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Kranichtod. Thomas L. ViernauЧитать онлайн книгу.

Kranichtod - Thomas L. Viernau


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Ledersessel waren als Kontrast mitten im Zimmer aufgebaut. Auf dem Tisch warteten schon drei Tassen Kaffee, dampfend mit einer feinen Schicht Crema darauf, so perfekt, wie man sie nur beim Italiener gemacht bekommt.

      Der Chef der Firma war ein drahtig wirkender Enddreißiger mit blank polierter Glatze, Designerbrille und einem Dreitagebart. Er trug durchgestylt legere Kleidung. Jedes Einzelstück hatte bestimmt ein kleines Vermögen gekostet. Ein dicker Siegelring aus Silber vervollkommnete das Outfit des Geldverwerters.

      »Womit kann ich dienen?«

      Linthdorf räusperte sich, nahm einen kleinen Schluck des vorzüglich schmeckenden Kaffees und fragte zurück: »Kennen Sie die Herren Müller, Schulze und Meier?«

      »Ja, wir betreuen ein paar Projekte von ihnen und haben auch die Steuerberatung übernommen. Was wollen Sie wissen? Haben die drei die Kronjuwelen gestohlen? Oder planen sie einen Terrorakt?«, dazu setzte Knurrhahn ein diabolisches Grinsen auf.

      »Nicht ganz ... Es handelt sich um eine Routineuntersuchung im Rahmen einer bundesweiten Aktion. Wir überprüfen im Stichprobenverfahren Firmen, die auffällige Aktivitäten in der Region gezeigt haben. Speziell Investitionen im öffentlichen Bereich haben wir im Visier. Vielleicht können Sie uns ja dazu etwas sagen?«

      »Was soll ich dazu sagen. Alles läuft in geordneten Bahnen. Wir haben natürlich Fördertöpfe angezapft, wo es sich anbot. Aber dafür sind diese Gelder ja schließlich da. Wir vermitteln da zwischen unseren Kunden und der öffentlichen Hand.«

      »Können Sie konkret etwas sagen zu den Projekten?«

      »Ja, also da ist ein wirklich großes Projekt in der Anbahnung, finanziert von einem internationalem Konsortium und auch mithilfe von Fördermitteln der EU, des Bundes und des Landes Brandenburg. Es handelt sich um einen Hotelkomplex mit angeschlossenem Freizeitpark, der hinter Liebenwalde entstehen soll. Es gibt da noch ein paar Probleme, da ein großer Teil des geplanten Geländes im benachbarten Landkreis Barnim liegt. Die dortigen Behörden haben bisher nur wenig Kooperationsbereitschaft gezeigt. Das angrenzende Amt Biesenthal verweist darauf, dass das beanspruchte Gebiet Teil des Barnimer Naturparks ist. Die Investoren sind bemüht, diese Schwierigkeiten so schnell wie möglich zu beseitigen. Es laufen da wohl einige Gespräche mit Dienststellen im Barnim. Hier von unserer Seite ist alles klar. Dafür haben wir bereits gesorgt.«

      »Um was für eine Summe geht es bei diesem Projekt?«

      »Alles grob geschätzt, vielleicht etwas mehr als 75 Millionen.«

      »Wie viel davon ist öffentliches Fördergeld?«

      »Ungefähr ein Drittel, also 25 Millionen.«

      »Die sind schon bewilligt?«

      »Ja, natürlich. Darum haben wir uns gekümmert.«

      »Wenn nun die Barnimer Dienststellen kein grünes Licht geben, was passiert dann? Springen die Investoren dann ab?«

      »Das kann gut möglich sein.«

      »Müsste dann das Geld wieder zurückgezahlt werden?«

      »Ja, das müsste dann wohl passieren. Aber keine Sorge, dazu kommt es nicht. Wir sind ja schließlich auch noch da.«

      »Wie meinen Sie das?«

      »Nun, wir haben uns an einen Zeitplan zu halten, der uns von den Behörden vorgegeben wurde. Wir liegen genau im Plan und haben auch noch Pufferzeiten um etwaige Schwierigkeiten, wie sie jetzt aufgetreten sind, beheben zu können. Wir arbeiten mit Nachdruck an der Lösung des Problems.«

      Linthdorf nickte. Sein Begleiter Colli hatte fleißig stenographiert und schaute vielsagend zum Kommissar.

      Die beiden Ermittler verabschiedeten sich von Knurrhahn. Im Auto äußerte sich Linthdorf zuerst: »Also, wir fahren als nächstes nach Liebenwalde und Biesenthal. Ich glaube, wir werden noch einige Überraschungen erleben.«

      Colli schaute seinen Begleiter verwundert an. »Biesenthal ist nicht mehr unser Ressort. Gehört schon zu Barnim.«

      »Ach was, da sollten wir mal nicht so pingelig sein. Ich kläre das dann schon mit den Kollegen.«

      VI

      Biesenthal

      Donnerstag, 26. Oktober 2006

      Die Grenze zwischen der Oberhavelregion und dem Barnim war unsichtbar. Linthdorf spürte dennoch den Unterschied. Das Land am Oberlauf der Havel war flaches Schwemmland. Platt, ziemlich eben, strukturiert nur durch die Baumalleen, die hier wie Soldaten in strengen Linien ausgerichtet dem ständigen Wind trotzten.

      Dörfer konnte man schon aus der Ferne erkennen. Ihre Kirchturmspitzen ragten wie Leuchttürme aus der Felder- und Ackerlandschaft. Durchzogen wurde das Land von einer Vielzahl ebenfalls ziemlich geradlinig verlaufender Kanäle, die allesamt im Einzugsbereich der träge fließenden Havel zu finden waren.

      Die Straße, die Oranienburg mit Bernau verband, war eine nur wenig befahrene Landstraße, die durch zahlreiche Dörfer im erweiterten Speckgürtel führte. Man spürte schon die weiten, stillen Landschaften, die in der Mark Brandenburg so typisch waren. Linthdorf kannte die Gegend gut, er war hier oft unterwegs an seinen freien Wochenenden. Dann liebte er es, auf ruhigen Nebenstraßen durchs Land zu rollen, dazu einer CD mit klassischen Klängen zu lauschen und den Fahrtwind bei geöffnetem Fenster auf der Haut zu spüren.

      Die Gegend wandelte sich allmählich. Sanfte Hügel und Kiefernwälder kündigten den Barnim an. Der eigentliche Barnim, auch der Hohe Barnim genannt, war ein großes Plateau, von der letzten Eiszeit geformt und gesegnet mit einer abwechslungsreichen, hügeligen Oberfläche. Der Übergang vom Schwemmland an der Oberhavel zum Hohen Barnim wurde als Niederbarnim bezeichnet.

      Das sanfte Hügelland war mit zahlreichen Seen durchsetzt, allesamt Überbleibsel von Urströmen der letzten Eiszeit, die hier mit archaischer Kraft mächtige Rinnen in den Sandboden gespült hatten. Im Zentrum des Niederbarnims befand sich das Städtchen Biesenthal.

      Das Rathaus von Biesenthal, ein Fachwerkbau mit quadratischen Grundriß und einem kleinem Türmchen auf dem Dach, war Linthdorfs Ziel. Colli kannte die Gegend nicht so richtig. Er saß still und grübelnd neben dem riesigen Manne im Auto und ließ die Landschaft auf sich einwirken.

      Linthdorf merkte, dass sein Begleiter verunsichert war. Er genoss es sichtlich, dieses Superhirn wenigstens für ein paar Stunden aus seiner sonst so plakativ vor sich her getragenen Selbstsicherheit gebracht zu haben. Jetzt war er wieder der Spiritus Rector, der Mann am Rad, der alles vorantrieb. Eine Rolle, mit der er viel besser zu Recht kam.

      Es war ihm suspekt, wenn so ein Überflieger plötzlich auftauchte und alles nur so aus dem Ärmel schüttelte. Nicht, dass er Colli sein Wissen und seine Intelligenz geneidet hätte, nein, er erkannte die fraglos außergewöhnlichen Fähigkeiten seines Begleiters vollkommen an, aber ein Gefühl von Ohnmacht hatte sich ganz tief hinten in seinem Gehirn eingenistet.

      Telefonisch hatte sich Linthdorf bereits avisiert beim Leiter des Wirtschaftsressorts und auch bei der Außenstelle des Katasteramtes Barnim, das hier in Biesenthal ein Büro im Rathaus hatte. Alle Grundstücke im Amt Biesenthal und den beiden benachbarten Ämtern Wandlitz und Schorfheide wurden hier erfasst und verwaltet.

      Die beiden Männer wurden von einer netten, aber resoluten Dame erwartet, die sich als Frau Meyer vorstellte. Linthdorf musste in dem Moment an die vielen Meiers, Müllers, Schulzes denken, die immer wieder in seinen Unterlagen auftauchten.

      Er musterte die Dame skeptisch, die sofort seinen Blick erwiderte. »Na, Sie scheinen wohl ein Problem zu haben?«, dabei lächelte sie vieldeutig und schenkte dem Kommissar eine Tasse Kaffee ein.

      »Nein, nein! Es war nur ..., nun ja, Ihr Name gehört wohl wirklich mit zu den meisten hier im Lande.«

      »Das stimmt. Aber ich habe auch lange überlegt, ob ich diesen Namen annehmen sollte. Dann habe ich mir doch einen Ruck gegeben. Mein Mann war glücklich. Tja,


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