Perry Rhodan - Die Chronik Band 1. Michael NagulaЧитать онлайн книгу.
Jahre 2495 die vereinigten Sternkolonien den Krieg gegen den Mutterplaneten Terra begannen. Es war ein einsamer und fast aussichtsloser Kampf, den dieses Team begann – ein Kampf gegen Menschen und Dinge – gegen Zeit und Wissen einer fernen Epoche.«
Bingenheimer, der diesen Text verfasst hatte, überschlug sich darin fast vor Begeisterung. »Welche Macht besitzt der extraterrestische Telepath des Planeten BOSTIK und auf wessen Seite steht er? Wer ist der eigentliche Feind am Rande der Milchstraße – sind es die Raumflotten der Rebellen oder die Söldner der Sternenreiche? Der Friede eines Universums steht auf dem Spiel und Wade Quentin hat nichts als den Willen, ihn zu erhalten. SHAW, der Robot, ist mehr als eine Kampfmaschine – er ist humanoid und … das müssen Sie selbst lesen – es ist einmalig erzählt! Gehen Sie mit Quentin und SHAW diesen Weg ins phantastische Abenteuer. Versuchen Sie die Lektüre vor dem Schluß einzustellen – es wird Ihnen unmöglich sein! Sternenkämpfer – eine großartige Space Opera über Raum und Zeit!«
Die Begeisterung seines ersten Mäzens, die zur Veröffentlichung des Erstlings geführt hatte, wird Willi Voltz bei jenem schicksalhaften Treffen in Friedrichsdorf sicher durch den Kopf gegangen sein – und auch, dass der Roman bei den Lesern keineswegs gut angekommen war. Im Gegenteil! Bei der regelmäßigen Umfrage des Science Fiction Club Deutschland war er sogar zum schlechtesten Roman des Jahres 1958 »gekürt« worden.
Bestimmt wird ihm auch bekannt gewesen sein, dass es das Wieba-Label nur drei Jahre lang gegeben hatte. Nur vierzehn Bücher waren bis 1959 herausgekommen – neben seinem Erstling »Sternenkämpfer« noch drei weitere Erstlinge deutscher SF-Autoren, die witzigerweise sämtlich den Vornamen Jürgen trugen, allen voran der damals achtzehnjährige Jürgen Grasmück, der als Jay Grams veröffentlichte. Andere erstveröffentlichende »Jürgen« waren der damals ebenfalls achtzehnjährige Jürgen vom Scheidt mit »Männer in Raum und Zeit« gewesen und Jürgen Duensing, damals schon satte neunzehn, mit »Die Flucht aus dem All«. Er schrieb seine wenigen SF-Werke unter dem Namen J. C. Dwynn, und nur bis 1966. Die drei »Jürgen« hatten gemeinsam neun Titel des Wieba-Labels bestritten!
Aber noch konnte Willi Voltz aus Offenbach nicht ahnen, als Scheer dieses Gespräch mit ihm führte, dass Jürgen Grasmück aus dem Nachbarort Hanau später als J. A. Garrett für die Konkurrenzserie REX CORDA tätig sein und als Dan Shocker in Deutschland das Genre des Grusel-Krimis erfinden sollte. Oder dass Jürgen Duensing aus dem nahen Aschaffenburg schließlich in allen möglichen Genres vom Western bis zum Fürstenroman an die tausend Heftromane verfassen sollte, während er nebenbei noch ein Antiquariat führte.
Und doch war es ein schicksalhaftes Treffen in Friedrichsdorf, denn K. H. Scheer schlug dem jungen Mann namens Willi Voltz die Mitarbeit an PERRY RHODAN vor, einer neuen SF-Serie, für die dringend Autoren gesucht wurde, und als dieser das Heinrich Bingenheimer mitteilte, reagierte der Literaturagent hocherfreut, zerriss vor den Augen des jungen Mannes den Vertrag und wünschte ihm alles Gute auf seinem neuen Lebensweg.
In ihren persönlichen Erinnerungen schreibt Inge Mahn, die Witwe des angehenden neuen Starautors, mehr als vierzig Jahre später: »Willi machte sich an die Arbeit. Er las alle bisher erschienenen PERRY RHODAN-Romane und die Exposés, um dann den Roman zu schreiben, der später als Nr. 74 erscheinen sollte. Bis dahin war es jedoch noch ein weiter Weg. Die erste Fassung brachte Willi zu K. H. Scheer, der nach Überprüfung des Manuskripts einige Änderungen und Korrekturen vornahm. Willi schrieb alles noch einmal. Daraufhin wurde das Manuskript an Günter M. Schelwokat gesandt. Dass ein junger Neu-Autor nicht ungeschoren an der Kritik des großen SF-Meisters vorbeikam, war jedem klar. Willi hörte sich die Kritik an, akzeptierte die Änderungsvorschläge, die nicht unbedingt freundlich vorgebracht wurden, und machte sich erneut an die Arbeit.«
Inge Mahn weiß auch zu berichten, dass das Thema dieses Romans erst bei dem Treffen in Friedrichsdorf besprochen wurde. Die Handlung blieb bewusst in sich abgeschlossen. Falls der Roman nicht den Anforderungen entsprechen und der Verlag das Manuskript ablehnen sollte, durfte sich das nicht nachteilig auf die ganze Serie auswirken.
Und das war durchaus ein kluger Schachzug, denn als Cheflektor Kurt Bernhardt erfuhr, dass der Autor von »Sternenkämpfer und Raumpiraten« einen Proberoman verfasste, reagierte er zunächst mit einem heftigen: »Was? Dieser Schmierfink?!« Doch die einfühlsame Schilderung der handelnden Figuren und die Dichte des Geschehens überzeugten auch den erfahrenen Lektor. Am 16. Oktober 1962 unterschrieb er den Vertrag für »Der falsche Mann«. Der junge Autor war vor Freude fassungslos, und Scheer nannte den frischgebackenen Kollegen noch dreißig Jahre später »meinen Schüler Willi Voltz«.
Das Exposé zum betreffenden Roman wurde erst nachträglich geschrieben. Scheer versah das fertige Manuskript, als die Durchschläge allen Mitarbeitern zugeschickt wurden, mit dem Hinweis: »Bei dem vorliegenden Roman handelt es sich um jenen Rhodan-Band, der von Willi Voltz anhand eines Separatexposés probehalber geschrieben wurde. Der Roman ist qualitativ gut, weshalb er auch vom Verlag angenommen wurde.« Aber das so genannte Separatexposé gab es überhaupt nicht. Der junge Voltz hatte den Roman anhand der Notizen geschrieben, die er während der Besprechungen in Friedrichsdorf gemacht hatte.
Der Roman erschien am 2. März 1963 als PERRY RHODAN-Band 74, »Das Grauen« – und seitdem gehörte William Voltz fest zum Autorenteam.
Kurzbiografie: William Voltz
Wilhelm Karl Voltz, genannt WiVo, wurde am 28. Januar 1938 in Offenbach bei Frankfurt am Main geboren. Die Mutter war Erzieherin und Kindergärtnerin, der Vater wirkte bei der Firma ATE unter anderem an der Entwicklung von Bremsanlagen mit und arbeitete als Dachdecker. Nach der Volksschule wechselte Voltz auf das Leibniz-Gymnasium in Offenbach, bevor die Familie vor dem Bombenhagel nach Hainhausen flüchtete. Dem Willen der Mutter zufolge, die 1952 an Brustkrebs starb, sollte er eigentlich Theologie studieren, begann aber zwei Jahre nach ihrem Tod, als der Vater erneut geheiratet hatte, eine Lehre als Stahlbauschlosser. Aus Widerwillen arbeitete er lieber als Vorzeichner und Kranführer. Für den Wehrdienst wurde er zwar wegen Farbenblindheit und eines falsch zusammengewachsenen Fußes für untauglich befunden, aber weil er den Dienst an der Waffe als überzeugter Pazifist aus ethischen Gründen ablehnte, beharrte er auf einer Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer. Er gewann das erforderliche Verfahren und leistete Ersatzdienst als Sanitäter.
Bereits als Schüler war Voltz begeisterter Leser der von Darlton herausgegebenen UTOPIA-Heftreihen und wurde 1956 – ein Jahr nach der Gründung – eines der ersten Mitglieder des SFCD. Als im folgenden Jahr mit »Lockende Zukunft«, herausgegeben von Heinz Bingenheimer, die erste deutsche SF-Anthologie erschien, waren neun der 35 Beiträge von ihm. Im Sommer 1958 gründete er – mit K. H. Scheer als Präsident – die »Stellaris« Science Fiction Interessengemeinschaft, für die er die Chefredaktion des Fanzines STELLARIS übernahm. Sein erster Roman, im Herbst desselben Jahres als Leihbuch erschienen und 1959 als UTOPIA-Heft 200 nachgedruckt, wurde vom SFCD zwar zum schlechtesten Roman des Jahres gewählt, doch kurz darauf errang Voltz den ersten Preis des Kurzgeschichtenwettbewerbs der SSFI, und 1961 ehrte der SFCD ihn für seine Erzählungen als besten Autor des deutschsprachigen Fandoms.
Nach seinem Einstieg bei PERRY RHODAN mit Band 74, »Das Grauen«, etablierte er sich schnell als Stammautor, und ab 1969 war er auch an der Schwesterserie ATLAN beteiligt. Zunächst schrieb er parallel an beiden mit, später zeichnete er bei ATLAN »nur« noch für die Exposés verantwortlich. 1973 startete DRAGON, die erste deutsche Fantasy-Serie, mit einer Trilogie von ihm, und 1980 brachte er als Exposé-Redakteur den Nachfolger MYTHOR auf den Weg. Im September 1978 war der erste PERRY RHODAN SILBERBAND erschienen, für den er neunzehn Bände lang die Originalhefte bearbeitete – auch indem er sie von den gelegentlichen Tendenzen der Sechzigerjahre befreite. Damals erkrankte Voltz an einem Gewächs, das seine Bauch-Aorta umschloss, hielt dies aber geheim. Er konzipierte die Serie, deren Exposés er als offizieller Nachfolger von K. H. Scheer seit Band 648 schrieb, bis weit in die 1200er Bände hinein und baute Thomas Ziegler als Nachfolger auf, der gemeinsam mit Vlcek sein Erbe antrat. Sein letzter PERRY RHODAN-Roman war Heft 1165, »Einsteins Tränen«.
Voltz hat neben Scheer und Darlton die PERRY RHODAN-Serie als Person sicher am nachhaltigsten geprägt. Sein Tod am 24. März 1984 hätte fast das Ende der Serie bedeutet, und unermesslich war die menschliche Lücke, die er hinterließ.
Perry