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Sophienlust - Die nächste Generation Staffel 1 – Familienroman. Karina KaiserЧитать онлайн книгу.

Sophienlust - Die nächste Generation Staffel 1 – Familienroman - Karina Kaiser


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war. Dieses Edelweiß, das nun dort oben am Himmel zu sehen war, musste deshalb ein Zeichen ihrer Mutter sein. Daran hatte Kira nicht den geringsten Zweifel. Ihre Mutter hatte das Edelweiß mit Sicherheit höchstpersönlich an den Himmel gesetzt, weil sie ihrer Tochter etwas mitteilen wollte. Und dabei konnte es sich nur um eine einzige Mitteilung handeln: Kira sollte wissen, dass ihre Mutter sie noch am selben Tag zu sich in den Himmel holen würde.

      Die Neunjährige stand auf und entfernte sich hastig.

      »Was ist denn los?«, erkundigte Vicky sich. »Warum bleibst du nicht hier?«

      »Mir ist gerade eingefallen, dass ich noch etwas zu erledigen habe«, gab Kira zurück. »Es ist wichtig, und ich muss das sofort machen.«

      Da Kira offensichtlich nicht darüber sprechen wollte, was sie zu erledigen hatte, gaben sich die Kinder mit dieser Auskunft zufrieden und führten ihr Spiel zu Ende, das Pünktchen zu gewinnen schien.

      Kira aber ging in ihr Zimmer und setzte sich vor den Vogelkäfig von Rosi und Robbi. Was sie für die beiden jetzt geplant hatte, tat ihr ziemlich weh. Sie liebte ihre Tiere und wollte sich eigentlich nicht von ihnen trennen. Aber jetzt gab es keine andere Möglichkeit mehr.

      »Wir müssen Abschied voneinander nehmen. Wo ich jetzt hingehe, kann ich euch leider nicht mitnehmen. Seid mir bitte nicht böse, weil ich euch verlassen muss. Ich bin nun bald nicht mehr da, aber ihr bekommt dafür eure Freiheit zurück, könnt fliegen, wohin ihr wollt, und alles tun, was euch gefällt. Das ist bestimmt auch schön für euch.«

      Kira öffnete das Fenster und auch die Käfigtür, damit Rosi und Robbi in die Freiheit fliegen konnten. Sie selbst nahm auf ihrem Bett Platz und beobachtete die Vögel. Die machten von ihrer Freiheit allerdings nicht sofort Gebrauch, sondern blieben verunsichert auf ihren Stangen sitzen.

      Die Kinder kehrten gerade aus dem Park zurück. Tatsächlich hatte Pünktchen das Spiel gewonnen. Unmittelbar vor dem Haus angekommen, war es Martin, der hörte, wie ein Fenster geöffnet wurde. Mechanisch blickte er nach oben. Was er sah, entsetzte ihn. Sofort begriff er die verhängnisvolle Situation.

      »Was macht Kira denn da für einen fürchterlichen Unsinn?«, rief er und startete auch schon durch. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, hetzte er die Freitreppe hinauf, dann weiter in den ersten Stock und stürmte zu Kiras Zimmer. Auf das Anklopfen verzichtete er und trat unaufgefordert ein.

      Ohne sich um das erstaunte Mädchen zu kümmern, näherte er sich langsam dem Vogelkäfig, vermied jede hektische Bewegung und schloss vorsichtig die Klappe. Als das gelungen war, atmete Martin erleichtert auf, blickte Kira aber sofort mit zornig funkelnden Augen an.

      »Sag mal, was fällt dir denn ein? Ich dachte, dass du deine Tiere magst. Wieso willst du sie dann jetzt plötzlich umbringen?«

      »Ich will Rosi und Robbi doch nicht umbringen«, verteidigte Kira sich empört. »Ich will ihnen die Freiheit schenken, und das ist doch keine schlechte Idee.«

      Martin konnte sich noch immer nicht beruhigen. »Das ist sogar die schlechteste aller Ideen, die ein Mensch haben kann. Rosi und Robbi sind Kanarienvögel. Sie stammen von den immer warmen kanarischen Inseln. Nur dort könnten sie in Freiheit überleben. Hier gibt es in der Natur gar nicht das richtige Futter für sie. Sie würden wahrscheinlich verhungern. Aber selbst wenn sie etwas fänden, mit dem sie sich eine Weile lang ernähren könnten, würde ihnen das nichts nützen. Die kühlen Temperaturen in Deutschland, insbesondere in den Nächten, würden deine Vögel ganz schnell töten. Sie würden jämmerlich erfrieren. Willst du den Tieren das wirklich antun?«

      »Nein, natürlich will ich nicht, dass Rosi und Robbi sterben müssen«, erklärte Kira entsetzt. »Aber ich dachte, dass es schön für sie wäre, dass sie in Freiheit leben können, wenn ich mich jetzt nicht mehr um sie kümmern kann. Deswegen habe ich die Tür von ihrem Käfig geöffnet. Aber sie wollten gar nicht wegfliegen. Ich dachte, dass sie sich alles erst einmal gut überlegen müssten und dann später doch noch aus dem Käfig in den Park fliegen würden.«

      »Das versteh ich nicht«, gab Martin offen zu. »Wieso kannst du dich auf einmal nicht mehr um deine Vögel kümmern? Das ist dir bisher doch auch immer gut gelungen. Was hat sich denn jetzt plötzlich geändert?«

      »Na ja, ich kann Rosi und Robbi doch nicht mitnehmen, wenn meine Mutti mich zu sich in den Himmel holt. Sie hat mir aber gezeigt, dass sie das noch heute tun will. Deshalb hat sie ja die große Wolke an den Himmel gesetzt, die aussah wie ein Edelweiß. Ihr habt sie doch auch alle gesehen, und für mich ist sie ein Zeichen dafür gewesen, dass ich noch heute zu meiner Mutti darf.«

      »Hä?« Das war die einzige Äußerung, zu der Martin im Moment fähig war. Dann schüttelte er verwirrt den Kopf. »Wie kommst du denn auf derart seltsame Gedanken? Edelweiß, Wolke, ab in den Himmel zu deiner Mutter? Ich verstehe gar nichts mehr.«

      »Das ist eigentlich ganz einfach«, erklärte Kira geduldig. »Meine Mutti hat mir versprochen, mir aus Österreich ein Edelweiß mitzubringen. Selbst darf sie keines pflücken, weil Edelweiße unter Schutz stehen. Aber man kann in Geschäften welche kaufen. Meine Mutti wollte ein besonders schönes für mich aussuchen. Aber dann ist sie mit dem Flugzeug abgestürzt, gestorben und in den Himmel gekommen. Weil sie mich hier auf der Erde sehen kann, weiß sie genau, dass ich unbedingt zu ihr in den Himmel möchte. Niemand wollte mir glauben, dass meine Mutti das schaffen kann. Aber heute hat sie mir mit der Wolke gezeigt, dass sie mich zu sich holen wird. Ich bin sicher, dass das noch heute passieren wird. Natürlich ist es schade, dass ich euch alle dann nicht mehr habe, aber bei meiner Mutti sein zu können, ist mir noch viel wichtiger. Nur für meine Vögel musste ich eine Lösung finden. Was mache ich denn jetzt, wenn meine Idee mit der Freiheit nicht funktionieren kann?«

      »Für deine Vögel würde ich natürlich sorgen«, erwiderte Martin großzügig. »Du weißt doch, dass ich kein Tier im Stich lasse. Das würde hier in Sophienlust auch sonst keiner tun. Aber du hast wirklich irrsinnige Gedanken im Kopf. Es tut mir leid, dass ich dir das sagen muss, aber es ist so. Deine Mutter kann dich nicht in den Himmel holen. Wie sollte das denn vor sich gehen, dass du einfach hier verschwindest und im Himmel landest? Kannst du mir das erklären?«

      »Nein, ich weiß auch nicht, wie das funktionieren soll«, gab Kira zu. »Aber es wird heute noch passieren. Das werdet ihr alle erleben. Meine Mutti weiß, wie sie das machen muss. Sonst hätte sie mir die Wolke nicht geschickt. Wirst du meine Vögel wirklich immer gut versorgen, wenn ich nicht mehr da bin?«

      »Um deine Vögel brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Die wären bei mir in den besten Händen. Ich glaube allerdings, dass du ein bisschen spinnst. Du wirst nicht einfach in den Himmel verschwinden, sondern auch morgen noch hier bei uns sein, da bin ich mir ganz sicher.«

      Martin war nicht weit davon entfernt, ernsthaft an dem Verstand des Mädchens zu zweifeln. Aber vielleicht würde Kira von ganz allein wieder normal werden, wenn sie am nächsten Tag einsehen musste, dass die Wolke, die sie für ein sicheres Zeichen gehalten hatte, nur ein Zufall gewesen war. Trotzdem war ihm Kiras Schilderung ein bisschen unheimlich. Sobald er das Zimmer verlassen hatte, informierte er die anderen Kinder: In den nächsten Stunden sollte Kira nicht aus den Augen gelassen werden!

      *

      Seit fünf Tagen wohnte Claudia-Liane nun schon in Daniels Haus. Ihr Gästezimmer verfügte sogar über ein eigenes kleines Bad und einen Balkon. Eigentlich hätte sie sich in diesem komfortablen Zimmer wohlfühlen können. Aber sie sagte sich, dass dieses Leben kein Dauerzustand sein konnte. Egal wie sie es anstellen sollte, sie musste sich an ihre Vergangenheit und auch an ihren richtigen Namen erinnern. Immer wenn sie allein war, zermarterte sie sich das Hirn. Aber es wollten einfach keine Bilder aus ihrem früheren Leben auftauchen. Hin und wieder tauchte das Gesicht eines Kindes vor ihrem geistigen Auge auf. Es handelte sich stets um dasselbe Kind, ein hübsches kleines Mädchen von vielleicht neun oder zehn Jahren. Aber um wen es sich handeln konnte, wusste Liane nicht zu sagen, obwohl sie das unbestimmte Gefühl hatte, dieses Mädchen schon lange Zeit zu kennen.

      »Am Wochenende findet hier in der Nähe eine große Veranstaltung statt«, teilte Daniel seinem Gast mit. »Jedes Jahr veranstaltet ein Verein begeisterter Sportflieger ein Grillfest


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