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Dr. Norden Bestseller Staffel 20 – Arztroman. Patricia VandenbergЧитать онлайн книгу.

Dr. Norden Bestseller Staffel 20 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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Das große Zittern kam und dann die Schweißausbrüche. Aber als Annelore eintrat, wurde sie verlegen, und jäh war die Erinnerung wieder da.

      »Ihr seid so freundlich mit mir«, murmelte sie. »Ich verschwind’ gleich.«

      »Nein, Sie bleiben jetzt, Frau Mösler«, sagte Annelore. »Ich bringe Ihnen das Frühstück.«

      »Das fehlt noch, dass ich bedient werde.«

      »Dr. Norden kommt nachher, und wir haben ihm versprochen, gut für Sie zu sorgen.«

      »Mir fehlt nichts. Ich bin nicht krank. Ich bin zäh. Hab’ ich wieder Unsinn geredet?«

      »Ich glaube nicht, dass es Unsinn war«, sagte Annelore ruhig. »Kienbaum ist in der Klinik, von ihm haben Sie nichts mehr zu fürchten.«

      Erna Möslers Augen wurden schmal. »Das sagen Sie. Sie kennen ihn nicht so gut wie ich.«

      »Ich mochte ihn nie«, sagte Annelore aus einer Eingebung heraus. »Wissen Sie, dass er beabsichtigte, mich zu heiraten?«

      Erna Mösler lachte schrill auf. »Er spinnt, ich hab’s immer gesagt. Der ist irre, Fräulein Annelore. Aber Sie sind ja nicht so eine blöde Urschel wie ich. Was ist mit Kienbaum?«

      »Er hat einen Schlaganfall. Er liegt in der Klinik, Frau Mösler.«

      »Der Schlag hat ihn getroffen«, kicherte sie. »Das hab’ ich ihm gewünscht. Der Herrgott sorgt schon dafür, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, und wenn er mich dafür in die Hölle schickt, ich wünsch dem Kienbaum, dass er elend verreckt.«

      Annelore fröstelte es. »Wäre es nicht gut, wenn Sie sagen würden, was Sie wissen, Frau Mösler. Auch um Seppis willen?«, fragte sie beklommen.

      Ein wachsamer Ausdruck kam in Erna Möslers Augen. »Ja, warum eigentlich nicht? Was hab’ ich denn noch zu verlieren. Ich werd’ mich jetzt anziehen. Bedienen lasse ich mich nicht, Fräulein Annelore. Ich weiß es sehr zu schätzen, wenn jemand so freundlich zu mir ist.«

      Annelore staunte, wie sie sich auszudrücken verstand, und als sie Erna nun genau betrachtete, entdeckte sie auch die Reste eines verblühten, ehemals hübschen Mädchens. Schöne Zähne hatte sie immer noch, und der volle Mund mochte ebenso wie die rehbraunen Augen verlockend gewirkt haben. Unwillkürlich dachte sie auch an die Titelschönheiten, die auf den Illustrierten prangten und die gewiss auch nicht immer mit Geistesgaben gesegnet waren.

      »Mir wäre es recht, wenn der Dr. Oswald dabei sein würde, wenn ich alles erzähle«, sagte Erna stockend.

      »Dr. Oswald? Der Anwalt?«, fragte Annelore erstaunt.

      »Ja, der. Er weiß manches besser, als ich es beurteilen kann. Und wenn ich auf ihn gehört hätte, wäre manches wohl anders gekommen.«

      »Sie können Dr. Oswald anrufen, Frau Mösler, aber erst sollten Sie frühstücken.«

      »Wenn Sie Dr. Oswald anrufen, wäre es mir lieber. Ich kann nicht reden, wenn ich die Leut’ nicht sehe, mit denen ich spreche.«

      *

      Eine Viertelstunde später saßen sie unten am Frühstückstisch. Annelore hatte Dr. Oswald angerufen, der so überrascht war, dass er ein paarmal fragte, ob Frau Mösler das wirklich wünsche. Dann hatte er erklärt, dass er um elf Uhr kommen könnte.

      »Er wird froh sei, wenn er das auch hinter sich hat«, sagte Erna Mösler. »Aber jetzt ist der Seppi ja eh gleich einundzwanzig.« Rätselhafte Worte, aber mehr sagte Erna nicht dazu.

      »Ist alles nicht einfach«, murmelte sie, während sie eine Tasse Kaffee nach der andern trank. Ein trockenes Brötchen hatte sie auch gegessen.

      Bobby betrachtete Erna Mösler nachdenklich, und jetzt ohne Vorurteile. Er hatte in den vergangenen erlebnisreichen Tagen auch dazugelernt.

      »Ja, der Seppi wird nun bald einundzwanzig«, sagte sie. »Hätt’ ich auch nicht gedacht, dass er das erlebt.« Sie blickte auf. »Er wird doch am Leben bleiben?«, fragte sie.

      »Es geht ihm ganz gut«, erwiderte Bobby stockend.

      »Wird er eingesperrt?«, fragte Erna.

      »Ich habe ihm gesagt, dass er in ein Sanatorium kommt.«

      Ernas Hände verkrampften sich. »In eine Anstalt«, murmelte sie. »Und Kienbaum ist schuld, an allem ist er schuld, aber ich auch. Dann sollen sie mich doch einsperren. Könnt’ ich nicht ein Glaserl Schnaps haben? Ich stehe es sonst nicht durch. Ist nun mal so, nichts mehr dran zu ändern.«

      »Sie machen sich ganz kaputt damit, Frau Mösler«, sagte Annelore.

      »Ist doch nicht schad um mich. Hab’ doch nichts mehr zu verlieren. Wenn man alles verkehrt gemacht hat, kriegt man schon seine Strafe, aber der Kienbaum bekommt sie auch.«

      Der Gedanke schien sie wieder zu beleben, und sie bekam dann ein Glas Sekt vorgesetzt, nachdem Annelore mit Dr. Norden telefoniert hatte.

      Und dann kam Dr. Oswald, ein alter grauhaariger Herr, dem man ansehen konnte, dass ihm alles andere als wohl zumute war.

      »Ich möchte jetzt alles geklärt haben«, sagte Erna Mösler, plötzlich ganz ruhig und gefasst. »Man weiß nie, ob man den nächsten Tag noch erlebt. Gestern hab’ ich gedacht, es ist aus, und den Triumph gönn ich dem Kienbaum nicht, dass er sich doch noch ins Fäustchen lachen kann, auch wenn ihm jetzt erst mal das Lachen vergangen sein mag. Unter Zeugen will ich es sagen, nicht dass man mir nachsagen könnt’, dass die Erna Mösler ihr Leben lang feige gewesen ist.«

      Wie sie reden kann, dachten Annelore und Bobby. Und da haben alle gedacht, dass sie nicht bis drei zählen könnte.

      Und nun sah sie den Anwalt an mit wachen Augen.

      »Sie helfen mir weiter, Herr Anwalt, wenn ich was vergessen haben sollte«, sagte sie.

      »Also, es fing alles damit an, dass ich mir eine Stellung suchen musste und zum Poldi kam, zum Ströbele, dem der ›Rote Ochs‹ gehörte. Sechzehn war ich da. In der Schul’ war ich ja net gut, aber schaffen konnt ich schon.« Sie bemühte sich dann, nicht mehr in ihren Dialekt zu verfallen, weil sie da hastig und undeutlich sprach, und Dr. Oswald sie bat, alles recht deutlich zu sagen.

      »Die Meta, die Frau vom Ströbele, war krank und konnte nicht mehr helfen, aber eine gute Frau war sie«, fuhr Erna fort. »Und als ich schon vier Jahre da war, da starb sie. Anständig hab’ ich verdient und wollt’ auch bleiben, und der Ströbele mochte mich halt auch. Wir haben uns gut verstanden, und er wollt’ dann auch ein bissel mehr. Warum auch nicht, dachte ich, er redet ja auch, dass er mich heiraten würde. Aber dann kam der Fritz Kienbaum, der Neffe von seiner Frau, ein junger Kerl, und er wollte in die Gastronomie. Ja, so hat er es gesagt. Da war ich schon schwanger, und der Poldi hat den schweren Unfall gehabt, und er hat gemeint, dass der Fritz ruhig bei ihm arbeiten könnte. Er hat das auch ganz gut gemacht, so jung wie er noch war, und bis ich gemerkt hab’, dass er aufs Geld aus ist, da war es schon zu spät. Da hat er mich schon eingewickelt gehabt, und der Poldi musste im Rollstuhl sitzen. Ich habe mit dem Kienbaum nichts gehabt, bis der Bub geboren war, das schwör ich, aber Poldi ging es immer schlechter, obgleich er so viel Freud an dem Kind hatte. An Heirat wollte er nicht mehr denken, aber er sagte, dass für den Buben gesorgt sein würde. Aber als er dann starb, da hat er die Gastwirtschaft doch dem Fritz hinterlassen gehabt.«

      »Aber der sollte Ihnen einen angemessenen Lebensunterhalt zahlen, Erna«, warf Dr. Oswald ein.

      »Es warf ja angeblich nichts mehr ab«, sagte Erna. »Zweihundert hat er mir gezahlt, aber ich war ihm ja schon verfallen. Ja, ich geb’ es zu, dass er mich rumgekriegt hat. Und er war so verdammt schlau, der Bursch. Den Bauernhof hat er mir auch abgehandelt. Mit so einer blöden Urschel, wie ich es war, konnte er das ja machen. Aber für den Seppi hat der Poldi doch vorgesorgt. Aber erst, wenn er einundzwanzig ist, soll er das Geld bekommen, so ist es doch richtig, Herr Anwalt?«

      »Ja, das stimmt«, erwiderte Dr. Oswald.

      »Ich weiß ja immer noch nicht, wie viel es sein wird«,


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