Geheimnisvolle Pfade Allgäu. Mareike BuschЧитать онлайн книгу.
Vorwort
Es war einmal … eine Zeit, in der man im Allgäu nicht so unbedarft auf Wanderschaft gehen konnte wie heute. Damals erforderte jeder Schritt in die Bergwelt oder durch den dichten Wald Mut, denn es lauerten Drachen in den Bergseen, auf den stattlichen Burgen herrschten tyrannische Ritter, und bösartige Wettergeister brachten Bergsteiger und Bauern in Bedrängnis. In dieser längst vergangenen Zeit haben zahlreiche Sagen ihren Ursprung – doch wann genau die Irrlichter in den Mooren umherflackerten und flüssiges Gold aus der Erde sprudelte, das weiß heute keiner mehr.
Sagen wurden einst mündlich überliefert. Von Generation zu Generation wurden die Geschichten weitererzählt und so immer weitergesponnen. Der eine schmückte hier etwas aus, der andere ließ da etwas weg. Deshalb ist nachvollziehbar, dass es mehrere Versionen von einer Geschichte geben kann oder sich ein und dasselbe an mehreren Orten zugetragen haben soll. Die Erzählungen halfen dabei, die Welt zu erklären. Sie belebten aber auch den Alltag und gaben bestimmten Orten eine besondere Bedeutung. Diese Funktion erfüllen sie auch heute noch. Wanderer, die die Allgäuer Sagen kennen, sehen die hohen Gipfel, die unergründlichen Seen und die nebelumwobenen Moore mit anderen Augen.
Inzwischen wurden die Allgäuer Sagen natürlich verschriftlicht, um sie so auch für die Zukunft zu erhalten. Dieser Vorgang schreibt sie in gewisser Weise aber auch fest und nimmt ihnen die offene Qualität, die sie früher hatten. Die Sagen, die in diesem Buch nacherzählt werden, stammen aus zwei Sammlungen: »Allgäuer Sagen«, herausgegeben von Hermann Endrös und Alfred Weitnauer im Verlag für Heimatpflege Kempten, und »Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus«, gesammelt von Karl August Reiser und erschienen bei Kösel. Vielleicht veranlasst dieses Buch ja den ein oder anderen Wanderer dazu, seinen Wegbegleitern von diesen Sagen zu erzählen und so die Tradition der mündlichen Überlieferung fortzuführen.
Auf viele schöne Märchenstunden in den Bergen, in den Wäldern und an den Seen des Allgäus!
Mareike Busch
Eine gute Brotzeit ist ein paar Gramm mehr im Rucksack immer wert (Meinung der Autorin). TOUR 15
Besonders schön sind die Morgenstunden, wenn die Sonne nur die Gipfel bescheint. TOUR 6
Sagenumwobenes Allgäu
In den Sammlungen von Sagen, die die Grundlage dieses Buches bilden, sind je über 500 Geschichten zusammengetragen. Natürlich überschneiden sich davon ein paar, aber dennoch ist das eine ganz schöne Menge. Wie all diese Sagen wohl entstanden sind? Einige dienten in früheren Zeiten der Erklärung anderweitig unerklärlicher Phänomene. Andere sollten Kindern Angst und Schrecken einjagen, um sie brav und artig zu machen. Ebenso gibt es Schauergeschichten für Erwachsene, damit auch diese fromm und ehrenwert blieben. Natürlich finden sich neben den grausigen Geschichten auch schöne Erzählungen, die von kleinen Wundern oder glücklichen Liebespaaren handeln und – typisch Märchen – ein gutes Ende haben.
Wandern auf den Spuren von Sagen
In diesem Buch dienen die Sagen vor allem dazu, schöne Routen zu finden oder Orte, die man vielleicht schon kennt, neu zu entdecken. Beim Wandern auf den Spuren von alten Geschichten kommt zur sportlichen Herausforderung und zum Naturerlebnis eine weitere Ebene: Man setzt sich mit dem auseinander, was man sich früher von einem Ort erzählt hat. Das erweitert auch die Wahrnehmung. Auf der einen Seite hat man eine Vorstellung davon, was die Menschen früher für ein Bild von einem Ort hatten. Wurde von einem Moor einst eine Spukgeschichte erzählt, hat das vielleicht dazu geführt, dass einige Menschen diesen Ort komplett gemieden haben. Außerdem verändern die Sagen auch die Wahrnehmung während der Wanderung. Vielleicht fallen einem Dinge auf, die man sonst nie bemerkt hätte – wie ein Gesicht, das sich in einem knorrigen Baum zeigt. Die Vorstellungskraft und Fantasie werden angeregt.
Mystischer Morgennebel zeigt sich im Weitnauer Tal auf dem Weg zum Hauchenberg … TOUR 25
Das kann auch eine Anregung sein, seine Wanderung noch in andere Richtungen zu erweitern und