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Fürstenkrone 11 – Adelsroman. Viola LarsenЧитать онлайн книгу.

Fürstenkrone 11 – Adelsroman - Viola Larsen


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ohne vorher freundlich zu mahnen: »Vergessen Sie nicht, heiß zu brausen!«

      Der Einfachheit halber lässt Rulle dann das Essen für Fürst Wolfhart und Sabrina in den beiden Appartements verbindenden luxuriösen Wohnraum bringen.

      »Ich habe keinen Hunger!«, wehrt Sabrina entsetzt ab, als sie den gedeckten Tisch sieht. »Ich schwöre Ihnen, Rulle, ich kann keinen einzigen Bissen hinunterbringen.«

      »Weiß ich!« Rulle nickt überzeugt. »Nur den Hummercocktail müssen Sie versuchen, dann lasse ich Sie ganz bestimmt in Ruhe.« Und da Sabrina beginnt, in dem eleganten Raum ruhelos auf und ab zu wandern, mahnt er freundlich: »Setzen Sie sich doch! Das Konzert fängt nicht früher an, wenn Sie wie ein Tanzbär hin und her wandern.«

      »Ach, Rulle«, seufzt Sabrina und lässt sich gehorsam in einem der tiefen Sessel vor dem gedeckten Tisch nieder, »ich sterbe bestimmt!«

      »Später einmal«, tröstet Rulle, »jetzt noch nicht.«

      »Warum kümmert sich Fürst Wolfhart gar nicht um mich?«, fragt Sabrina gequält.

      Rulle schmunzelt. »Wenn Sie mich nicht verraten, sage ich es Ihnen. Er ist ein wenig seltsam, weil er selbst auch ganz schreckliches Lampenfieber hat wie eben jeder echte Künstler. Tun Sie mir die einzige Liebe an, und machen Sie ihn nicht noch ganz verrückt, halb ist er es nämlich schon.«

      »Wolfhart?«, fragt Sabrina, und ungläubiges Staunen malt sich auf ihren verängstigten Zügen ab. »Wolfhart hat Lampenfieber? Nein, das kann ich nicht glauben, Rulle!«

      Aber als in diesem Augenblick Fürst Wolfhart blass und nervös eintritt, da begreift Sabrina, dass Rulle recht hat. Und in der gleichen Sekunde erfüllt sie der heiße Wille, ihm zu helfen. Dieser Wille gibt ihr die Kraft, plötzlich ganz ruhig zu erscheinen und sogar zu lächeln. Fürst Wolfhart trägt noch seinen Hausanzug und reicht Sabrina nur flüchtig die Hand.

      »Bei diesem Hundewetter kommt kein Teufel ins Konzert!«, erklärt er gereizt und nimmt Platz.

      »Teufel wollen wir ja auch gar nicht im Saal haben«, stellt Rulle freundlich richtig. »Bitte, hier das Hummercocktailchen müssen Sie versuchen, Chef, es schmeckt köstlich.«

      »Danke!«, wehrt Fürst Wolfhart nervös ab. »Ich habe keinen Hunger.«

      Rulle zwinkert Sabrina zu, und dieser gelingt es, abermals zu lächeln.

      »Tante Tabea würde schrecklich mit uns schelten, wenn sie wüsste, dass wir mit hungrigen Mägen ins Konzert gehen wollen, Wolfhart«, sagt sie. »Und Rulle hat sich so viel Mühe gegeben. Ein Häppchen müssen wir schon zu uns nehmen, meinst du nicht auch?«

      »Ein Häppchen – na ja!«, stimmt er zu. »Hast du Lampenfieber?«

      »Ein bisschen«, gesteht Sabrina und lächelt scheu. »Aber nicht so sehr viel. Ich mache es heute Abend sicher besser als heute früh, Wolfhart.«

      »Hoffentlich!«, lautet die wenig ermutigende Antwort. »Paris verzeiht einer schönen Frau zwar viel, aber dieses miserable Adagio von heute Morgen bestimmt nicht.«

      Eine Röte tiefer Beschämung steigt in Sabrinas Wangen. »Verzeih!«, bittet sie leise.

      »Schon gut!«, knurrt Fürst Wolfhart.

      Rulle beginnt nun, von den harmlosesten Dingen zu plaudern: von den Schneeräumkommandos, von den grässlichen Taxifahrern, von den zugigen Hotels und von Himmel und Hölle, nur über das bevorstehende Konzert verliert er kein Sterbenswörtchen.

      Fürst Wolfhart unterbricht ihn schließlich, erhebt sein Glas und trinkt Sabrina zu. »Auf unser erstes Konzert, Moorprinzesschen!«

      Der vertraute Kosename hüllt Sabrina weich und warm in einen Mantel herzlicher Zärtlichkeit ein. »Auf unser erstes Konzert, Wolfhart.«

      *

      Eine halbe Stunde später fährt ein Taxi Fürst Wolfhart, Sabrina und den kleinen Orchesterdiener vom Hotel Claridge zum Konzerthaus, an dessen Kasse ein kleines Schildchen verkündet, dass der große Saal vollständig ausverkauft ist.

      Während Sabrina und Fürst Wolfhart sofort in das Künstlerzimmer gehen, um dort auf ihren Auftritt zu warten, begibt Rulle sich sogleich auf das Podium, das noch durch einen schweren Vorhang vom Zuhörersaal abgetrennt ist. Wie am Vormittag vor der Generalprobe rückt er die Stühle für die Orchestermitglieder zurecht, prüft die Sicherheit der Notenständer und achtet darauf, dass die Partituren richtig liegen. Er öffnet den Flügel und genehmigt sich schließlich einen Blick durch das Guckloch in den von summenden Stimmen, Programmknistern und leisem Lachen erfüllten Saal.

      Zufrieden stellt er fest, dass sich die Pariser Musikwelt und die Spitzen der Pariser Gesellschaft vollzählig eingefunden haben. Er seufzt glücklich und spuckt dreimal auf die Rampe, was nach uraltem Brauch Glück für das Konzert bringen soll.

      Im Künstlerzimmer sind Fürst Wolfhart und Sabrina indessen schweigend zusammen. Nervös geht der große Dirigent auf und ab. Schließlich bleibt er am Fenster stehen und blickt hinaus in die langsam niedersinkende Nacht.

      »Du musst mir verzeihen, Moorprinzesschen«, sagt er leise, »dass ich dir im Augenblick gar keine große Stütze sein kann.«

      Sabrina lächelte ihm tapfer zu. »Ich verstehe dich gut, Wolfhart«, sagt sie dann. »Wir gehören doch zusammen, nicht wahr?«

      Überrascht hebt Fürst Wolfhart den Kopf, und seine dunklen Augen leuchten auf. Aber da tritt Rulle ein und sagt: »Langsam können wir auf die Plätze gehen, meine ich. Das Orchester ist bereit, und höchste Zeit ist es auch.«

      Fürst Wolfhart schaut Sabrina noch einmal in die Augen, ehe er auf die Tapetentür zugeht, die auf das Podium führt. In seinem Blick steht alles geschrieben, was seine Lippen verschweigen: heißes Bangen, ehrliches Hoffen und unsagbare Zärtlichkeit.

      Sabrina nickt ihm ernst zu, und für sie ist alles, alles gut. In diesem Augenblick erkennt sie deutlicher als je zuvor, dass sie und Wolfhart zueinandergehören, dass es Liebe, nur Liebe ist, die ihr reines Herz für den Mann schlagen lässt, der ihr eine Heimat gegeben hat, als sie noch eine hilflose Waise war. Ehe sie ihm aber auf das Podium folgen kann, klopft Rulle ihr noch einmal väterlich auf die Schultern und flüstert ihr zu: »Toi, toi, toi! Sie werden es schon schaffen. Aber nur nicht für die Fremden spielen, Sabrina Mauri! Hören Sie auf den alten Rulle, und spielen Sie nur für den einen einzigen Menschen, den Sie lieben!«

      »Ja, Rulle«, antwortet Sabrina und atmet tief, »ja, ich werde auf Sie hören, und ich werde es auch schaffen.« Mit diesen Worten tritt sie hinter Fürst Wolfhart auf das Podium, aber sie sieht nicht die vielen fremden Menschen im Saal, sondern nur die hochgewachsene Gestalt des Dirigenten.

      Wolfhart, jubelt es in ihrem Innern. Wolfhart, ich liebe dich! Ihre Augen leuchten auf, und das Glück, das sie heiß, ungestüm und mit köstlicher Zärtlichkeit erfüllt, spiegelt sich auf ihrem Antlitz wider.

      Hingerissen bewundern die von Schönheit verwöhnten Pariser Sabrinas zauberhafte Erscheinung. Im Fluge gewinnt sie alle Herzen, und wahrscheinlich würde Paris ihr darum auch ein miserabel gespieltes Adagio verzeihen.

      Aber als sie den Bogen ansetzt, versinkt alle Welt für sie, denn sie spielt wirklich nicht für die fremden Menschen, sondern nur für ihn, den einzigen Mann, den sie mit aller Zärtlichkeit und Kraft eines reinen, starken Herzens liebt.

      Schwebend und süß klingen die ersten Töne auf.

      Fürst Wolfhart neigt lauschend den Kopf. Moorprinzesschen, pocht sein Herz, ich liebe dich! Du hast die Vergangenheit besiegt. Wir gehören zusammen, du und ich, untrennbar und für immer.

      Atemlose Stille liegt über dem großen Saal, und auch als Sabrina den Bogen sinken lässt, herrscht sekundenlang tiefes Schweigen. Dann aber brandet nicht enden wollender Jubel auf, und wie aus tiefem Traum erwachend richtet Sabrina sich empor.

      Wo bin ich denn, fragen ihre verwunderten Augen. Was wollen diese Menschen von mir? Rührend hilflos und mit einem scheuen Lächeln lässt sie den Applaus über sich ergehen.


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