Ponton-Kids 2: Jonas, Kalle und Piraten. Siegrid Graunke GruelЧитать онлайн книгу.
dich.“
Und das stimmte sogar. Noch nie hatte ihm eine Stimme in der Einsamkeit so gut getan, wie Karins.
„Moment …“, sagt Karin. „Dieses Wochenende geht gar nicht, – schon verplant. Nächstes?“
„Klar, – geht auch“, sagt Kalle.
„Gut, du musst mich aber auf jeden Fall vom Bahnhof abholen. Ich ruf dann noch mal an, tschü hüß“, sagt Karin fröhlich und legt auf.
‘Na, wenigstens das’, denkt Kalle einigermaßen beruhigt. Na – dann!
Sie verabredeten sich in der nächsten Woche, im Bahnhofsrestaurant Stade.
Da hatte sich Karin ja schon mal kurz aufgehalten, mit Julia, – als sie das erste Mal zu Jonas und Kalle mit raus gefahren war. Das war im März gewesen, und jetzt war schon Oktober. Seit sie und Julia nicht mehr in die Schule gingen und Karin eine Lehre als Friseurin machte, hatten sie sich noch nicht wieder gesehen. Und jetzt, wo Karin allein vor ihrem Kaffee sitzt, kommt es ihr so vor, als wäre alles schon viel länger her gewesen. ‘Mensch, wann kommt denn dieser Kalle endlich mal?! Sollte sie hier vielleicht versauern …?’
Sie bestellt sich noch einen Campari Soda, um etwas in Stimmung zu kommen, denn sie ist jetzt schon ziemlich sauer auf Kalle. Um neunzehn Uhr waren sie verabredet, aber die Bahnhofsuhr zeigt schon zwanzig nach sieben an. Musik, über ihren MP3 Player, hatte sie auch schon die ganze Fahrt über, mehr als genug auf den Ohren gehabt …
Endlich geht die Tür auf und Kalle stapft wie ein ‘Bandido’ in den alten Bahnhofssaal. Er ist, wie immer, etwas schlampig gekleidet und nicht besonders sauber.
„Und? Ist es jetzt vielleicht sieben?“, sagt Karin, als er sich schwerfällig auf den Stuhl neben sie fallen lässt. „Mm, – tut mir leid. Is’ später geworden. Was trinkst du denn da?“, kommentiert Kalle bloß und grinst sie dabei an.
Kann man sich das vorstellen?
„Viertel vor acht, – was?! Und ich sitz’ immer noch hier rum?!“, schreit Karin kurz auf, als ihr Blick wieder auf die Bahnhofsuhr fällt. Sie hatte inzwischen mit ihrer Cousine gesimst und deshalb gar nicht gemerkt, dass es schon so spät war.
„Na, da hast du aber Glück, mein Lieber. Normalerweise wär’ ich längst wieder weg“, fügt sie noch etwas böse hinzu.
„Tut mir leit, hab ich schon gesagt. Was trinkst du denn da? Kann ich auch so einen haben?“, gibt Kalle ihr aber nur, als eine Art Antwort, zurück.
‘ … Das fehlte noch, dass ihm ein Mädel Vorschriften macht.’
Doch als Karins Miene immer noch finster bleibt und sie ihn weiterhin anstarrt, als wäre er ihr eine Erklärung schuldig, sagt er noch gereizt dazu, „Mann! Auf der Straße steh’n überall Blitzer. Bleib ma’ cool Mädel.“
„So, so; also das hättest du auch gleich sagen können“, bemerkt Karin dazu und etwas lauter zu dem Kellner, der gerade an ihrem Tisch vorbeieilt, „bitte noch zweimal Camparie Soda!“ Jetzt muss sie plötzlich lachen. ‘Blitzer! Als ob Kalle mit seinem Miniroller Geschwindigkeitsgrenzen überschreiten könnte!’
Aber wahrscheinlich kannte sie da Kalle nicht gut genug.
Als die Getränke mit einem Mal auf dem Tisch kommen, richt Kalle einmal misstrauisch daran und kippt seins dann mit einem Schluck runter.
„Getränk is’ was anderes“, sagt er und verzieht das Gesicht schmerzhaft.
„Lass uns woanders hingeh’n, Mädel.“
„Klar, sehr gerne. Wo is’ denn hier im Kaff wirklich was los?“, sagt Karin und zieht sich schon ihre Jacke über.
„Bootsluke“, sagte Kalle. „Bezahl mal mit, … für mich. Kohle hab ich jetz’ noch nich’, krieg ich später erst. Kann’s auslegen?“
„Was?“-
Jetzt erklärt Kalle umständlich, dass er bloß heute kein Geld habe, weil er, erst morgen, Kohle von seinem Kollegen Friedhelm bekäme und fragt gleichzeitig noch mal nach, ob das jetzt etwa ein Problem wär.
‘Na, – nicht unbedingt, bloß erstmal raus hier! Bootsluke? … Also endlich mal was Neues!’
Beste Freundin in der Tasche
In der Bootsluke ist es laut, heiß und voll mit verschwitzten Leuten.
Bis Karin und Kalle einen freien Platz an der Bar einnehmen können, müssen sie noch eine Weile rum stehen, und abwarten bis endlich mal jemand auf die Tanzfläche geht. Jedenfalls spekulierte Kalle darauf, und tatsächlich, kaum dass nervige, noch lautere Technomucke ertönt, wird gleich die halbe Vorderfront an der Bar frei. Sie bestellen sich Bier und Baccardi Cola, – und Karin muss erstmal die Toilette aufsuchen, um sich neu überzuschminken. „Bin gleich wieder bei dir Kallebär“, schreit sie laut in sein Ohr, denn Kalle ist kräftig, und stark wie ein Bär. „Jo u“, sagt Kalle, trinkt sein Bier mit großen Zügen aus, und bestellt sich gleich noch eins. ‘ … Na, das kann ja wieder teuer werden’, denkt Karin, und verschwindet schnell in dem dunklen schmalen Gang, wo anscheinend die Toiletten sind. Als sie die Klinke von den Damentoiletten gerade runterdrückt, und immer noch im Dunklen steht, hört sie hinter sich jemanden ankommen.
„Man muss das Licht hier selber an, und wieder ausmachen“, sagt dann eine nette Mädchenstimme, und klick, klick, flackert gleich darauf grelles Licht durch den Raum. „Wegen der Stromkosten, und dem Energiesparen“, sagt sie noch erklärend und fügt hinzu, „find ich ne gute Idee übrigens.“
„Das muss man wissen“, sagt Karin und platziert ihre Tasche auf dem Waschtisch, „sonst wär’ ich bestimmt gleich zur Bedienung gerannt.“
Sie kämmen sich beide und machen sich frisch zurecht. Und als Karin dann im offenem Deckelinlett der Tasche des Mädchens ein Foto erspäht, auf d em, neben dem Gesicht des Mädchen –, Julia … zu erkennen ist, ruft sie völlig verblüfft aus, „was?! Du kennst Julia!?“ Das Mädchen guckt etwas argwöhnisch zur Seite. „Wenn’s kein Verbrechen ist, – ja“, sagt sie. „Sie ist meine beste Freundin, wieso o?“
„Na, weil Julia auch meine Freundin ist!“, sagt Karin entgeistert. „Mensch! Wir suchen sie, – also mein Freund und ich. Also dann weißt du doch bestimmt, wo sie ist! Mensch ist das geil!“
‘Ja, das ist jetzt aber doch etwas merkwürdig, findet Corinna. Was soll denn das für ne Freundin von Julia sein? Eine, die nicht wusste, wo Julia sich aufhielt …? Hatte die denn keine Handynummer von ihr? … Ziemlich aufgedonnert sieht die ja schon mal aus …’
„Ich bin Karin“, sagt Karin jetzt und hält ihr ihre Hand hin.
„Corinna“, sagt Corinna, noch immer distanziert. „Hab deinen Namen noch nie von Shuli gehört.“
„Ach das macht doch nichts“, sagt Karin jetzt etwas schnippisch, „Wir sind bloß in die gleiche Klasse gegangen, wenn’s dir nichts ausmacht. Claus Theodor, Gesamtschule in Lüneburg.“
Sie zieht sich etwas verärgert die Lippen nach, denn sie war es wirklich nicht gewohnt, dass man ihrer Freundlichkeit mit Misstrauen begegnete. Was war denn das für ne … ‘Dorftusse’?
Aber sie entscheidet sich doch lieber freundlich zu bleiben, denn sie will unbedingt wissen, wo Julia ist.
„Julia und ich – haben uns aus den Augen verloren“, fährt sie deshalb unbeirrt fort, „ – seit sie mit Jonas zusammen ist.
Ich mach jetzt ja ne Lehre. Also du weißt nicht, wo sie ist? – Na super.“
Corinna weiß bloß soviel, dass Julia, – seit sie von der Schule ist, mit Jonas zusammen, in der Nähe von Brunsbüttel Kog, lebt. Das hatte Julia ihr über Handy mitgeteilt, und ebenso, dass sie diesen Sommer nicht auf den Campingplatz kommen könnte.
„Klar, weiß ich wo Julia ist. Sie ist meine beste Freundin“,