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Der Geschichten-Adventskalender. Angelika RöbelЧитать онлайн книгу.

Der Geschichten-Adventskalender - Angelika Röbel


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wohnt?“

      Wie auf Kommando nickten die Kinder.

      „Dann würde ich euch vorschlagen, zu ihr zu gehen. Solltet ihr euch verfehlen und eure Großmutter hier nach euch suchen, kann ich sie beruhigen und ihr sagen, dass ihr bereits auf dem Weg zu ihrer Wohnung seid. Was haltet ihr von meinem Vorschlag, Kinder?“

      Sie fanden ihn gut.

      Der Weg war weit, denn Großmutter wohnte am anderen Ende der Stadt. Unterwegs klopften sie sich immer wieder gegenseitig den Schnee von ihren Mänteln und Mützen. Doch als sie am Weihnachtsmarkt vorbeikamen, nahmen sie sich etwas mehr Zeit und schauten sich die vielen Stände an. Überall roch es lecker nach Lebkuchen, Zimt, gebrannten Mandeln und Punsch. Am Ende des Weihnachtsmarktes wurden die letzten Reste von Weihnachtsbäumen verkauft. Lisa stupste ihre große Schwester in die Seite. Mit vorgehaltener Hand flüsterte sie: „Sarah, sieh dir mal den Mann dort drüben an. Der ist so klein wie ein Kind und hat einen Buckel wie eine Hexe.“

      Sarah lachte leise. „Du meinst sicher, wie ein Hexerich.“

      Nun lachten beide Mädchen.

      Der kleine Mann suchte sich einen Weihnachtsbaum aus. Aber die schönen Bäume waren bereits alle verkauft. Es gab nur noch solche, die keiner mehr haben wollte. Er wählte einen krummen Baum aus, der nicht viel größer war als er selbst. Er bezahlte und ließ ihn zusammenbinden. Der Verkäufer hob, mit halb gefrorenen Händen, den Baum auf die Schultern des kleinen Mannes.

      Unter der Last bemerkte er die Mädchen und ihm fiel auf, dass sie über ihn lachten. Obwohl Lisa und Sarah gut erzogen waren, konnten sie sich ihre Späße nicht verkneifen. Da der kleine Mann schon von vielen Menschen in seinem Leben gehänselt worden war, hatte er sich eigentlich fast daran gewöhnt. Aber es schmerzte doch jedes Mal sehr in seinem Herzen, denn er hatte Kinder sehr gern. Gerade heute, am Weihnachtstag, musste ihm wieder so etwas passieren, heute war doch das Fest der Liebe. Schwitzend von seiner Last, trottete er nach Hause. Die beiden Mädchen folgten ihm noch ein Stückchen und jedes Mal, wenn er sich zu ihnen umdrehte, steckten sie ihre kleinen Köpfe zusammen und kicherten. Er bog um eine Häuserecke, um einen anderen, aber weiteren Weg zu gehen. Er hatte Glück, die Kinder folgten ihm nicht. Durch diese Verzögerung würde er jedoch zu spät kommen, denn heute bekam er Besuch, auf den er sich schon den ganzen Tag freute.

      Lisa und Sarah hatten es dagegen nicht eilig. Sie bewarfen sich unterwegs mit Schneebällen und schauten sich die weihnachtlich geschmückten Auslagen in den Geschäften an. Hinter einigen Fenstern leuchteten bereits die Lichter von Weihnachtsbäumen. In der Tasche winselte der Welpe. Plötzlich wurde Sarah ernst und sagte zu ihrer Schwester: „Es ist schon dunkel. Großmutter wird sich ganz bestimmt Sorgen machen. Lass uns jetzt schnell zu ihr gehen.“

      Sie fassten sich an den Händen und gingen den noch weiten Weg zum Haus ihrer Großmutter, ohne zu bummeln. Als sie ihr Ziel erreichten, mussten sie feststellen, dass bei der Großmutter kein Licht im Fenster brannte. „Ob sie uns sucht? Oder hat sie vergessen, dass wir heute kommen?“, fragte Lisa ihre große Schwester.

      Diese hob ihre Schultern. „Komm, lass uns nachschauen. Vielleicht hat sie sich nur etwas hingelegt und das Licht gelöscht.“

      Das schwere Haustor war nur angelehnt. Sie gingen in den dunklen Flur. Da die Großmutter nur eine Treppe hoch wohnte, knipsten sie niemals das Licht an. Die Stufen in dem alten Haus knarrten eigentlich, aber Sarah und Lisa machten es sich jedes Mal zum Spaß, so leise wie nur möglich in die erste Etage zu gelangen. Bei jedem quietschenden Ton, den die Stufen von sich gaben, zählten sie mit. Sarah kam ohne ein Geräusch nach oben und bei Lisa knarrten sie nur einmal. Sarah drückte auf die Klingel. Das Geräusch erschreckte sie immer wieder. Als sich hinter der Tür nichts bewegte, drückte sie noch mal auf die Klingel. Wieder war es ganz still hinter der Tür.

      „Vielleicht ist sie zum Bahnhof gegangen und noch nicht wieder zurück!“, überlegte Lisa.

      Sarah nickte. „Das wird es wohl sein. Komm, wir setzen uns auf die Stufen und warten auf sie.“

      Die Tasche mit dem Welpen stellte sie neben sich. Der kleine Hund wurde unruhig und wollte heraus. Sarah machte den Verschluss nur ein kleines Stück auf und griff hinein, um ihn zu kraulen. Das gefiel ihm und er schlief ein.

      In der Nachbarwohnung waren Geräusche zu hören. Diese Wohnung war bisher immer leer gewesen, noch nie hatte darin jemand gewohnt. „Wer wird da eingezogen sein?“, flüsterte Sarah. „Wollen wir dort klopfen?“ Aber Lisa schüttelte ängstlich den Kopf. Also warteten sie weiter. Ihre Augen hatten sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt.

      „Sarah, mir ist kalt!“ Diese rutschte ganz dicht an ihre kleine Schwester heran, um sie mit ihrem Körper zu wärmen.

      Unter der fremden Tür krochen leckere Düfte hervor. Es roch appetitlich nach Bratäpfeln. Die Mägen der Mädchen fingen lautstark an zu knurren. Nun sahen sie unter der Tür auch noch mattes flackerndes Licht, auch leise Weihnachtsmusik war zu hören.

      „Da wurde gerade ein Weihnachtsbaum angezündet und dann riecht es so lecker! Dort kann kein böser Mensch wohnen, lass uns klingeln“, schlug Sarah vor. Da Lisa aus Angst nichts dazu sagte, stand Sarah auf und drückte zaghaft den Klingelknopf. Sie hörte Schritte näher kommen. Ein Schlüssel drehte sich im Schloss und die Tür wurde von einem Kind geöffnet. Sarah konnte das Antlitz des Jungen nicht erkennen, da hinter ihm ein Lichtschein war. „Entschuldigung“, sagte sie leise, „aber wir warten auf unsere Großmutter. Sie ist noch nicht da, wir haben uns sicher verfehlt. Könntest du bitte deine Eltern fragen, ob wir bei euch warten dürfen? Uns ist kalt.“

      Doch als das Kind antwortete, merkte Sarah, dass es gar kein Kind war. Eine tiefe Männerstimme sagte: „Na, da seid ihr ja endlich. Ich warte schon lange auf euch. Eure Großmutter ist heute Morgen auf der Treppe ausgerutscht und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Man wird ihren Fuß sicherlich mit einer Schiene ruhigstellen. Sie hat mich gebeten, euch aufzunehmen. Morgen Vormittag kommt sie wieder nach Hause.“

      Inzwischen stand Lisa neben Sarah. Beide Kinder hatten den Mund vor Staunen geöffnet und wussten nicht, was sie sagen sollten. Vor ihnen stand der kleine Mann, über den sie sich am Nachmittag lustig gemacht hatten. Sie schämten sich für ihr Benehmen. „Entschuldigung“, stammelten sie gemeinsam, „das war vorhin nicht böse gemeint. Wir …“

      Er unterbrach die Mädchen, bevor sie noch etwas Unüberlegtes sagten. Natürlich hatte auch er sie sofort erkannt. „Ich weiß gar nicht, wovon ihr redet. Sicherlich verwechselt ihr mich mit jemand anderem.“

      Sarah war sich sicher, dass er es war. Aber auch sie beließ es dabei. Der kleine Mann führte Lisa und Sarah in sein Wohnzimmer. Auf einem Tisch stand der krumme Weihnachtsbaum, den er vorhin gekauft hatte. Er war mit Kerzen und bunten Engeln geschmückt. Und das alte Grammofon spielte schöne Weihnachtslieder.

      „Setzt euch an den Tisch. Ich hole etwas Warmes zum Essen.“

      Lisa und Sarah nahmen am Tisch Platz. Er brachte eine Schüssel mit heißen Bratäpfeln. Hmm, das roch lecker! Als sie sich gestärkt hatten, stellte der kleine Mann eine Kiste auf den Tisch. Darin waren bunte Fäden und Stroh, Nadeln und eine Schere. „Jedes Jahr am Weihnachtsabend bastle ich einen Engel für meinen Weihnachtsbaum.“

      Sarah, die die schönen Engel bereits gezählt hatte, sagte: „Aber wieso sind das erst elf Stück?“

      Nun traten Tränen in die sanften Augen des kleinen Mannes. „Heute kommt der zwölfte Engel an den Baum. Vor zwölf Jahren ist am Weihnachtsabend mein treuer Gefährte überfahren worden. Er war so ein kluger Hund. Ihm konnte ich meine Sorgen anvertrauen und er hat niemals über mich gelästert, wie es die Menschen tun.“

      Betroffen sahen die Kinder an sich herunter.

      „Aber warum haben Sie sich nicht wieder einen Hund angeschafft?“, fragte Lisa schließlich.

      „Dafür habe ich kein Geld übrig“, erwiderte er traurig. Dann griff er in die Kiste. „Wollt ihr mir dabei helfen?“

      Freudig nickten die Mädchen. Das Grammofon war still geworden. Und um die momentane traurige


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