen, Abris und Zeltkonstruktionen im Freiland. Meist waren diese Lager so gewählt, dass man Zugang zu den verschiedensten Ressourcen hatte, also etwa in der Nähe von Wasserläufen, Brennmaterial oder Steinvorkommen lagen, die ausgebeutet werden konnten.

      Skelette von alten Neandertalerindividuen weisen Spuren von Krankheiten und anderen körperlichen Gebrechen auf. Bei diesen muss davon ausgegangen werden, dass sie auf die Hilfe ihrer Gruppe angewiesen waren, die sich um sie kümmerte. Es gibt Knochen mit verheilten Frakturen, und es sind Unterkiefer von Neandertalern mit nur wenigen Zähnen bekannt. Unter derartigen Umständen waren die geschwächten Neandertaler vom Wohlwollen ihrer Angehörigen abhängig und mussten von diesen versorgt und gepflegt werden, was für einen hohen sozialen Zusammenhang der Gruppen spricht.

       Religion und Bestattung

      Manche der Gräber wurden mit rotem Ocker besprengt, einige Skelette hatten eine Unterlage für den Kopf, wie der Junge aus Le Moustiér mit einem Polster aus Feuersteinklingen. Es erscheint in heutiger Sicht als unwahrscheinlich, dass in Fundstellen wie La Ferrassie, wo sieben Bestattungen von Neandertalern entdeckt wurden, darunter vier Kinder und Neugeborene und sogar ein Fötus, ihre teilweise fragilen Skelettreste nur durch zufällige natürliche Sedimentation konserviert wurden. Die Existenz von weiteren Kinderskeletten aus Dederiyeh in Syrien, die zu Individuen gehörten, die zum Teil nur ein geringes Lebensalter von wenigen Monaten oder Jahren erreicht haben, zeigen, dass Kinder wie Erwachsene gleichermaßen behandelt wurden. Immerhin machen die Kinderbestattungen etwa 40 Prozent der gesamten Anzahl mittelpaläolithischer Bestattungen, im Gegensatz zu denen des Jungpaläolithikums mit nur 27 Prozent, aus.

      Unklar ist, ob die Neandertaler ihre Toten mit einem Ritual bestatteten und ob es rudimentäre Grabbeigaben gegeben hat. Funde von kleinen Perlen von Muscheln und von Blütenpollen in Neandertalergräbern des Nahen Ostens lassen annehmen, dass es ein Totenritual und Beigaben gegeben hat, was den Gedanken nahelegt, dass sich schon der Neandertaler die Frage nach einer Existenz des Verstorbenen nach dem Tode gestellt haben könnte. Die Anlage der Gräber zeigt wenige Gemeinsamkeiten, so wechseln die Orientierung, die Lage der Toten im Grab und ihre Ausstattung stark. Die Körper wurden meist in angehockter Beinstellung in Seiten- oder Rückenlage niedergelegt, dabei wurde eine sehr variable Ost-West-Orientierung bevorzugt. Weder gestreckte Totenhaltungen noch eine Orientierung in der Nord-Süd-Achse wurden bislang dokumentiert. Eine weitere Gemeinsamkeit ist, dass alle bekannten Bestattungen von Neandertalern ausschließlich in Höhlen oder unter Abris vorkommen. Im Gegensatz zu den späteren Bestattungen des jungpaläolithischen Gravettiens ist kein einziger Fall einer Bestattung in einer Freilandstation bekannt.

      Geht man davon aus, dass der Anlage von Gräbern durch den Neandertaler auch eine Vorstellung von Religion zu Grunde liegt, so ist die Frage, wie eine solche ausgesehen haben könnte. Eine der frühen Theorien ging von der oftmaligen Vergesellschaftung von Neandertalerresten mit Knochen von Höhlenbären aus (Drachenloch-Höhle in der Schweiz) und konstruierte einen Kult des Höhlenbären durch den Neandertaler. Darauf hindeuten könnte auch der Fund von Régourdou in der Dordogne, eine rechteckige Grube, in der die Schädel von 20 Höhlenbären lagen und in deren unmittelbarer Nähe sich das unvollständige Skelett eines Höhlenbären und das vollständige Skelett eines Neandertalers fanden.

       Sprache

      Aus den verschiedensten Fundorten in Europa, die mit Neandertalerfunden vergesellschaftet sind, stammen Knochen und Steine mit Schnittlinien-Verzierungen, Reste von Farbpigmenten bis hin zum Rest einer möglichen Knochenflöte. Da viele der Objekte nicht sicher in die Zeit des Neandertalers datiert werden können, bleibt die Zuschreibung fraglich. Allerdings legt die Fülle der Funde nahe, dass Neandertaler ein frühes Dekor- und Kunstempfinden in Form von Symbolen hatten. Man kann daher heute davon ausgehen, dass Neandertaler abstrakte Gedanken formulieren konnten. Sie verwendeten Pigmente, sammelten kuriose Fossilien und schmückten Knochen mit Perforationen, Ritzungen oder Liniengravuren. Aus diesen und weiteren Befunden kann man das Bild eines fürsorglichen, sozialen und körperbewussten Menschen ableiten. Als der moderne Mensch in Europa eintraf, wurde das symbolische Inventar beider Menschengattungen umfangreicher, Statuetten und Darstellungen von Tieren lassen sich beim Neandertaler dennoch nicht nachweisen. Die kognitive Befähigung zum abstrakten Denken war offenbar beim Neandertaler vorhanden, sie wurde allerdings nicht im gleichen Maße genutzt wie beim Homo sapiens.

       Das Ende der Neandertaler

      Über


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