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Unbestreitbare Wahrheit. Mike TysonЧитать онлайн книгу.

Unbestreitbare Wahrheit - Mike  Tyson


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bin nicht jeder“, grinste ich.

      Der Saal war proppenvoll. Es waren mindestens 3.000 Menschen anwesend. Wir stiegen in den Ring, und das ganze Drama dauerte neun Minuten – es war das totale Chaos. Noch heute redet man über diesen Kampf. Die Zuschauer tobten, pfiffen und schrien in einer Tour, sogar in der einminütigen Pause. Wir waren wie zwei Pitbulls. Er war sehr geschmeidig und schwer fassbar, außerdem sehr erfahren. Aber dann versetzte ich ihm einen solchen Schlag, dass es ihn aus dem Ring fegte. Ich machte ihn fertig. Es war der beste Kampf meines Lebens.

      Aber dann wurde ihm der Sieg zugesprochen, reiner Betrug. Ich war außer mir und fing an zu heulen. Noch nie zuvor hatte ich einen Kampf verloren. Im Umkleideraum trat der taubstumme Trainer auf mich zu. Ich heulte immer noch Rotz und Wasser.

      „Du bist ja noch ein Baby“, sagte er. „Mein Mann hat schon viele Kämpfe hinter sich. Wir haben mit allen Mitteln gegen dich gekämpft, aber du bist besser als mein Boxer. Gib nicht auf. Eines Tages wirst du Champ werden.“

      Das konnte mich auch nicht trösten. Ich heulte mir auf der Rückfahrt die Augen aus. Zu Hause musste ich unter die Dusche und dann in die Schule. Aber Teddy hatte wohl Cus angerufen, denn er wartete auf mich. Ich dachte, Cus sei enttäuscht von mir, aber er feixte übers ganze Gesicht.

      „Wie ich höre, hast du toll gekämpft. Teddy meinte, der Kerl sei pfiffig und erfahren gewesen“, sagte Cus. „Du brauchst heute nicht zur Schule gehen, du hast heute frei.“

      Aber ich wollte unbedingt in die Schule gehen. Mein Gegner hatte mir ein Veilchen verpasst, und ich wollte es zur Schau stellen, denn es bewies ja meinen Mut.

      Ich ließ mich von dieser Niederlage nicht entmutigen, trat weiterhin bei Smokers an und schlug jeden meiner Kontrahenten k.o. Cus kam immer häufiger zu den Kämpfen. Er mochte es, wenn ich mich arrogant und herrisch gab. Cus war selbst sehr arrogant. Einmal trat ich gegen einen 24-Jährigen an, der seit dem 16. Lebensjahr lokaler Meister war. Niemand hatte ihn je besiegt.

      Vor dem Kampf suchte uns ein örtlicher Boxfunktionär auf.

      „Cus, der Mann, gegen den ihr kämpft, ist ein Riese, er ist stark und furchteinflößend“, sagte er.

      Cus zuckte mit keiner Wimper.

      „Mein Junge hat die Aufgabe, Riesen, starke und furchteinflößende Männer in ihre Schranken zu weisen.“

      Als ich das hörte, tat mein Herz einen Sprung. Ich würde mich in einen Vulkan verwandeln. Ich war so aufgekratzt, dass ich am liebsten gegen die Jungs außerhalb des Rings gekämpft hätte.

      Drei Tage vor einem Kampf verzichtete ich aufs Baden. Mich beherrschte nur noch der Gedanke, wie ich meinen Gegner schlagen könnte. Ich hatte keine Ahnung, wer sich hinter meinen Gegnern in den Smokers verbarg. Es gab keine Videos, keine Fernsehauftritte. So stellte ich mir immer vor, dass die Männer, gegen die ich antrat, diejenigen waren, die mich schikaniert hatten, als ich noch klein war. Es war eine Zeit der Vergeltung. Nie wieder würde jemand auf mir herumhacken.

      Wenn ich bei einem Kampf den geringsten Hauch von Menschlichkeit zeigte, war Cus wütend auf mich. Wenn ich einem Boxer, der mir nach dem Kampf mit einer sportlichen Geste der Fairness die Hand reichen wollte, entgegenkam und sie schüttelte, rastete Cus aus.

      Die einzige Mitleidsgeste, die er nicht kritisierte, war, wenn ich meinem Gegner auf die Beine half, nachdem ich ihn k.o. geschlagen hatte. Dempsey hatte dies immer getan. Er hob seinen besiegten Gegner hoch, schleppte ihn in die Ecke, hielt ihn fest und küsste ihn. Und das direkt, nachdem er versucht hatte, ihn zu vernichten. Also hob ich meinen Kontrahenten auch hoch und gab ihm einen Kuss. „Bist du okay? Ich liebe dich, Bruder.“ Es war demütigend für den anderen.

      Cus mochte es nicht, wenn ich meine Knockouts feierte. Kein Abklatschen, keine Tanzschritte.

      „Du bist jetzt schon zwei Jahre in diesem Geschäft und verhältst dich so, als seist du überrascht, dass dies passiert?“, bemerkte er.

      Für Cus waren meine Gegner Futter. Nahrung. Etwas, das man verschlingen musste, um leben zu können. Wenn ich mich bei einem Kampf gut schlug, belohnte mich Cus. Hübsche Klamotten, Schuhe. Als ich eine meiner Junior-Championships gewonnen hatte, spendierte er mir Goldzähne. Als ich in den Achtzigern meine Goldmedaille gewann, dachten die meisten: „Wow, die Nigger haben jetzt schon Goldzähne.“ Aber Cus mochte es, weil die Boxer vergangener Zeiten alle Goldzähne hatten, als Zeichen ihres Erfolgs.

      Man könnte vielleicht annehmen, dass Cus aufgrund all meiner Siege sowie des Junior Championship-Titels wenig Grund zur Kritik gehabt hätte. Aber da würde man ihn schlecht kennen. Vor anderen behandelte er mich immer wie eine Primadonna, aber hinter verschlossenen Türen sah es anders aus. Wenn ich allein mit ihm war, machte er mich nieder.

      „Du weißt, deine Faust war zu tief. Bei allem gebührenden Respekt: Wäre dieser Gentleman etwas professioneller gewesen, etwas ruhiger, hätte er dich mit einem Schlag treffen können.“

      Und das, nachdem ich den Kerl besiegt hatte. Alle gratulierten mir, weil ich ihn mit einem rechten Haken k.o. geschlagen hatte. Cus sagte nicht, dass mein Gegner mich hätte k.o. schlagen können. Er sagte, er hätte mich treffen können! Mit der Vorstellung, dass mich ein Schlag hätte treffen können, setzte er mir einen Floh ins Ohr, sodass ich den ganzen Tag darüber nachgrübelte. Nach ein paar Tagen kam er erneut auf diesen Bullshit zurück.

      „Erinnerst du dich, dass ich dir nach dem Kampf sagte, der Kerl hätte dich …“

      Aaaagggh.

      Cus war ein Meister der Manipulation, der psychologischen Kriegsführung. Cus glaubte, dass es beim Boxen zu 90 Prozent auf die Psychologie ankäme und nicht auf die Fitness. Der Wille war maßgebend. Als ich 15 war, brachte er mich zu einem Hypnotherapeuten namens John Halpin, der eine Praxis am Central Park im Westen der Stadt hatte. Ich musste mich dort auf den Boden legen, und er gab mir Anweisungen, wie ich bei der Entspannung vorgehen sollte: „Kopf, Augen, Arme, Beine, alles wird schwer“, sagte er. Als ich unter Hypnose stand, sagte er mir genau das, was Cus wollte. Cus schrieb alles auf ein Stück Papier und John las es laut vor.

      „Du bist der größte Boxer der Welt. Ich sage dir das nicht, weil ich versuche, dir etwas vorzugaukeln, was du nicht bist. Ich sage dir das, weil du es tatsächlich schaffen kannst, denn dafür bist du geboren.“

      Halpin zeigte uns eine Methode, bei der wir uns jederzeit selbst in Hypnose versetzen konnten. Als wir wieder in Catskill waren, legte ich mich in meinem Zimmer auf den Boden, und Cus setzte sich neben mich. Ich fing an, mich zu entspannen und mich in Hypnose zu versetzen, und Cus redete. Manchmal sagte er dabei nur allgemeine Dinge, zum Beispiel, dass ich der beste Boxer der Welt sei und so; aber manchmal sagte er auch ganz spezielle Dinge.

      „Deine Führhand ist wie eine Waffe. Deine Schläge sind wild, voll böser Absichten. Du hast eine großartige Rechte, hast nicht wirklich daran geglaubt, aber jetzt glaubst du daran. Du bist eine von Gott gesandte Geißel. Die Welt wird deinen Namen für alle Zeit kennen.“

      Es war wirklich ein scheiß Gelaber, aber ich glaubte daran.

      Manchmal weckte Cus mich mitten in der Nacht und leierte mir seine Suggestionen vor. Manchmal brauchte er nicht einmal zu sprechen, ich empfing den ganzen Bullshit durch Telepathie.

      Die Hypnose war lediglich ein weiteres Hilfsmittel, mein Selbstvertrauen zu stärken. Die Hypnose wurde mir sehr wichtig, ich sah darin eine Geheimmethode, die mir helfen würde. Manch einer hielt das für verrückt, aber ich glaubte an alles, was Cus mir erzählte. Ich nahm seine Religion an. Cus war mein Gott. Und jetzt redete mir dieser alte weiße Mann ein, ich sei der Beste. Warum sollte ich der beste Boxer aller Zeiten werden?

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      Jetzt, da ich ein Gladiator war und ein Gott unter den Sterblichen, wirkte es etwas erniedrigend, dass ich auf die Highschool gehen musste. Dann, im Herbst 1981, bekam ich an der Catskill High Schwierigkeiten. Einer meiner Lehrer, ein unglaublich ignoranter Prolet, brach mit mir einen Streit vom Zaun und warf dann ein Buch nach mir. Ich stand auf und verprügelte


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