Эротические рассказы

Das Tal der Untoten. Matthias AlbrechtЧитать онлайн книгу.

Das Tal der Untoten - Matthias Albrecht


Скачать книгу
alle gleich aus. Ich hätte nicht einmal zu sagen vermocht, ob beide weiblich oder männlich waren. Erst mit der Zeit lernte ich, sie voneinander zu unterscheiden.

      Die Schwestern kamen als Wäscherinnen wieder, wenn man tief schlief. Diesmal ohne Begleitung untoter Assistentinnen. Und vor Beginn der nächsten Einfahrt war man dann sauber und gesalbt. Gesalbt hieß hier: verarztet. Man trug plötzlich Verbände und Pflaster, wo zuvor noch keine gewesen waren. Es kam ja immer wieder vor, dass man sich verletzte. Sei es durch Steinsplitter, welche die Haut ritzten, wenn man mit der Hacke gegen den Fels schlug. Durch unaufmerksame Huntstößer, die einem die schwere Lore gegen die Beine schoben. Oder durch Steinschläge, hereinbrechende Stöße und einstürzende Schalungen. Man bekam das selbst ja kaum mit. Spürte höchstens ein leichtes Ziehen oder Kribbeln, nie jedoch Schmerz. Nur wenn es tiefer ging. Wenn einem ein Bein abgetrennt oder der Unterleib zerquetscht wurde. Oder man unglücklich fiel und sich die Spitze der Hacke in den Brustkorb bohrte. Dann spürte man das.

      Ich hatte es einmal miterlebt. Nicht am eigenen Leibe. Aber ich hatte gesehen, wie Nummer M156 von einem angespitzten Holzpfeiler durchbohrt wurde, als ein Teil der Joche und Kappen einer verlorenen Zimmerung infolge des Einbrechens eines Stoßes nachgab. Nein, falsch. Ich hatte nicht wirklich mitbekommen, wie es passiert war. Nur dass der Kumpel dann am Boden gelegen und sich im diffusen Schein der Grubenlampen gewunden hatte. Halb begraben von zentnerschwerem, lockerem Gestein. Dabei war ein Fauchen von seinen, mit schaumigem, blaugrauem Blut bedeckten Lippen gekommen. Seine Arme hatten sinnlose, zuckende Bewegungen vollführt. Das Weiße in seinen Augen war erst rosa, dann violett geworden. Schließlich hatte er mit dem Kopf immer wieder gegen den harten Boden geschlagen, bis sein Schädel brach. Es hatte sich angehört, als habe einer der Gemüsebauern eine Melone auf den steinigen Weg fallen lassen. Und dann hatte er sich nicht mehr bewegt. Nur ein kurzes Röcheln noch …

      Die Aufseher sagten, er werde nie ins Paradies einziehen, denn er war unaufmerksam gewesen, habe die Zimmerung beschädigt, so den Unfall verursacht und sich damit selbst gerichtet. Sie ließen ihn ins Haupthaus bringen; darauf bekam ihn niemand mehr zu Gesicht. Nach Ende der Schicht hing sein Nummernschild verkehrt herum an der Tafel. Und sein geborstener Schädel steckte am nächsten Tag auf dem Zaun am Richtplatz. Ohne Zeremonie und Opfermahl.

      Zurück zu den Schwestern: Man munkelt, dass diese – die wie die Aufseher nicht zu den Untoten zählten –, mit den schlafenden Arbeitern mitunter Sachen machten, welche weit über das Waschen und Salben hinausgingen. Ich habe das von Nummer W188 erfahren, auf die ich noch kommen werde. Sie wollte es aus einem Gespräch zwischen zwei Aufsehern erlauscht haben. Näheres wusste sie auch nicht zu berichten, doch die Aufseher sollen gelacht haben, als sie davon sprachen. Sie gönnten den Schwestern ihren Spaß. Wie sie selbst den ihren mit den weiblichen Untoten aus der Gärtnerei und Korbflechterei hätten. Und ab und zu auch mit den männlichen. Es schien dies eines von vielen Gerüchten zu sein, welche sich um unser Dasein im Lager rankten. Und wenn man auch gemeinhin davon ausging, dass an jedem Gerücht etwas dran sei, so wusste ich nicht, worin die Wahrheit bestehen sollte. Dazu fehlten mir jegliche Vorkenntnisse. Wie die Bereitschaft und Fähigkeit, darüber tiefgründig nachzudenken.

      Das Nachdenken übrigens gehörte auch zu den Dingen, welche ein Arbeiter tunlichst zu vermeiden hatte, wenn er ins Paradies kommen wollte. Abgesehen davon, dass er es – bis zu einem gewissen Grad – gar nicht erst fertigbrächte. Worüber hätte er auch nachdenken sollen? Das Einzige, das mir und meinen Gefährten tagtäglich durch den Kopf ging, war der Gedanke an den wohlverdienten Schlaf nach getaner Arbeit. Nur darum drehte sich alles. Sonst um nichts! Und natürlich an den Einzug ins Paradies. Aber – das hatten wir ja schon …

      Wenn ein Hauer, Schachtzimmerer oder Huntstößer nicht mehr in der Lage war, seine Norm zu erfüllen, wurde er zu anderen, leichteren Arbeiten eingesetzt. Keiner der Lebenden wäre auf den Gedanken gekommen, einen Simulanten in ihm zu vermuten. Untoten war es ja von Natur aus verwehrt, freie Entscheidungen treffen zu können, wären doch solche wieder mit Denkprozessen verbunden gewesen. Ein Arbeitswechsel bedeutete allerdings, dass sich dadurch sein Einzug ins Paradies verzögerte. Es sei denn, der Betreffende war anderen gegenüber geschickter und schneller und konnte so beim alles entscheidenden Voodoo-Meister Pluspunkte sammeln. Den bekam man nicht zu Gesicht. Nur seine Gestalt, die in eine weiße Tunika gehüllt war. Mit weit überhängender Kapuze und einer Maske. Er äußerte selbst nie ein Wort; nahm lediglich Besitz vom Bokor, dem Schwarzmagier, wenn er Lebenden und Untoten etwas mitteilen wollte und sprach dann durch ihn wie ein Geist in einer spirituellen Sitzung, der in den Körper des Mediums fährt.

      Was Bestrafungen betraf, so bekam man es nur mit zwei Arten zu tun, welche es allerdings in sich hatten: Man konnte auf dem Weg zum Paradies zurückgestellt werden. Einmalig oder immer wieder, je nachdem, wie viele Verfehlungen man in welcher Zeit beging. Und man konnte gleich zur Hölle fahren. Mit Pauken und Trompeten. Oder besser gesagt: Mit Trommeln und Fackeln. Und dem Sägemesser.

      Andere Formen der Maßregelung gab es nicht. Sie hätten auch keinerlei Wirkung gehabt. Für Lebende vielleicht. Nicht jedoch für uns Untote.

      Zurückgestellt zu werden war schlimm. Doch ganz gleich, wie oft es passierte – man durfte noch immer Hoffnung haben, eines Tages ins Paradies zu kommen. Anders bei der finalen Bestrafung, der Hinrichtung. Diese war endgültig.

      Der Richtplatz war weiträumig von einem niedrigen, hölzernen Zaun umgeben. Jeder Pfeiler am Ende eines Zaunfeldes überragte dessen oberen Riegel um einen halben Meter und war angespitzt.

      Fiel ein Untoter der finalen Bestrafung anheim, wurde ihm eine bestimmte Medizin verabreicht, die ihn in einen tiefen Schlaf versetzte. Dennoch wurde er gefesselt. Aus rein psychologischen Gründen, wie ich später erfuhr. Niemand sollte denken, er habe sich mit seinem Schicksal abgefunden und ließe alles freiwillig über sich ergehen.

      Dann wurde er bäuchlings auf den Opferstein gelegt. Nun traten die Gehilfen des Scharfrichters herbei – vier an der Zahl – und hielten den Delinquenten fest. Unmittelbar neben ihnen sorgten sechs Fackelträger dafür, dass die Zuschauer das Ritual in all seinen schrecklichen Details wahrnehmen konnten. Der bis dahin abseits wartende Scharfrichter zog sein „Instrument“ aus der Scheide. Dieses bestand aus einer Art Machete mit Sägezähnen an der Schneide. Ähnlich einer achtzig Zentimeter langen Säge, welche man zum Ausästen verwendet. Am unteren Ende befand sich der sogenannte Vorschneider. Ein fünfundzwanzig Zentimeter langer, nicht gezahnter, dafür aber rasiermesserscharfer Abschnitt der Klinge, mit welchem zunächst Haut, Sehnen und Muskeln des Halses durchtrennt werden mussten, bevor mit dem eigentlichen Sägen begonnen werden konnte. Dieser Vorschnitt durfte nur mittels eines einzigen Zuges geschehen.

      Nachdem die Trommeln und Gesänge verstummt waren, verkündete einer der sieben Oberaufseher, der zuvor vom Voodoo-Meister zum Bokor bestimmt worden war, das Urteil, dem eine kurze Begründung folgte. Die Versammelten schrien nach der Urteilsverkündung: „Houay, hou-ay, hou-ay!“ Der Bokor führte nun die Gesetzestexte auf, gegen welche der Delinquent verstoßen hatte, worauf die Anwesenden abermals ihr dreimaliges Hou-ay brüllten. Er schloss mit den Worten: „Vollstrecker – walte deines Amtes!“ Wieder erklangen die Trommeln. Mit jedem feierlichen, gemessenen Schritt, den der Scharfrichter in Richtung des Opfersteins tat, wurden die Intervalle kürzer, bis der Trommelwirbel abrupt endete. Der Vollstrecker setzte sein Instrument an und trennte mit genau sieben Hüben zwischen dem vierten und fünften Nackenwirbel den Kopf vom Körper des Verurteilten, der dabei nur einen kurzen, brennenden Schmerz verspürte und Mund und Augen weit aufriss, bis seine Grimasse in Sekundenbruchteilen regelrecht versteinerte. Das soll wohl bei allen Hinrichtungen so gewesen sein.

      Der Vollstrecker musste penibel darauf schauen, dass er die ganze Länge des Sägeblatts – beim ersten und siebten Schub zudem mittels Vorschneider – unter mäßigem Druck, mal schiebend, mal ziehend, ausnutzte, um die vorgeschriebene Zahl der Sägeschnitte einzuhalten. War er zu schnell und der Druck zu groß, trennte er den Kopf bereits mit sechs oder gar fünf Hüben ab. War er zu langsam und der Druck zu schwach, benötigte er mehr als er durfte. Je nach Laune des Oberaufsehers wurde er dann selbst bestraft: Mit teilweisem bis völligem Ausschluss vom Opfermahl oder der Zurückstellung der Paradies-Erlangung für eine mindere bis längere Zeit. Diese konnte im schlimmsten Fall sieben Monate währen.

      Der


Скачать книгу
Яндекс.Метрика