Tausend und eine Nacht. Max GeißlerЧитать онлайн книгу.
herkommen.«
Mit diesen Worten nahm der Fremde Abschied von Asem; aber als dieser seiner Mutter erzählte, was ihm begegnet war, warnte sie ihn sehr eindringlich und sagte: »Bist du nicht reich genug, da du unsere Bedürfnisse bestreiten kannst? Die Gier nach Gold hat schon viele ins Verderben gestürzt.«
Asem versprach der alten Frau, auf der Hut zu sein, und am Morgen traf er mit dem Fremden zusammen. Der erbat sich ein Stück schlechtes Metall, bestreute es mit einem gelben Pulver, sprach dazu ein paar geheimnisvolle Worte und warf es in einen Tiegel über dem Feuer.
Nach kurzer Zeit nahm er das Gefäß von der Flamme und ließ den erstaunten Asem einen Barren reinen Goldes sehen.
»Ich hoffe, Ihr seid nun überzeugt von meiner Kunst«, sagte er, »heute Abend will ich mit Euch essen und will Euch mein Geheimnis verraten.«
Der Alchimist sorgte für den Wein, und als sie sich bei Einbruch der Nacht zu Tische gesetzt hatten, hieß er den armen Asem so viel trinken, dass der bald auf dem Wege zu einem guten Rausche war.
Wie ihm so die Sinne allgemach schwanden, warf ihm der Gast ein Pulver in den Wein. Davon fiel Asem in einen tiefen Schlaf; und kaum war er auf das Lager gesunken, da erschienen vier Diener des Fremden und steckten den Schläfer in eine sargähnliche Kiste.
Diese Kiste wurde noch in der Nacht an Bord eines Schiffes gebracht, welches im Grauen des Tages die Anker lichtete und in die hohe See stach.
Als keine Gefahr mehr war, dass Asem entkommen konnte, träufelte ihm der Alchimist einige Tropfen einer Flüssigkeit in die Nase. Davon musste der Schläfer niesen und erwachte.
Aber wie bereute er, dass er dem klugen Rate seiner Mutter nicht gefolgt hatte!
Nach etlichen Wochen erreichten sie ein einsames Land; der Magier und Asem verließen das Schiff, und als sie sich ein Stück vom Strand entfernt hatten, zog der Alte eine kleine Trommel mit zwei Stöcken unter seinem Kleide hervor, wirbelte einen Marsch, und alsbald erhob sich ein wütender Sturm in der Wüste. Eine Staubsäule wirbelte daher, aber die Säule zerteilte sich, und drei Kamele schritten daraus hervor, die waren mit allen Vorräten zu einer langen Reise beladen.
Der Magier sagte, Asem solle ihn von nun an mit dem Namen Baram rufen; dann bestieg jeder ein Kamel, das dritte trabte nebenher, und so durchquerten sie die Wüste.
Am neunten Tage erblickten sie in der Ferne ein sehr schönes Schloss. Sobald der alte Magier die Türme erkannte, lenkte er vom Wege ab und trieb die Kamele zu schleuniger Flucht vorwärts.
Nach einigen Tagen kamen sie in ein sehr hohes, sehr starkes und sehr finsteres Gebirge. Eine tiefe Kluft trennte sie davon, und Asem erkannte, dass keine Möglichkeit sei, die schwarzen Berge zu besteigen.
Baram schlachtete das Lastkamel, weidete es aus und befahl Asem, in die Höhle des Bauches zu kriechen.
»Ich werde die Haut wieder zunähen«, sagte er, »aber ich will ein Loch lassen, damit du nicht erstickst. Nicht lange, und ein ungeheuer großer Vogel, der Roch, wird herbeikommen, das Tier mit seinen Klauen packen und dich auf den Gipfel des Berges tragen. Sobald du spürst, dass er dich niedergelegt hat, schlitze die Haut des Kamels auf und springe hervor. Dein plötzliches Erscheinen wird den Vogel so erschrecken, dass er davonfliegt. Alsdann fülle den Sack, welchen ich dir mitgebe, schnell mit dem schwarzen Staube, den du auf dem Berge finden wirst, knüpfe ihn an das Ende des Seiles, das ich in der Haut des Kamels verberge, und lass ihn herunter. Hierauf kannst du dich selbst anschleifen und auf dem gleichen Wege herabgleiten. Dann wollen wir uns wieder auf die Heimreise begeben.«
Asem ließ sich also in die Kamelhaut einnähen, der Vogel Roch kam und trug ihn auf den schwarzen Berg, der Befreite verscheuchte den Roch, sammelte den Staub in den Sack und ließ diesen am Stricke herab.
Aber kaum hatte Baram das Seil ergriffen, als er mit all seiner Kraft daran zog, um Asem herabzureißen und zu zerschmettern. Da musste Asem das Seil fahren lassen, um wenigstens für den Augenblick sein Leben zu retten.
Als er ihn um Mitleid anflehte, denn er sah seinen Tod vor Augen, höhnte ihn Baram und rief: »Gott verhüte, dass ich ein solcher Narr sei, einen Menschen mit mir zu nehmen, der mein Geheimnis verraten könnte! So wie dir ist es schon vierzig anderen ergangen, und nun bereite dich zu einem vergnügten Sterben.«
Dann schwang er sich auf sein Kamel und verschwand in der Wüste.
Asem sah die Nacht hereinbrechen und suchte sich zwischen den Felsblöcken ein Lager.
Als der Tag graute, ringelte sich eine riesige Schlange zwischen den Steinen daher, die den Verlassenen verschlingen wollte.
Asem, dessen Entsetzen aufs höchste gestiegen war, erfasste seinen Dolch und stieß ihn dem Ungeheuer in den Nacken, und die Schlange war auf der Stelle getötet.
Die ihm den Untergang gedroht hatte, ward seine Rettung; denn die Größe des gefräßigen Tieres brachte ihn auf den Gedanken, ihm den Balg abzuziehen und daraus lange Riemen zu schneiden; damit wollte er sich vom Felsen herablassen.
Er machte sich auch sogleich ans Werk und kam damit zustande.
Nach einigen Versuchen glitt er an dieser Leine aus Schlangenleder hinab und wanderte fort bis zum Abend.
Neun Tage lang nährte er sich von den Früchten, die ihm die Stauden am Wege boten; da erblickte er wieder das schöne Schloss, vor dem der Magier geflohen war. Goldene Säulen trugen glänzende Dächer, und zahllose Vögel füllten die Gärten ringsumher mit ihrem Gesange.
Asem schritt durch einen herrlichen Vorhof, trat in einen Saal und fand zwei junge schöne Mädchen beim Schachspiel.
Und als er sie fragte, ob er hier bleiben könne, sagten sie mit Freuden ›ja‹ – doch müsse er ihnen helfen, die Arbeiten im Palaste zu verrichten.
Dazu war Asem gern bereit.
Eines Tages sah er in den Gärten einige Gespielinnen jener Mädchen, die von weither gekommen waren. Sie trieben goldene Bälle und silberne Reifen über das kurze Gras, und eins dieser fremden Mädchen gefiel Asem so gut, dass er sagte: ohne die schöne Jungfrau wolle er hinfort nicht leben.
Da sprach die eine seiner Freundinnen: »Diese Schöne ist die Königin der fliegenden Inseln. Auch sie wird gern dein Weib werden, wenn es dir gelingt, ihren Schleier zu rauben, den sie ins Gras gelegt hat; denn dann muss sie hier im Schlosse bleiben.«
Das ließ sich Asem nicht zweimal sagen; er brachte den Schleier an sich, und weil die junge Königin der fliegenden