Mein Beruf – meine Zukunft. Christian HenriciЧитать онлайн книгу.
bei der Gestaltung von Praxisgemeinschaftsverträgen sind zentrale Fragestellungen wie beispielsweise die Rechtsfolgen des Ausscheidens durch Berufsunfähigkeit und Tod zu berücksichtigen. Die Gefahr einer „stillen“ Übernahme der Praxis durch den oder die am Standort verbleibenden Gesellschafter ist hierbei besonders hoch.
Mitte der 1990er Jahre geriet die Praxisgemeinschaft als Kooperationsform ins Zwielicht, nachdem zahlreiche Fälle bekannt wurden, in denen Gemeinschaftspraxen (Berufsausübungsgemeinschaften) in Praxisgemeinschaften umgewandelt wurden, die Zahnärzte ihre ursprüngliche Kooperation jedoch in ihrer bisherigen Form unverändert fortführten.29 Es handelt sich hierbei um den Fall, dass weder nach der vertraglichen Gestaltung noch nach der insoweit maßgeblichen tatsächlichen Umsetzung der Kooperation eine gemeinschaftliche Berufsausübung festgestellt werden kann. Vielmehr wird ein „Gewinnpooling“ vorgenommen und im Ergebnis ein Missbrauch der Gestaltungsform indiziert. Dieses Phänomen der sogenannten „Schein-Praxisgemeinschaft“ führte damals wie heute zu dem Verdacht, eine „Optimierung“ dahingehend zu bezwecken, die für Berufsausübungsgemeinschaften vorgesehenen Abrechnungsbeschränkungen zu umgehen.
Auch die Wahl, die zahnärztliche Tätigkeit in Einzelpraxis auszuüben und sachliche und personelle Ressourcen im Rahmen einer Praxisgemeinschaft mit anderen Zahnärzten zu nutzen, muss nicht „in Stein gemeißelt sein“. So wie sich der Lebensplan eines Menschen ändern kann, so können sich auch die beruflichen Gegebenheiten ändern. Vor der Umsetzung der Entscheidung zu einer Niederlassung sollte dies nicht aus dem Blick gelassen werden. Bei der vertraglichen Gestaltung ist es somit wichtig, bei aller notwendigen Festlegung und Absicherung auch Spielraum für etwaige Veränderungen zu berücksichtigen.
Insofern sollte sowohl die Gründung als auch der Fall einer Trennung oder Veränderung der Kooperationsform (zum Beispiel der Wechsel aus oder in eine Berufsausübungsgemeinschaft) zwingend sowohl anwaltlich als auch durch einen auf den medizinischen Bereich spezialisierten Steuerberater begleitet werden.
Insbesondere in der Gründungsphase ist darauf zu achten, dass viele Banken die gesamtschuldnerische Haftung sämtlicher Gesellschafter für die Gesamtfinanzierung voraussetzen; dies ist aber vor allem für lediglich mit Teil-Versorgungsauftrag tätige Zahnärzte nicht zu rechtfertigen und kann existenzbedrohende Auswirkungen haben. Es ist daher unablässig, bereits im Vorfeld der Existenzgründung die maßgeblichen Stellschrauben zu setzen.
(Zahn-)Medizinische Versorgungszentren
Die weitere Kooperationsform „Medizinisches Versorgungszentrum“ wurde mit dem GKV-Modernisierungsgesetz im Jahre 2004 als neue, gleichberechtigte Teilnahmeform ärztlicher ambulanter Leistungen neben dem selbstständigen, freiberuflich tätigen Arzt eingeführt.30
Nach der Legaldefinition des § 95 Abs. 1 Satz 2 SGB V sind Medizinische Versorgungszentren (MVZ) (zahn-)ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen (Zahn-)Ärzte als Angestellte oder Vertragszahnärzte tätig sind.
Gründungsberechtigt sind gem. §§ 95 Abs. 1a SGB V zugelassene (Zahn-)Ärzte, zugelassene Krankenhäuser, Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 SGB V, gemeinnützige Träger, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen sowie Kommunen.
Die Gründung ist nur in der Rechtsform einer Personengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich-rechtlichen Rechtsform möglich.
Im Vergleich zur Einzelpraxis wird bei einem MVZ nicht der Vertragszahnarzt zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen, vielmehr wird die Zulassung dem medizinischen Versorgungszentrum durch den zuständigen Zulassungsausschuss bei Vorliegen der Voraussetzungen auf Antrag hin erteilt.
Während die Zahl der MVZ im ärztlichen Bereich von ursprünglich 70 zugelassenen MVZ Ende 2004 auf 3.539 MVZ Ende 2019 gestiegen ist31, waren rein zahnärztliche MVZ zunächst die Ausnahme. Ende 2015 existierten im vertragszahnärztlichen Bereich lediglich 46 MVZ mit 221 angestellten Zahnärzten32. Mittlerweile stieg die Zahl der rein zahnärztlichen MVZ in Deutschland von 437 Ende 2007 zum Ende 2019 auf 904 an.33
Der sprunghafte Anstieg der rein zahnärztlichen MVZ ist auf die im Rahmen des Versorgungsstärkungsgesetzes erfolgte Streichung der Gründungsvoraussetzung „fachübergreifend“ zurückzuführen.
In der Berufspolitik wird seit jeher eine zunehmende Industrialisierung des Gesundheitswesens befürchtet und Maßnahmen der Eindämmung diskutiert. Während es im III. Quartal 2018 nach Angaben der KZBV 75 MVZ mit Investorenbeteiligung gab, ist die Zahl der zahnmedizinischen Versorgungszentren, die von externen Kapitalgebern finanziert werden, im III. Quartal 2019 auf 169 gestiegen.34
Mit Blick auf eine Eindämmung der zunehmenden Industrialisierung wurde im Rahmen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) vom 11.05.2019 mit § 95 Abs. 1b SGB V eine Einschränkung der Gründungsbefugnis von Krankenhäusern für zahnärztliche MVZ (Z-MVZ) hinsichtlich der Versorgungssituation im jeweiligen Planungsbereich eingeführt. Die Gründungsbefugnis von Krankenhäusern ist demnach von der Wahrung bestimmter Versorgungsanteile abhängig, die durch die von einem Krankenhaus betriebenen Z-MVZ maximal erreicht werden dürfen. Das Gesetz sieht eine Staffelung nach dem Versorgungsgrad des jeweiligen Planungsbereiches vor: in grundsätzlich bedarfsgerecht versorgten Planungsbereichen (dies entspricht einem Versorgungsgrad von 50 bis 109,99 %) beträgt der zulässige Versorgungsanteil in dem betreffenden Planungsbereich maximal 10 %, mindestens jedoch fünf Z-MVZ-Sitze/Zahnarztstellen; ab einem Versorgungsgrad von 110 %, d. h. im überversorgten Planungsbereich reduziert sich der zulässige Versorgungsanteil auf maximal 5 % und erhöht sich im unterversorgten Planungsbereich (dies entspricht einem Versorgungsgrad von unter 50 %) auf maximal 20 %. Inwieweit die mit Einführung des § 95 Abs. 1b SGB V ergriffenen Einschränkungen greifen werden und die seitens der Berufspolitik befürchtete zunehmende Industrialisierung eingedämmt werden kann, bleibt abzuwarten.
Es ist grundsätzlich nicht erforderlich, dass der Gründer selbst im medizinischen Versorgungszentrum tätig sein muss, es können auch ausschließlich angestellte Zahnärzte tätig sein, die in das Zahnarztregister eingetragen sind.
Angestellte Zahnärzte werden im MVZ auf der Grundlage eines sozialversicherungspflichtigen Anstellungsverhältnisses tätig, welches den üblichen zivil-, arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen folgt.
Grundsätzlich bedarf die Beschäftigung des angestellten Zahnarztes der vorherigen Genehmigung durch den zuständigen Zulassungsausschuss auf der Grundlage des jeweiligen Anstellungsvertrages. Eine nachträgliche Genehmigung ist grundsätzlich nicht möglich. Die in dem MVZ angestellten Zahnärzte werden Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung, wenn sie mindestens 10 Wochenstunden beschäftigt sind (§ 77 Abs. 3 Satz 2 SGB V).
Der Weg in die Anstellung
Viele Zahnärzte haben unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Lebensplanung aber auch entschieden, dass eine Selbstständigkeit, egal in welcher Form, nicht für sie in Betracht kommt. Andere haben jahrelang als selbstständiger Zahnarzt gearbeitet und möchten sich dahingehend verändern, sich zukünftig anstellen zu lassen.
Für viele Praxisabgeber kann der Weg in die Anstellung aber auch eine willkommene Chance sein, in reduziertem Umfang tätig zu werden und den die Praxis übernehmenden Zahnarzt noch für eine bestimmte Zeit zu unterstützen.
Vor dem Hintergrund, dass es aktuell für viele Praxisabgeber schwierig ist, geeignete Nachfolger zu finden, ist die Anstellung eines potentiellen Nachfolgers für beide Seiten von Vorteil: der die Abgabe seiner Praxis planende Zahnarzt hat die Möglichkeit, einen jungen Kollegen