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Besser fix als fertig. Bernd HufnaglЧитать онлайн книгу.

Besser fix als fertig - Bernd Hufnagl


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aufwendige Stoffwechsel zur Aufrechterhaltung der Körperkerntemperatur. Die Reproduktionsrate musste deshalb also auf rund zehn bis zwanzig Nachkommen pro Wurf reduziert werden.

      Das seit über hundert Millionen Jahren erfolgreich angewandte Verhaltensprogramm des „Froschgehirns“, das bewirkte, dass Weibchen zwei Minuten nach dem Ablaichen alles vergessen hatten, war nun für die ersten Säugetiere kein geeignetes Überlebensprogramm mehr. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass zwanzig Nachkommen nur durch puren Zufall überleben, war gleich null. Wir stammen also nun von jener Spezies ab, die ein völlig neues Verhaltensprogramm entwickeln musste, um dem Spiel mit dem Zufall, nicht gefressen zu werden, zu entkommen.

      Den Teil der Hardware und Software, den diese primitiven Säugetiere durch Selektionsprozesse neu entwickelt haben, nennen wir heute vereinfacht „das limbische System“. Es gilt gemeinhin als Sitz unserer Emotionen. Für die ersten Säugetiere, die sich zum Schutz vor Feinden in kleinen Herden organisieren mussten, scheint es ein grundlegender Vorteil gewesen zu sein, die momentanen Befindlichkeiten der anderen einschätzen zu können. Wenn ich nicht rechtzeitig bemerke, dass es gleich Ärger geben könnte, wird das Leben gefährlich Privat wie beruflich, Sie wissen was ich meine. Durch diese Fähigkeit wurde der Aggressionstrieb, der ein enges Zusammenleben unmöglich gemacht hätte, kontrollierbar. Das eigene Verhalten und das anderer – mit den entsprechenden körperlichen Reaktionen – „spüren“ (und damit auch vorhersagen) zu können, ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor der sozialen Entwicklung zum Menschen. Wir sollten uns überlegen, welche Verhaltensweisen „programmiert“ werden mussten, damit eine Spitzmausmutter sich so lange fürsorglich um ihren Nachwuchs kümmert, bis dieser überlebensfähig ist. Um das beantworten zu können, müssen wir die Logik der „Spitzmaus-Programmierung“ verstehen: Es wird emotional!

      In der Evolution der Organismen war als Grundvoraussetzung sozialen Verhaltens ein Quantensprung notwendig, damit Beziehungen zwischen Artgenossen möglich wurden: die Entwicklung der Erinnerungsfähigkeit. Ohne Gedächtnis und (das damit verbundene) komplexe Lernen könnten wir uns schlicht nicht merken, wer Freund und wer Feind ist, wer sich für uns eingesetzt und wer uns ausgenützt hat. Nicht mehr der körperlich Stärkste, sondern der starke und sozial Geschickte bekommt langfristig Rang und Privilegien durch die Aufmerksamkeit und den Respekt der anderen.

      Diese Grundlogik unserer Festplatte mit dem installierten Datei-Explorer ist eine genauere Betrachtung wert: Alle Informationen, die nicht von den Sinnesorganen als den primären Filtern ausgeblendet werden, werden in dieser Gedächtnisstruktur neu angelegt. Das Spannende am Datei-Explorer des limbischen Systems ist, dass unser Spitzmausgehirn keinen Ordner „neutral“, also emotionslos, anlegen kann, sondern diesen beim Neuanlegen emotional einfärben muss. Bildlich können wir uns das so vorstellen, dass die Farbe Dunkelgrün für hoch emotional positive Erlebnisse und die Farbe Dunkelrot (am anderen Ende der Farbskala) für traumatisch negative Erlebnisse verwendet wird. Dazwischen liegen alle anderen Farbschattierungen, die für weniger stark erlebte emotionale Ereignisse verwendet werden. Aus dieser Logik der emotional bewerteten Erlebnisse folgt konsequenterweise, dass unsere Erinnerungen an bestimmte Ereignisse entscheiden, ob wir uns zukünftig davor fürchten, uns auf etwas freuen können, motiviert oder demotiviert sind. Die Zeit, in der uns etwas völlig egal sein konnte, ist nun vorbei. Die Emotion, die beim Erinnern (also beim Öffnen eines Ordners) entsteht, entspricht demnach der Farbe des Ordners. Wir werden an anderer Stelle noch genauer beleuchten, dass beim Öffnen eines Ordners der Farbton durch die momentane Emotionslage zum Zeitpunkt des Erinnerns verändert wird. Wenn wir traumatische Erlebnisse ausnehmen, sehen wir, dass unsere Erinnerungen sehr variabel sind.

      Diese Erinnerungsfähigkeit voraussetzend, können wir nun das Sozialverhalten der ersten Spitzmäuse als die Konsequenz dreier Motive (dreier neuer Systemprogramme) verstehen, die wir auch als Updateversion 1 des Froschgehirns, das dabei weiterhin aktiv bleibt, verstehen könnten:

      Bindung

      Mit diesem Programm wird unter anderem die Mutter-Kind-Beziehung aktiviert und so langfristig gewährleistet, dass Energie ausschließlich in die direkten Nachkommen und nahestehenden Verwandten investiert wird. Dadurch wird noch etwas Wichtiges möglich: Wir sind seit dieser Zeit in der Lage zu erkennen, wer im Ernstfall auf unserer Seite kämpfen würde, wer also Freund ist und wer Feind. Heute wissen wir, dass wir über Spiegelneuronen im Gehirn nicht nur das Verhalten anderer nachempfinden können, sondern dass sogar körperliche Reaktionen, die mit Angst, Aggression oder Freude in Zusammenhang stehen, kopiert werden. Geht es meinem Freund schlecht, so geht es auch mir körperlich schlecht – als Herdentiere synchronisieren wir unser Verhalten und unsere körperlichen Reaktionen mit Freunden, nicht aber mit Feinden. Seit dieses Programm aktiv ist, entstehen unterschiedlich starke Beziehungen zu Artgenossen. Nach diesem Prinzip wirken auch Wort-Bild-Marken und funktioniert Werbung: über die simple Erwartung meines (Überlebens-)Vorteils in der Zukunft. Enge Bindung und Beziehung kodiert unser Gehirn durch unterschiedlich starke Produktion des Hormons Oxytocin: Beim Anblick eines Freundes produzieren wir mehr, beim Gespräch mit einem ungeliebten Kollegen weniger davon. Seit dieser Zeit sind wir also gewissermaßen sozial abhängig geworden und wollen von jedem lieb gehabt werden. Bei zu geringer Oxytocin-Produktion können wir sogar krank werden.

      Sicherheit

      Seit Erfindung der „Festplatte“ erinnern wir uns also an Erlebnisse – je emotionaler das Erlebnis, desto stärker die Erinnerung. Inhalte eines roten Ordners im Datei-Explorer, die Erinnerungen an angstbesetzte Ereignisse repräsentieren, sind im Spitzmausgehirn immer präsent und leicht abrufbar. Das scheint auch logisch, denn es geht ums Überleben.

      Erinnert sich nun beispielsweise eine Spitzmausmutter an ein gefährliches Erlebnis, bei dem sie an einer Waldlichtung einem Luchs auf Futtersuche gerade noch entkommen ist, wird die gesamte „Szene“, von den Gerüchen bis zum exakten Ort des Geschehens, in ihrem Hirn in einen Ordner verpackt, rot markiert und archiviert. Die Folge ist, dass die Spitzmausmutter zukünftig Angst bekommt und ihren Fluchtreflex aktiviert, wenn Ähnlichkeiten mit dem abgespeicherten Erlebnis auftreten: Kommt sie auch nur in die Nähe dieser Waldlichtung, wird sie ihr Verhalten plötzlich ändern.

      Wir stammen von Säugetieren ab, die eine Möglichkeit gefunden haben, diese Information an Kinder und andere Herdenmitglieder weiterzugeben: Das Hochinteressante daran ist, dass, weil ja die Mutter mangels Kommunikationsmöglichkeiten wie Sprache, Mimik und Gestik die Information nicht direkt weitergeben kann, eine Form indirekter Kommunikation entstanden ist: Meidet die Spitzmausmutter regelmäßig, unter Beobachtung aller anderen Spitzmäuse, diese besondere Waldlichtung, nähert sich aber gleichzeitig anderen Waldlichtungen ganz gelassen, so haben alle Beobachter eine Regel „verstanden“. Und ohne genau wissen zu müssen, warum, ahmen zuerst ein paar sehr nahestehende, dann viele und plötzlich alle Herdenmitglieder das Verhalten nach und meiden künftig diese Waldlichtung. „Kommunikation 1.0“ könnten wir diese Form der Informationsweitergabe nennen, bei der nicht der Sender, sondern der innere Zwang zum Empfangen im Vordergrund steht. Seit dieser Zeit können wir nicht anders: Wir beobachten das Verhalten anderer und versuchen, statistisch relevante Verhaltensmuster abzuleiten. Wir versuchen, die für uns komplex und chaotisch erscheinende Welt also durch die Identifizierung von allgemeinen Regeln vorhersehbarer und damit kontrollierbarer zu machen.

      Dieser Sicherheitstrieb zwingt uns demnach, zu beobachten, ob bei anderen auffälliges, noch nicht vorhersagbares (und dadurch verunsicherndes) Verhalten zu bemerken ist. Ist das der Fall, steigt sofort unsere Aufmerksamkeit: Wir beobachten noch genauer und versuchen, Gesetzmäßigkeiten zu erkennen. Ab einer gewissen Regelmäßigkeit des Wiederauftretens eines Ereignisses neigen wir nun dazu, an eine fixe Gesetzmäßigkeit zu glauben. Glauben wir, die Regeln erkannt zu haben, passen wir auch unser eigenes Verhalten entsprechend an. Wir kopieren in der Folge die Verhaltensmuster wichtiger Bezugspersonen. Daher ist beispielsweise Jammern so wunderbar ansteckend, weil wir aufgrund der Logik unseres Sicherheitstriebs dazu neigen, mit anderen „mit-zu-glauben“.

      Zusammenhänge müssen dabei zumindest sieben Mal beobachtbar sein, damit wir beginnen, an eine allgemeine Regel zu glauben. „Monte-Carlo-Syndrom“ nennt man dieses Phänomen. Im Casino ist unser inneres Statistik- und Vorhersageprogramm


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