Kreta Reiseführer Michael Müller Verlag. Eberhard FohrerЧитать онлайн книгу.
km lang und 5-6 km breit ist die Lassíthi-Ebene. Angebaut werden vor allem Kartoffeln, Weizen Äpfel, Birnen und verschiedene Gemüse. Insgesamt 21 Dörfer liegen hier, verbunden durch eine Straße, die im weiten Bogen um die Ebene herumführt. Alle Orte sind an die unteren Berghänge gebaut - zum einen, um möglichst wenig kostbares Ackerland zu verschwenden, vor allem aber wegen der alljährlichen Überschwemmungen zur Zeit der Schneeschmelze im Frühjahr. Von den umgebenden Zweitausendern werden dann solche Wassermassen hinunter gespült, dass die gesamte Ebene oft meterhoch überschwemmt ist und ein riesiger See entsteht. Nur die Obstbäume und Gerüste der Windräder ragen noch heraus. Wenn das Wasser absickert, sammelt es sich im Kalkgestein unter der Ebene in riesigen Hohlräumen, die durch Spalten mit der Oberfläche verbunden sind. Mit den oben erwähnten Motorpumpen wird es dann wieder heraufgepumpt und zur Bewässerung verwendet, bei Ágios Konstantínos gibt es aber auch zwei seeförmige Wasserspeicher. Auch die umgebenden Bergketten bestehen aus hellem Marmorkalkstein, höchster Berg ist mit 2148 m der Díkti (auch Kakó Kefalí genannt, wörtlich übersetzt: „Schlechter Kopf“) genau im Süden. Der benachbarte Aféndis Christós ist 7 m niedriger.
Trotz genügend Wasser, Fruchtbarkeit und üppiger Vegetation können es die Bauern der Lassíthi-Ebene nur zu bescheidenem Einkommen bringen. Vor allem die starke Parzellierung des Landes verhindert Wohlstand. Die schlichten Dorfhäuser sind aus groben Bruchsteinen errichtet, es gibt kaum Neubauten und nur wenige Autos. Die Touristen bringen zwar Geld, aber nur selten bleibt jemand länger als für einen Tagesausflug.
Geschichte
Wegen ihrer Fruchtbarkeit war die Lassíthi-Ebene schon vor 5000 Jahren besiedelt. Auch aus minoischer Zeit hat man Siedlungsreste und Kultstätten entdeckt, u. a. die sagenhafte Zeus-Höhle. Nach der Eroberung Kretas durch die Dorer war die Ebene ein ideales Rückzugsgebiet der minoischen Bevölkerung und wahrscheinlich durchgehend besiedelt.
Auch als die Venezianer im 13. Jh. die Insel besetzen, ziehen sich kretische Aufständische in diese natürliche Festung mit ihren gewaltigen Mauern zurück. 1263 stürmen die Venezianer das Widerstandsnest, genannt „Spina nel cuore di Venezia“ (Stachel im Herzen Venedigs), vertreiben alle Bewohner und machen die gesamte Ebene zur Sperrzone. Wer es wagt hinaufzusteigen, wird mit dem Tod bestraft. Über 200 Jahre wird die Lassíthi-Hochebene zur einsamen Bergwildnis, nur gelegentlich verirren sich Hirten mit ihren Herden hierher.
Ende des 15. Jh. gehen den Venezianern die Getreidevorräte aus und in aller Eile werden Landwirtschaftsexperten beauftragt, das Schwemmland wieder zu kultivieren. Innerhalb weniger Jahre durchzieht ein schachbrettartiges Kanalsystem das Plateau. Die urbar gemachten Felder werden an Kreter und Flüchtlinge vom Peloponnes zwangsverpachtet. Ein Drittel ihrer Ernte müssen sie künftig an die Venezianer abliefern. Das venezianische Bewässerungssystem hat bis heute Bestand.
Im 18. und 19. Jh. wird die Ebene noch einmal Zufluchts- und Sammelort kretischer Widerstandskämpfer, diesmal gegen die Türken, sie wird das ostkretische Pendant zur Sfakiá im Westen. Der Belagerungszustand ist jetzt Alltag, die Häuser werden zu kleinen Festungen umgebaut, eins ist noch erhalten (→ Ágios Geórgios). Bis 1867 können alle Angriffe abgewehrt werden, Manolis Kazanis ist der Anführer der Aufständischen. Dann zieht der gefürchtete Ismael Ferik Pascha mit einer Armee von fast 40.000 Türken und ägyptischen Hilfstruppen herauf. Sie metzeln alles nieder, was ihnen vor die Säbel kommt und machen die Dörfer dem Erdboden gleich. Das Tragische: Ismael selber ist Kreter aus der Lassíthi-Ebene, er wurde als Kind gefangen, nach Kairo verschleppt, dort zum fanatischen Muselman erzogen und schaffte den Aufstieg bis zum Kriegsminister.
Praktische Infos
Anfahrt mit eigenem Fahrzeug Zwei durchgehend asphaltierte Straßen mit mehreren Zufahrten von der Nordküste steigen in die Lassíthi-Ebene hinauf:
Die erste zweigt westlich von Liménas Chersonísou von der Straße Iráklion - Mália ins Bergland ab, Zufahrten gibt es aber auch ab Stalída über Mochós und von Mália nach Krási. Über den Pass von Ambélos erreicht man zunächst Tzermiádon, den Hauptort der Ebene.
Die zweite Straße führt von Osten herauf und hat zwei Zufahrten: aus Richtung Ágios Nikólaos kommend und von Neápolis, das zwischen Mália und Ágios Nikólaos liegt. Bei Ágios Konstantínos trifft man auf die Straße rund um die Ebene.
Die frühere Schotterpiste, die im Süden von Émbaros über Katofígi die Ebene erreicht, ist nun durchgehend asphaltiert und gut ausgebaut.
Anfahrt mit dem Bus Die wenigen Busse von Iráklion (etwa 3-4 x wöch., Fahrtzeit ca. 2 Std.) fahren auf der Straße hinauf, die westlich von Liménas Chersonísou abzweigt. Auch von Ágios Nikólaos fährt man auf dieser Strecke (1-2 x wöch.) Fahrtzeit ca. 1:30 Std.). Alle Busse fahren über Ágios Geórgios nach Psichró mit der berühmten Höhle Diktéon Ándron (Geburtshöhle des Zeus).
Achtung: Erkundigen Sie sich genau nach den Abfahrtstagen und Uhrzeiten für Hin- und Rückfahrt! Sonst kann es passieren, dass man auf der Ebene festhängt.
Von Liménas Chersonísou auf die Lassíthi-Ebene
Landschaftlich imposant und viel Interessantes am Weg, das einen kurzen Stopp lohnt. Zunächst folgt man der beschilderten Abzweigung westlich von Liménas Chersonísou. Bald passiert man das große Spaßbad „Acqua Plus“ (www.acquaplus.gr) und die schön angelegte 18-Loch-Anlage des „Crete Golf Clubs“, neben einem 9-Loch-Platz in Eloúnda der bislang einzige Golfplatz Kretas (www.cretegolfclub.com).
Kurz nach dem Abzweig zur Provinzstadt Kastélli (→ Link), wo im grünen Talgrund des Flusses Aposelémis einige Tavernen auf Gäste warten, stehen rechts neben der Straße die Reste eines großen römischen Aquädukts. Er transportierte einst die Wassermassen aus den Lassíthi-Bergen in die Hafenstadt Liménas Chersonísou. Diese Strecke nach Kastélli führt durch üppige Olivenhaine und ist besonders reizvoll zu fahren.
Wasser für Iráklion und Ágios Nikólaos
Der künstliche Aposelémis-See zwischen Potamiés und Avdoú staut das von der Lassíthi-Hochebene kommende Wasser des Flusses Aposelémis und dient so als Reservoir für Iráklion und Ágios Nikólaos und die großen Urlaubsorte an der Nordküste. Er wurde trotz heftiger Proteste durch Bevölkerung und Umweltgruppen angelegt, das Dorf Sfendíli wurde dabei überflutet, seine Bewohner hat man entschädigt und umgesiedelt.
Die Straße in Richtung Lassíthi-Hochebene folgt im Weiteren der Aposelémis-Schlucht durch das Tal von Lagáda, in dem ein großer Stausee angelegt wurde. Ab Potamiés wird die Straße westlich um den See herum geleitet.
Potamiés
Kurz vor dem Ort ist das Kloster Moní Panagías Gouverniótissas an der Straße ausgeschildert. Die ummauerte Anlage wurde vor Kurzem restauriert, es gibt einen großen Parkplatz (viele Busse), ein schönes, kleines Museum, einen Laden und eine Cafeteria. Im Inneren der Kreuzkuppelkirche sind Wandgemälde aus dem 14. Jh. erhalten. Das Fest der Panagía wird am 15. August gefeiert.
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