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Sophienlust Box 17 – Familienroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Sophienlust Box 17 – Familienroman - Patricia Vandenberg


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als Angela im Wagen saß, stellte sie fest, dass Henry ohne Mittag zu essen abgefahren war und auch unterwegs nicht haltgemacht hatte. Sie bestand darauf, dass er am ersten Rasthaus an der Autobahn einkehrte und sich stärkte. Sie selbst begnügte sich mit einer Tasse Kaffee. Sie hätte keinen Bissen herunterbekommen.

      Dann fuhren sie in rasend schneller Fahrt in Kurt Schlüters starkem Rolls-Royce über die Autobahn in Richtung Sophienlust. Henry brauchte nicht ein einziges Mal zu überlegen. Er war nicht nur ein ausgezeichneter Chauffeur, er verfügte auch über ein gutes Ortsgedächtnis und fand jeden Platz wieder, an dem er einmal gewesen war.

      Sie erreichten Sophienlust, als es längst dunkel geworden war. Nur undeutlich war das schöne alte Herrenhaus zu erkennen.

      Frau Rennert hieß Angela herzlich willkommen. Danach sagte sie: »Es geht Ihrem Jungen ganz leidlich, aber es steht nun fest, dass es sich um Polio handelt. Frau von Schoenecker, die mit ins Krankenhaus gefahren war, hat eben angerufen. Wir sind den ganzen Nachmittag und Abend damit beschäftigt gewesen, das Haus bis in den letzten Winkel zu säubern und zu desinfizieren. Unsere Hilfstruppen sind schon ganz erschöpft. Wo wollen Sie übernachten, Frau Schlüter? Frau von Schoenecker hat Sie eingeladen, entweder hier im Heim oder drüben bei ihr in Schoeneich zu wohnen.«

      »Ich möchte Frau von Schoenecker gern so schnell wie möglich kennenlernen. Vor allem möchte ich wissen, was sie mir noch über meinen Jungen berichten kann. Vor morgen früh werde ich ihn wohl nicht sehen dürfen.«

      »Nein, heute ist es bereits zu spät für einen Besuch in der Klinik. Das lassen wir bis morgen. Das Krankenhaus ist ausgezeichnet. Sie sollten sich nicht zu große Sorgen machen. Es ist ein Glück, dass unsere Ärztin sofort erkannt hat, dass es sich um Polio handelt. Unsere Sorge ist jetzt vor allem, dass sich hier im Haus keines der anderen Kinder angesteckt hat.«

      »Ich verstehe«, murmelte Angela Schlüter bestürzt. »Sind die Kinder hier wenigstens geimpft?«

      »Selbstverständlich. Trotzdem kann man eine Ansteckung nicht völlig ausschließen.«

      Angela nickte mehrmals. Es kam ihr vor, als sei dies alles ihre Schuld.

      In diesem Augenblick läutete das Telefon. Durch die geöffnete Tür des Büros konnte es Angela deutlich hören.

      Frau Rennert entschuldigte sich und ging, um den Hörer abzunehmen.

      »Es ist wunderschön hier, gnädige Frau«, flüsterte Henry, der auf Angelas Bitte mit ins Herrenhaus gekommen war. »Ich habe das schon festgestellt, als ich das erste Mal hier war. Das Heim ist in einem früheren Gutshaus untergebracht. Aber auch das Gut wird noch bewirtschaftet und sieht sehr gepflegt aus.« Henry stammte vom Lande und hatte einen sicheren Blick dafür, wie viele Wiesen und Felder versorgt und bestellt waren.

      »Ja, es gefällt mir, Henry.«

      In diesem Augenblick kam Frau Rennert schon zurück und berichtete, dass Denise von Schoenecker angerufen habe und Angela bitte, drüben in Schoeneich ihr Gast zu sein. Auch für den Fahrer sei eine Unterkunft vorbereitet.

      »Können wird das annehmen?«, meinte Angela Schlüter schüchtern.

      Frau Rennert lachte. »Sophienlust und Schoeneich sind gastfreie Häuser, Frau Schlüter. Es macht hier wie dort nicht viel aus, wenn Gäste übernachten. Im Gegenteil, wir freuen uns immer über Besuch – besonders unsere Kinder.«

      Dann beschrieb sie Henry den Weg nach Schoeneich. »Sie können die Straße nicht verfehlen«, meinte sie. »Es ist die schmale Apshaltstraße, die gleich da drüben abbiegt. Der Weg führt am See vorbei, und dann sehen Sie schon die Lichter von Schoeneich. Es ist nur ein Katzensprung.«

      Henry führte seine Herrin wieder hinaus. Die Kinder hatten sich diesmal scheu im Hintergrund gehalten und die Gäste nicht einmal aus der Entfernung betrachtet. Noch steckte allen der Schreck in den Gliedern, dass Bastian an einer so gefürchteten Krankheit litt und nicht einmal geimpft war.

      *

      Denise und Alexander von Schoenecker kamen dem Rolls-Royce sofort entgegen, als er sich dem Gutshaus von Schoeneich näherte. Hatte schon das schlossähnliche Herrenhaus von Sophienlust Angela Schlüter beeindruckt, so gefiel ihr Schoeneich mindestens genauso gut. Am besten aber gefiel ihr Denise von Schoenecker, die die unglückliche, um das Leben ihres Jungen bangende Mutter ganz fest in die Arme schloss.

      »Wir sind froh, dass Sie da sind, Frau Schlüter. Den ganzen Tag lang haben wir uns um Bastian gesorgt. Er hat mehrmals nach Ihnen gefragt im Krankenhaus. Das ist erstaunlich, denn solange er gesund war, hat er fast nie von Ihnen gesprochen.«

      Angela schlug die Augen nieder und seufzte. Alexander verbeugte sich vor ihr und zeigte dann erst einmal Henry, wo er den Rolls-Royce abstellen konnte.

      Als er ins Haus zurückkehrte, fand er Angela und Denise bereits in den tiefen Sesseln am Kamin. Nick und Henrik hatten höflich guten Abend gewünscht und sich dann zurückgezogen, als ihre Mutter ihnen einen stummen Wink gegeben hatte. Die Kinder waren gewohnt, dass sie sich gelegentlich, ohne viel zu fragen, entfernen mussten, denn ihre Mutter hatte hin und wieder ernste Probleme zu besprechen, die nicht für die Ohren anderer bestimmt waren.

      Nick war das manchmal nicht recht, denn er wollte immer alles genau wissen. Deshalb war er sogar hin und wieder ein bisschen neugierig. Doch in diesem Fall fügte er sich sofort. Polio, das war eine ernste Angelegenheit, und zunächst würde seine Mutter Frau Schlüter wohl alles erzählen müssen, was sich heute und in den Tagen zuvor ereignet hatte.

      »Ob sie ihr auch das von den Küken steckt?«, fragte Henrik. »Ich finde, sie braucht es nicht zu wissen. Bastian ist jetzt genug gestraft, wo er so krank ist. Mir tut’s schon leid, dass ich in den letzten Tagen kein Wort mit ihm geredet habe.«

      »Mutti erzählt ihr das gewiss nicht, Henrik«, tröstete Nick. »Denn Bastians Mutter hat doch jetzt bestimmt schreckliche Angst um den Kleinen. Kinderlähmung ist eine böse, böse Krankheit – und Bastian war nicht einmal geimpft.«

      »Wird er dann lahm – weil es doch Kinderlähmung heißt?« erkundigte sich Henrik.

      »Hoffentlich nicht, mein Kleiner. Wir wollen ihm beide die Daumen halten.«

      »Nein, wir wollen beten, dass er gesund wird, Nick«, gab Henrik leise zurück. »Der liebe Gott hilft ihm bestimmt. Und nachher soll er mein Freund werden.«

      »Recht hast du, Kleiner«, murmelte Nick. Obwohl er das mit dem Beten nicht gern zugeben mochte, nahm er sich doch ebenfalls vor, vor dem Einschlafen für Bastian zu beten.

      Inzwischen hatte Angela Schlüter Denise von Schoenecker bereits erzählt, wieso Bastian wegen der Halsstarrigkeit seines Vaters nicht geimpft worden war. Denise versicherte ihrerseits, was Frau Rennert schon betont hatte: Das Kreiskrankenhaus sei ausgezeichnet, und Bastian befinde sich dort in der bestmöglichen Obhut und Pflege. Gleich morgen früh konnte Frau Schlüter sich selbst davon überzeugen.

      Einen Imbiss lehnte Angela ab. Sie hat schon mittags nichts essen können, gestand sie. Die Angst mache es ihr unmöglich.

      »Ja, das gibt es«, bestätigte Denise. »Aber vielleicht trinken Sie mit meinem Mann und mir einen Schluck Rotwein vor dem Schlafengehen. Dann werden Sie wenigstens etwas Ruhe finden.«

      »Sie sind so freundlich zu mir. Dabei muss es Ihnen doch so vorkommen, als kümmerte ich mich gar nicht um meinen Jungen.«

      »Es war sicherlich nicht Ihre Schuld, Frau Schlüter.«

      »Mein Mann hat mich fortgeschickt, weil ich nicht mehr in das große neue Haus passte, wie er sagte. Danach hat er alles getan, um zu verhindern, dass ich Bastians jetzigen Aufenthaltsort erfuhr. Früher habe ich meinem Sohn jede Woche eine hübsche bunte Postkarte geschickt. Aber ich halte es für möglich, dass mein Mann ihm diese Karten gar nicht gegeben hat.«

      Denise nickte. »Ja, das fürchte ich auch. Denn Bastian hat einmal geäußert, dass er von Ihnen vergessen worden sei. Das ist ihm sicher von seinem Vater eingeredet worden.«

      Angela rannen Tränen über die Wangen. »Glauben


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