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Blutige Straßen. Kerrie DrobanЧитать онлайн книгу.

Blutige Straßen - Kerrie Droban


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wie Süßigkeiten an. Für sie stellte es einen netten Nebeneffekt der Mitgliedschaft dar. Die Agenten benötigten dringend einen gemeinsamen Plan, eine ausgearbeitete und gut eingespielte List, der auch das über 30 Zentimeter lange Metzgermesser nichts anhaben konnte, das an Johnstons Seite baumelte.

      Es war schon fast Mitternacht, als Bird und die anderen bei der Spirits Lounge eintrafen. Eigentlich hätte er todmüde sein müssen, doch die Aufregung brachte das Blut in den Adern zum Pulsieren. Im Laden dröhnten Heavy-Metal-Songs. Bird hatte das Gefühl, dass der Druck seinen Brustkorb einquetschte. Members des Lost Dutchman Motorcycle Club drückten sich in den Ecken herum. Hells Angels eskortierten Bird und seinen Haufen zu einem abgetrennten Privatbereich der Bar. Draußen bewachten Timmy und Pops die Bikes wie scharfe Hunde, dabei Ghosts ständige Drogenangebote ablehnend. Ghost langweilte es schon nach kurzer Zeit, die Anwärter zu verarschen, und er kehrte an Mesa Bobs Tisch zurück, wo er mit viel Aufhebens die kugelsichere Weste ablegte. „Man erwartet von uns, die Dinger in der Öffentlichkeit zu tragen, doch ich bin das einzige Member, das sich an das Club-Protokoll hält“, murrte er und überreichte Timmy die Weste, der sie zu einem Prospect der Angels auf dem Parkplatz brachte.

      Zwischenzeitlich hatte sich eine Drogenschlampe dem Tisch genähert. Strähnen blonden Haares fielen ihr ins Gesicht. An den Mundwinkeln bildeten sich Blasen – zu viel Stoff! Die Augen schienen in den Höhlen zu verschwinden. Die Gesichtshaut war unnatürlich gespannt. Auf dem ausgewaschenen T-Shirt stand ein schreiendes „The Bitch is Back“. Die geisterhafte Erscheinung einer Frau setzte sich auf Birds Schoß, legte ihre dürren und ausgemergelten Arme um seinen Hals und knabberte an seinem Ohr. Niemand schien davon Notiz zu nehmen. Für Biker waren Frauen ein Stück billigen Schmucks –Besitz, Objekte, die man benutzte, misshandelte, für einige Cents versteigerte und teilte. Wenn Bird den plumpen Annäherungsversuch ausschlug, würden überall die Alarmglocken läuten – wer lehnte schon einen lockeren und schnellen Fick ab?

      Ghost musterte Bird kritisch und versuchte ihn einzuschätzen – würde er oder würde er nicht? Nach einigen brenzligen Sekunden rotzte er der Schlampe ins Gesicht und fuhr sie an: „Verpiss dich!“ Die Biker hatten hier wichtige Dinge zu besprechen, nämlich den sich aufheizenden Konflikt zwischen den Hells Angels und den Mongols in Mexiko. Das erforderte ihre ganze Aufmerksamkeit. Ohne mit der Wimper zu zucken, leckte sie an Birds Ohr und flüsterte ein heiseres „Später“.

      „Ich brauche eine Frau“, drängte Bird während einer Besprechung im Hautquartier der Operation, von den Bikern „Pumpkin Patch“ oder auch „Black Biscuit Kangaroo Court“ genannt.

      „Brauchen wir doch alle, oder?“, kommentierte Beef lakonisch, während er den Käfig der Eidechse reinigte.

      „Früher oder später werden die sich die Frage stellen, warum meine Alte nicht mitkommt“, gab Bird zu bedenken, doch Beef deutete mit dem Mittelfinger auf ein Schild, das oben an einer Wand im Lagerhaus angebracht war: Beefs Goldene Regeln: Keine Weibergeschichten! Kein Gejammer! Übersetzt: Er arbeitete an einer Lösung des Problems. Ärgerlicherweise boten sich da nicht so viele Kandidaten. Die einzigen verfügbaren Frauen waren entweder zu alt, zu kräftig gebaut oder zu nervös, um als Biker-Schlampen durchzugehen. Der Einsatz dieser Frauen hätte Bird den sicheren Tod gebracht. Allerdings konnte er die sich ihm anbietenden Weiber nur so lange abwimmeln, bis sich das erste Misstrauen der Angels regte.

      Um 1 Uhr kehrten Bird und das Team ins Mesa-Clubhaus zurück, um sich weiter zu unterhalten und noch mehr Bier zu kippen. Die Anspannung verdrängte jeden Hauch von Müdigkeit. Bird hörte nur noch einen undurchdringlichen Klangwirrwarr – schallendes Gelächter, Halbsätze und das Geräusch nasser Körper, die sich auf den grünen Plastikstühlen neben ihm ableckten. Der Tagesanbruch würde ihn erlösen, ihm ermöglichen, unauffällig den Bock zu besteigen und seinen mitleiderregenden Arsch zum Pumpkin Patch zur nächtlichen Besprechung zu fahren. Es war nur ein kleiner Trost, dass seine Ankunft für das Überwachungsteam eine kurze Auszeit signalisierte, für die Männer, die sich aufgeputscht die Nächte mit Glücksspielen und Pornos auf dem Laptop um die Ohren schlugen. Der trostlose Highway erstreckte sich vor ihm, verführte Bird dazu, das Bike in Richtung seines Hauses zu steuern. Nur einen kurzen Moment, einfach mal schauen, ob es seiner Frau gutging. Doch er hatte keine Familie – zumindest nicht heute Nacht.

      Erinnerung war eine schmerzhafte Krankheit!

      In dieser Nacht wollte er der sich schlängelnde Straße zum Lagerhaus folgen und dabei jegliche Spuren vermeiden. In dem verbarrikadierten Haus im Süden von Phoenix würde er sich auf eine verdreckte Matratze legen, neben den anderen Solos, viel zu aufgekratzt, um ein Auge zuzumachen.

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      Juli 2002

      Das „Hauptquartier“ der Operation Black Biscuit war ein eher unauffälliges Lagerhaus, eine drückend heiße Blechbüchse ohne Fenster, aber mit einem Bürobereich und einer Garage. Es lag am verdreckten Ende einer Straße im Süden von Tempe. Beef hatte Hürde nach Hürde bürokratischen Wahnsinns überspringen müssen, um eine überzeugende Geschäftsfassade aufzubauen. Man konnte hier problemlos und innerhalb kürzester Zeit die Fahrzeuge für die Einsätze und das Überwachungsgerät unterbringen. Bedachte man Beefs finanzielle Beschränkungen, war es kein leichtes Spiel gewesen, einen geeigneten Ort für die Operationsbasis zu finden – sein Team war viel zu groß und die Sicherheitsvorkehrungen zu wichtig, um sich im offiziellen Büro der Phoenix Field Division zu treffen. Beef hatte auf einen Ort für problemlose Treffen und die Koordination der Undercover- sowie Überwachungseinsätze bestanden. Noch wichtiger waren Schutzvorkehrungen, um die Integrität der Agenten zu schützen und zu gewährleisten.

      Beef holte sich die Zustimmung von Joe Gordon ein, des Assistenten der verantwortlichen Special Agents, um dem Ganzen einen kommerziellen Anstrich zu geben, die Einrichtung zu bezahlen und mehrere Telefonleitungen zu legen. Darüber hinaus mussten wasserdichte Undercover-Identitäten garantiert werden. Doch mit dem Aufbau einer Operationszentrale war erst ein Teil der Schlacht gewonnen. Beef musste sich ständig Gordons vorhersehbare Drohungen anhören: „Ich kann die Operation jederzeit abblasen.“ Aber der Typ brauchte sich eigentlich gar keine Mühe zu geben, den Einsatz zu gefährden. Er hatte bereits die gesamte Operation in Gefahr gebracht, weil er unangemeldet zu einer „Notfallbesprechung“ im Lagerhaus aufgetaucht war – in seinem ATF-Polo-Shirt und mit einem vom Ei eines Frühstück-Hamburgers verschmierten Kinn.

      Gordons grundlegende Ignoranz stellte ein Beispiel dar für den großen Unterschied zwischen Anzugträgern und Agenten, die an vorderster Front kämpften. Für Letztere stand nämlich das nackte Überleben an erster Stelle – und keine intellektuellen Gedankenspiele.

      Doch Beef tat sein Möglichstes, um das Theater weiterzuspielen. Er ließ Visitenkarten mit der großen goldenen Aufschrift „Black Biscuit Enterprises“ drucken. Der Name stammte vom Eishockey, einem recht blutigen Sport. Beef plante die Infiltration der Hells Angels durch seine Agenten mit der Geschwindigkeit und Präzision eines gut gezielten Hockey-Pucks – einem „Black Biscuit“. Er stellte den Männern Kreditkarten mit falschen Identitäten aus, kümmerte sich um Bankkonten mit erfundenen Umsätzen und imaginäre Versicherungen.

      „Wir machen das, damit Kriminelle aus korrekten Beobachtungen falsche Rückschlüsse ziehen“, erklärte er der Crew wiederholt. Und fügte hinzu: „Neben dem äußeren Erscheinungsbild ist eure innere Einstellung wichtig.“ Alle sahen wie Outlaw-Biker aus, besonders nachdem sie die Kutten mit Dreck, Schmiere und Bier „getauft“ hatten. Auf dem Leder zeigten sich auch Messerspuren. Darüber hinaus ließen sie den Truck und den Trailer über die Kutten fahren, um den Dingern einen authentischen „Noch nie gewaschen“-Look zu verpassen. Kaum vorhandene Hygiene, kahlrasierte Schädel, verfilzte Bärte und tätowierte Arme vervollständigten das Bad-Boy-Image.

      Worauf ihre Frauen mit unverhohlenem Protest reagierten!

      „Ich möchte eines Tages mal im vorderen Teil eines Restaurants einen Platz


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