Fürstenkrone 11 – Adelsroman. Viola LarsenЧитать онлайн книгу.
sich mit ihr vor den jubelnden Menschen, die der Tochter Marcus Mauris die gleiche begeisterte Zuneigung entgegenbringen wie damals dem unvergessenen Geiger selbst. Wieder und wieder müssen sie für den Beifall danken, ehe sich der silbergraue Vorhang langsam schließt.
»Wir haben gewonnen!«, erklärt Rulle stolz, der in diesem Augenblick auf das Podium eilt und Sabrina begeistert die Hände drückt, während nun auch die übrigen Orchestermitglieder herbeieilen, um die junge Solistin zu beglückwünschen.
Im Künstlerzimmer werden indessen schon prachtvolle Blumengebinde abgegeben.
Auch der zweite Programmteil bringt Sabrina und Fürst Wolfhart jubelnden Beifall. Wieder und wieder müssen sie sich verneigen, und laut ruft man um eine Zugabe.
Lächelnd neigt sich Fürst Wolfhart zu Sabrina.
»Spiel deine Schneemelodie«, bittet er leise. »Du ganz allein!«
Er verbeugt sich kurz vor den Zuhörern und eröffnet ihnen, dass Sabrina Mauri als Dank für die liebevolle Aufnahme in Paris eine eigene kleine Komposition spiele.
Zärtlich und von inniger Liebe erfüllt, ruht Sabrinas Blick auf dem Antlitz Fürst Wolfharts, als sie ihre zauberhafte Weise spielt, die sie in der Nacht auf der Heideinsel ersann. Nicht enden wollender Applaus dankt ihr.
Und dann endlich sind Fürst Wolfhart und Sabrina wieder allein im Künstlerzimmer.
Rulle versteht es meisterhaft, alle Bewunderer und Verehrer zurückzuhalten, denn er weiß ganz genau, dass die beiden Menschen jetzt erst einmal allein sein müssen.
»Du warst wundervoll, Sabrina!«, sagt Fürst Wolfhart innig und zieht behutsam ihre schlanke Gestalt an sich. Seine Lippen streifen ihr hellbraunes Lockenhaar. »Ich danke dir!«
»Ich habe dir zu danken!«, erwidert Sabrina leise. »Ohne dich hätte ich mein Ziel nie erreicht.« Sie lächelt wehmütig. »Ob Vater mit mir zufrieden gewesen wäre?«
»Gewiss, Moorprinzesschen«, gibt Fürst Wolfhart ernst zurück.
Still stehen sie beieinander, halten sich an den Händen und sehen sich in die Augen. Noch ist nichts ausgesprochen, aber ihre Herzen wissen, dass sie eins sind.
Die Schatten der Vergangenheit sind bezwungen, denkt Fürst Wolfhart glücklich, und langsam und zärtlich neigt er sich über Sabrina.
Aber ehe seine Lippen ihren Mund berühren, wird die Tür zum Künstlerzimmer heftig aufgerissen, und in ihrem Rahmen steht eine hochgewachsene, schlanke Dame von faszinierender Schönheit. Dichtes blauschwarzes Haar umschmiegt in weichen Wellen das makellose Oval eines hinreißend schönen Frauenantlitzes. Eine raffiniert einfache Robe aus schwarzem Duchesse mit tiefem Ausschnitt umhüllt die ebenmäßige Gestalt. Die Augen sind ein wenig mandelförmig geschnitten und leuchten in schillerndem Grün. Die feine gerade Nase und der großzügig geschwungene Mund vervollständigen das Bildnis sinnverwirrender Schönheit.
Fürst Wolfhart weicht unwillkürlich einen Schritt zurück. Tiefe Blässe überzieht sein Antlitz, das zu einer steinernen Maske erstarrt. Nur mühsam schöpft er Atem, und seine Arme gleiten kraftlos herab.
Jetzt taucht hinter der Dame mit allen Zeichen des Entsetzens Rulle auf, aber er kann nicht verhindern, dass die schöne Fremde rasch auf Fürst Wolfhart zugeht und ihm mit graziöser Geste ein großes Gebinde blassgelber Rosen in die Hände drückt. Rulle kann auch nicht verhindern, dass sie besitzergreifend beide Hände auf Fürst Wolfharts Schultern legt, ihn flüchtig auf die Wange küsst und begeistert ruft: »Du warst fantastisch, Wolfhart! Alle sind hingerissen von dir! Großer Gott, war ich stolz auf dich! Du bist ein Genie!« Ihre Stimme klingt metallen und kühl, trotz der begeisterten Worte, die sie ausspricht.
»Danke, Simone!«, erwidert Fürst Wolfhart, und seine sonst tiefe und wohllautende Stimme klingt mit einem Mal rau und spröde. »Ich wusste nicht, dass du in Paris bist.«
»Ich bin nur für einige Monate hier«, antwortet die Dame und schmiegt flüchtig ihr Antlitz an Fürst Wolfharts Schulter. »Eigentlich wollte ich den Winter im Süden verleben, aber jetzt bin ich glücklich darüber, dass ich hier in Paris den Genuss deines Konzerts erleben konnte.«
Rulle räuspert sich. »Der Wagen wartet, Chef!«, sagt er.
Die schöne Fremde wendet sich lächelnd um. »Sieh da, Rulle!«, sagt sie. »Bewachen wir den Chef noch immer wie ein Zerberus? Heiße Brause und leichtes Abendbrot vor dem Konzert, wie? Ach, ich habe es nicht vergessen. Wie geht es uns denn?«
»Danke, Hoheit!« Rulle verbeugt sich steif und würdevoll. »Wir haben nicht zu klagen, es geht uns sehr gut.«
Jetzt erst scheint die Dame Sabrina zu bemerken, die fassungslos diesen sonderbaren Auftritt miterlebt.
»Sie haben Ihre Sache auch recht brav gemacht!«, sagt sie hochmütig und reicht Sabrina herablassend die Hand. »Ich bin Simone Prinzessin von Bernadette.« Sie lacht, aber dieses Lachen ist unecht. »Und Sie sind die Tochter Marcus Mauris, nicht wahr? Ach, er war ein großer Künstler! Streben Sie ihm nur fleißig nach, Kindchen!«
Rulle beißt sich vor hilfloser Empörung auf die Lippe. Er könnte die schöne Prinzessin offensichtlich erwürgen. Wie kann sie es wagen, Sabrina, die unzweifelhafte Königin dieses Konzertes, derart herablassend zu behandeln.
In diesem Augenblick ergreift Simone Prinzessin von Bernadette Fürst Wolfharts Arm.
»Gehen wir, Lieber!«, lächelt sie. »Im Hotel ›George V.‹ warten deine begeisterten Verehrer schon auf dich. Es wird ein glanzvolles, großes Fest, wie Paris es nur seinen auserkorenen Lieblingen bereitet. Lassen wir deine Freunde nicht warten.«
Wieder weicht Fürst Wolfhart unwillkürlich einen Schritt zurück, sodass die Hand der Prinzessin von seinem Arm gleitet. Kühl verbeugt er sich.
»Ich ziehe es vor, in mein Hotel zu fahren!«, sagt er kalt.
»Aber das ist unmöglich!«, entgegnet die Prinzessin. »Paris liebt dich, und wen Paris liebt, den will es feiern! Man wird es dir niemals verzeihen, wenn du nicht zu dem zu deinen Ehren veranstalteten Empfang kommst. Säumen wir also nicht länger! Rulle, bringen Sie den Frackmantel des Fürsten! Die Blumen schicken Sie zum Hotel Claridge. Ich habe nicht vergessen, dass Ihr Chef in Paris immer im Claridge wohnt. Wimmeln Sie das jubelnde Volk draußen ab, Rulle, und eilen Sie sich! Der Champagner wird sonst zu Glühwein.« Sie lacht wieder.
Sabrina lehnt totenblass am Fenster und hat die großen, verstörten Augen auf den verzweifelten Orchesterdiener gerichtet, der sich standhaft weigert, einen der Befehle der Prinzessin auszuführen.
»Sind wir nicht einverstanden, Rulle?«, fragt die Prinzessin ihn nun gereizt. »Das tut mir leid. Vor dem Konzert führen Sie das Regiment, aber nachher müssen Sie schon gestatten, dass …«
Jetzt aber kommt Leben in die erstarrte Gestalt Fürst Wolfharts. Zornig sieht er die schöne Frau an, und seine Hände ballen sich unbewusst zu Fäusten.
»Meinen Frackmantel, Rulle!«, befiehlt er schroff. »Die Blumen geben Sie in ein zweites Taxi.« Er wendet sich der verstörten Sabrina zu und reicht ihr ritterlich den Arm. »Komm, Moorprinzessin, gehen wir!«
Auch in Rulle kommt nun Leben. Er überkugelt sich jetzt förmlich, um die Befehle seines Herrn auszuführen.
»Einen Augenblick, Chef!«, sagt er diensteifrig. »Hier, der Frackmantel! Die Blumen in ein zweites Taxi! Jawohl, Chef!«
Fürst Wolfhart zieht den Frackmantel nicht über, sondern nimmt ihn lässig über den Arm. Seine Haltung ist tadellos, aber zugleich unmissverständlich, und fassungslos starrt die schöne Prinzessin ihn an. In ihren grünen Mandelaugen flackert es.
»Was soll das heißen, Wolfhart?«, stößt sie tonlos und mit zuckenden Lippen hervor. »Du kannst mich doch nicht vor aller Welt übergehen, unmöglich machen und durch dein Verhalten der Lächerlichkeit preisgeben?« Ihre überschmalen ringgeschmückten Hände beben. »Ich habe versprochen, dich mitzubringen, und man erwartet, dass …« Fürst Wolfhart verbeugt sich kühl und gelassen