Erziehen nach Montessori für Dummies. Noemie d'EsclaibesЧитать онлайн книгу.
Montessori erkannte auch, wie sehr das Kind die Stille schätzt, deshalb erfand sie viele Spiele rund um die Stille. Diese ruhige und stressfreie Atmosphäre ermöglicht es dem Kind auch, sich auf sich selbst zu konzentrieren und besser zu verstehen, wer es ist, wie es sich fühlt und was es braucht. Sich selbst gut zu kennen, ist von größter Bedeutung, um erfüllt aufzuwachsen. Stille ist ein grundlegendes Element der Montessori-Atmosphäre.
Eine ruhige Umgebung für die Konzentration
Maria Montessori hat verstanden, dass ein Wesen, das sich zu konzentrieren weiß, sein Lernen in den Vordergrund stellt. Wer als Kind und später als Erwachsener trotz Schwierigkeiten an seiner Arbeit bleibt, kann eigene Lösungen finden. Die Fähigkeit der Konzentration ist die Basis allen Lernens. In einer ruhigen und aufgeräumten Umgebung können sich Kinder selbst im jüngsten Alter lange konzentrieren. Dies gelingt schon einem Baby für mehrere Minuten, wenn die Umgebung vom Erwachsenen geeignet vorbereitet wurde (siehe Kapitel 3).
Den Ausgangspunkt für die Spiele um die Stille stellt ein Ereignis dar, das im ersten Kinderhaus in San Lorenzo stattgefunden hat. Maria Montessori kam mit einem 4 Monate alten Baby in das Klassenzimmer und fragte die Kinder, ob sie genauso leise sein könnten wie dieses Baby, von dem man nur ein leichtes Atmen hörte. So begann alles: Die Kinder hatten Spaß an dieser Herausforderung.
Anschließend hat Maria Montessori weitere Aktivitäten zum Thema Stille eingeführt. Eine davon besteht darin, alle Kinder nacheinander zu rufen, indem ihr Name geflüstert wird. Sie müssen sehr aufmerksam sein, um zu erkennen, wann sie zum Erzieher kommen sollen. Eine weitere Übung ist, die Kinder bei einer Versammlung im Kreis oder in einer Ellipse zu bitten, auf alle Umgebungsgeräusche zu achten. Sie sind dann sehr konzentriert und freuen sich, die verschiedenen Geräusche zu hören.
Lernen, auf der Linie zu gehen
Wenn man in ein Montessori-Klassenzimmer kommt, entdeckt man häufig eine Linie in Form eines Kreises oder einer Ellipse auf dem Boden. Diese Linie hat eine ganz bestimmte Bedeutung. Sie gestattet den Kindern, allgemeine Übungen für die Motorik durchzuführen, wie beispielsweise »auf der Linie gehen«. Die gemeinsame Versammlung findet ebenfalls auf der Linie statt. Die Kinder sitzen der Größe nach geordnet auf dieser Linie, ruhig und konzentriert, und tauschen sich mit dem Erzieher über verschiedene Themen aus.
Die Mischung der Altersgruppen
Ein weiterer grundlegender Aspekt in einer Montessori-Umgebung ist, dass dort Kinder unterschiedlicher Altersstufen zu finden sind. In manchen Einrichtungen findet man Kinder zwischen 0 und 3 Jahren, in den Schulen Umgebungen für 3 bis 6 Jahre, 6 bis 9 Jahre, 9 bis 12 Jahre und so weiter.
Diese Altersgruppen wurden abhängig vom Entwicklungsstadium des Kindes gewählt. Die jüngsten, die alles beobachten, was in ihrer Umgebung passiert, lernen viel und kommen voran, wenn sie sehen, was die älteren Kinder machen. Häufig werden sie dazu angeregt, sich ein Ziel zu setzen, weil sie stimuliert werden, und zwar ganz nach ihren eigenen Interessen, und nicht, weil ein Erwachsener sie anleitet. Durch die Beobachtung der größeren Kinder wissen sie häufig schon, wie mit bestimmtem Material umzugehen ist, ohne dass sie dazu die Hilfe des Erwachsenen benötigen. Wenn sie einen Kameraden bei einer Aktivität beobachten, wie beispielsweise Lesen zu lernen oder bestimmte Aufgaben zu erledigen, empfinden sie dieses Ziel als leicht erreichbar, und sie sehen klar, welche Etappen notwendig sind, um es zu erreichen.
Die größeren wiederum lernen Sensibilität und respektieren den Unterschied aufgrund des Alters der Jüngeren. Sie sind sich bewusst, dass sie mit gutem Vorbild vorangehen müssen, weil die Jüngeren ihre Handlungen oft nachmachen. Das ist sehr wichtig für sie, weil sie wissen, dass sie eine Aufgabe haben, einen Einfluss auf andere menschliche Wesen. Sie freuen sich, den Jüngeren zu helfen, sie zu begleiten und ihnen zu zeigen, wie Dinge gemacht werden.
Kapitel 4
Das Kind ist der Lehrer
IN DIESEM KAPITEL
Die Rolle des Erwachsenen und seine Vorbereitung
Die sensorische Erziehung
Freiheit und Disziplin
Einzelarbeit: Selbstständigkeit und Selbstvertrauen
Eine der großen Veränderungen durch die Montessori-Methode ist, dass dem Erwachsenen eine völlig neue Rolle zuteilwird. Dies ist eine echte Revolution, wobei alle Mechanismen infrage gestellt werden, auf denen bisher alle sozialen Beziehungen in den westlichen Gesellschaften basierten. Der Erwachsene soll nicht mehr der autoritäre Lehrer sein, der all die Wahrheit vorgibt, die das Kind nicht anzweifeln darf.
Der Erwachsene, egal ob Eltern oder Erzieher, muss sich zurückziehen. Er muss das Kind einfach beobachten, um die Umgebung an dessen Entwicklung und Bedürfnisse anzupassen, damit das Kind selbst agieren und nach seinen eigenen Vorlieben Fortschritte machen kann. Er muss es begleiten und darf nicht mehr davon ausgehen, dass der Fortschritt des Kindes nach seinen Vorstellungen stattfinden muss. Der Erwachsene muss dem Kind Anleitung geben, Hilfe bei der Entwicklung und diese Rolle mit der größten Freundlichkeit, dem größten Respekt und der größten Liebe erfüllen, weil er verstehen muss, dass die gesamte Zukunft des Menschen im Kind liegt.
Eine neue Betrachtungsweise
Das Kind versucht, das Verhalten der Erwachsenen zu erkennen und nachzumachen. Aus diesem Grund müssen sich diese darüber bewusst sein, welchen Einfluss sie auf die Kinder haben. Jede ihrer Gesten, ihrer Gesichtsausdrücke, ihrer Haltungen muss reflektiert, maßvoll und gewichtet erfolgen. Die Gesten müssen ausreichend langsam sein, damit das Kind sie beobachten und verinnerlichen kann, die Haltung muss ruhig und gesetzt sein, damit sich das Kind sicher fühlt und auf einer harmonischen und friedlichen Basis aufbauen kann.
Die Erwachsenen denken häufig, dass gerade die lebendigen Kinder, die von einer Aktivität zur nächsten wechseln, größte Intelligenz zeigen, während diejenigen, die ruhiger sind, beobachten, als zurückgezogene Wesen betrachtet werden, die lernen müssen, aus sich herauszugehen und mehr teilzunehmen. Aber auch die Kinder, die sich verhalten bewegen, die beobachten, bevor sie handeln, müssen mit viel Respekt behandelt werden; die Erwachsenen müssen sie in ihrem Rhythmus gewähren lassen und nicht auf sie einwirken, um zu versuchen, dieses oder jenes Muster zu erfüllen, das ihnen angemessener erscheint. Diese Kinder sind häufig diejenigen, die nicht aktiv werden, auch nachdem sie integriert sind, weil sie wissen, dass sie fertig sind, ohne sich beteiligen zu müssen. Sie kennen sich schon sehr genau und beweisen echte interne Disziplin, die sehr beeindruckend ist, und der Erwachsene sollte nicht versuchen, ihnen einen Rhythmus aufzuzwingen, der ihm selbst entspricht und nicht dem Kind. Der Erwachsene muss ein wohlwollender Beobachter sein.
Die Persönlichkeit des Kindes respektieren
Der Erwachsene muss das Kind mit dessen Persönlichkeit respektieren. Dazu muss er sich so weit wie möglich zurücknehmen, weil sich das Kind in seinem Willen, zu lernen, leicht von den Haltungen des Erwachsenen beeinflussen lässt. Wenn der Erwachsene nicht aufpasst, entwickelt das Kind leicht ein Schuldgefühl ihm gegenüber, oder den Willen, es immer besser und besser zu machen, wenn der Erwachsene ein unerreichbares Ideal darstellt. Es kann sich durch die zu starke Persönlichkeit des Erwachsenen klein fühlen, weil diese das Kind daran hindert, seinen eigenen Charakter zu finden.
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