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Buddenbrooks. Thomas MannЧитать онлайн книгу.

Buddenbrooks - Thomas Mann


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nacht ist er heimgegangen!« sagte der Konsul bewegt und ergriff die Hand des Bruders, die einen Regenschirm hielt. »Er, der beste Vater!«

      Gotthold senkte die Brauen so tief, daß seine Lider sich schlossen. Nach einem Schweigen sagte er nachdrücklich:

      »Es ist nichts geändert worden, bis zum Schlusse, Johann?«

      Und sofort ließ der Konsul seine Hand fahren, ja, er trat sogar eine Stufe zurück, und während seine runden, tiefliegenden Augen klar wurden, sagte er:

      »Nichts.«

      Gottholds Brauen wanderten wieder unter die Hutkrempe hinauf, und seine Augen richteten sich mit Anstrengung auf den Bruder.

      »Und was habe ich von deiner Gerechtigkeit zu gewärtigen?« sagte er mit gesenkter Stimme.

      Der Konsul seinerseits senkte nun den Blick; dann aber, ohne ihn wieder zu erheben, machte er jene entschiedene Handbewegung von oben nach unten und antwortete leise und fest:

      »Ich habe dir in diesem schweren und ernsten Augenblick meine Hand als Bruder gereicht; was aber geschäftliche Dinge betrifft, so kann ich dir immer nur als Chef der ehrwürdigen Firma gegenüberstehen, deren alleiniger Inhaber ich heute geworden bin. Du kannst nichts von mir gewärtigen, was den Verpflichtungen widerspricht, die mir diese Eigenschaft auferlegt; meine sonstigen Gefühle müssen schweigen.«

      Gotthold ging … Zum Begräbnis jedoch, als die Menge der Verwandten, Bekannten, Geschäftsfreunde, der Deputationen, Kornträger, Kontoristen und Speicherarbeiter Zimmer, Treppen und Korridore füllte und die sämtlichen Mietkutschen der Stadt die ganze Mengstraße hinunterstanden, – zum Begräbnis kam er zur aufrichtigen Freude des Konsuls aufs neue; ja, er brachte sogar seine Gattin, die geborene Stüwing, und seine drei schon erwachsenen Töchter mit: Friederike und Henriette, die beide sehr lang und hager waren, und Pfiffi, die achtzehnjährige Jüngste, die allzu klein und beleibt erschien.

      Und als dann am Grabe, am Buddenbrookschen Erbbegräbnis dort draußen vorm Burgtore, am Rande des Friedhofgehölzes, Pastor Kölling von Sankt Marien, ein robuster Mann mit dickem Kopf und derber Redeweise, das maßvolle, gottgefällige Leben des Verstorbenen gepriesen hatte, im Gegensatze zu dem der »Wollüstigen, Fresser und Säufer« – dies war sein Ausdruck, obgleich manche Leute, die sich der Diskretion des jüngst verstorbenen alten Wunderlich erinnerten, die Köpfe schüttelten, – als die Feierlichkeiten und Formalitäten beendet waren und die 70 oder 80 Mietkutschen in die Stadt zurückzurollen begannen … da erbot sich Gotthold Buddenbrook, den Konsul zu begleiten, weil er ihn unter vier Augen zu sprechen wünsche. Und siehe da: hier, neben dem Stiefbruder auf dem Rücksitz der hohen, weiten, plumpen Kutsche, eins seiner kurzen Beine über das andere gelegt, zeigte er sich versöhnlich und sanft. Er erkenne, sagte er, mehr und mehr, daß der Konsul handeln müsse, wie er es tue, und das Andenken des Vaters solle für ihn kein böses sein. Er verzichte auf seine Ansprüche, und zwar um so lieber, als er gesonnen sei, sich von allen Geschäften zurückzuziehen und sich mit seinem Erbe und dem, was ihm sonst erübrige, zur Ruhe zu setzen, denn das Leinengeschäft mache ihm wenig Freude und gehe so mäßig, daß er sich nicht entschließen werde, noch mehr hineinzustecken … »Der Trotz gegen den Vater hat ihm keinen Segen gebracht!« dachte der Konsul mit einem inneren frommen Aufblick; und Gotthold dachte wahrscheinlich dasselbe.

      In der Mengstraße aber begleitete er den Bruder ins Frühstückszimmer hinauf, woselbst die beiden Herren, nach dem langen Stehen in der Frühlingsluft in ihren Fräcken fröstelnd, einen alten Kognak miteinander tranken. Und als dann Gotthold ein paar höfliche und ernste Worte mit seiner Schwägerin gewechselt und den Kindern die Köpfe gestreichelt hatte, ging er davon, um am nächsten »Kindertag« bei Krögers draußen im Gartenhause zu erscheinen … Er begann schon zu liquidieren.

       Inhaltsverzeichnis

      Eines schmerzte den Konsul: daß nämlich der Vater nicht mehr den Eintritt seines ältesten Enkels ins Geschäft hatte erleben dürfen, der schon um Ostern desselben Jahres erfolgte.

      Thomas war sechzehnjährig, als er die Schule verließ. Er war stark gewachsen in letzter Zeit und trug seit seiner Konfirmation, bei der Pastor Kölling ihm mit starken Ausdrücken Mäßigkeit! empfohlen hatte, ganz herrenmäßige Kleidung, die ihn noch größer erscheinen ließ. Um seinen Hals hing die lange goldene Uhrkette, die der Großvater ihm zugesprochen hatte, und an der ein Medaillon mit dem Wappen der Familie hing, diesem melancholischen Wappenschilde, das eine unregelmäßig schraffierte Fläche, ein flaches Moorland mit einer einsamen und nackten Weide am Ufer zeigte. Der noch ältere Siegelring mit grünem Stein, den wahrscheinlich schon der sehr gut situierte Gewandschneider in Rostock getragen hatte, war nebst der großen Bibel auf den Konsul übergegangen.

      Die Ähnlichkeit mit dem Großvater hatte sich bei Thomas so stark entwickelt wie bei Christian diejenige mit dem Vater; besonders sein rundes und festes Kinn und die feingeschnittene, gerade Nase waren die des Alten. Sein seitwärts gescheiteltes Haar, das in zwei Einbuchtungen von den schmalen und auffällig geäderten Schläfen zurücktrat, war dunkelblond, und im Gegensatz dazu erschienen die langen Wimpern und die Brauen, von denen er gern die eine ein wenig emporzog, ungewöhnlich hell und farblos. Seine Bewegungen, seine Sprache, sowie sein Lachen, das seine ziemlich mangelhaften Zähne sehen ließ, war ruhig und verständig. Er blickte seinem Beruf mit Ernst und Eifer entgegen …

      Es war ein äußerst feierlicher Tag, als der Konsul ihn nach dem ersten Frühstück mit sich in die Kontore hinunternahm, um ihn Herrn Marcus, dem Prokuristen, Herrn Havermann, dem Kassierer, sowie dem übrigen Personale zu präsentieren, mit dem er eigentlich längst gut Freund war; als er zum ersten Male auf seinem Drehsessel am Pulte saß, emsig mit Stempeln, Ordnen, Kopieren beschäftigt, und als der Vater ihn nachmittags auch an die Trave hinunter in die Speicher »Linde«, »Eiche«, »Löwe« und »Walfisch« führte, wo Thomas eigentlich ebenfalls längst zu Hause war, wo er aber nun als Mitarbeiter vorgestellt wurde …

      Er war mit Hingebung bei der Sache und ahmte den stillen und zähen Fleiß des Vaters nach, der mit zusammengebissenen Zähnen arbeitete und manches Gebet um Beistand in sein Tagebuch schrieb; denn es galt, die bedeutenden Mittel wieder einzubringen, die beim Tode des Alten der »Firma«, diesem vergötterten Begriff, verlorengegangen waren … Eines Abends, sehr spät, im Landschaftszimmer, ließ er sich gegen die Konsulin ziemlich eingehend über die Verhältnisse aus.

      Es war halb zwölf Uhr, und die Kinder sowie Mamsell Jungmann schliefen draußen in den Zimmern am Korridor, denn der zweite Stock stand nun leer und wurde nur dann und wann für Fremde gebraucht. Die Konsulin saß auf dem gelben Sofa neben ihrem Gatten, der, eine Zigarre im Munde, die Kursnotizen der städtischen Anzeigen überblickte. Sie beugte sich über eine Seidenstickerei und bewegte leichthin die Lippen, während sie mit der Nadel eine Reihe von Stichen zählte. Neben ihr, auf dem zierlichen Nähtisch mit Goldornamenten, brannten die sechs Kerzen eines Armleuchters; der Kronleuchter hing unbenutzt.

      Johann Buddenbrook, der sich allgemach der Mitte der Vierziger näherte, hatte in den letzten Jahren ersichtlich gealtert. Seine kleinen, runden Augen schienen noch tiefer zu liegen, die große, gebogene Nase sprang, wie die Wangenknochen, noch schärfer hervor, und ein Puderquast schien an den Schläfen ein paarmal ganz leicht sein aschblondes, sorgfältig gescheiteltes Haar berührt zu haben. Die Konsulin ihrerseits stand am Ende der Dreißiger, aber sie konservierte ihre nicht schöne und dennoch glänzende Erscheinung aufs beste, und ihr mattweißer Teint mit den vereinzelten Sommersprossen hatte an Zartheit nichts eingebüßt. Ihr rötliches, kunstvoll frisiertes Haar war vom Schein der Kerzen durchleuchtet. Während sie die ganz hellblauen Augen ein wenig beiseite gleiten ließ, sagte sie:

      »Eines wollte ich dir zur Überlegung empfehlen, mein lieber Jean: ob es nämlich nicht ratsam wäre, einen Bedienten zu engagieren … Ich bin zu dieser Überzeugung gekommen. Wenn ich an meine Eltern denke …«

      Der Konsul ließ die Zeitung auf die Knie sinken, und während


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