Therapie in Aktion. Lothar KuschnikЧитать онлайн книгу.
zu kommen.
Beim aktiven Zuhören gibt es verschiedene Ebenen.
a. Ich kann den Inhalt genau wiedergeben (‚Du wirst kritisiert.‘).
b. Eine bessere Art, zuzuhören, ist es, wenn ich auf Tendenzen oder Muster achte (,Und das scheint dir immer so zu ergehen.‘). Eine Tendenz ist die Bereitschaft, auf bestimmte Situationen in einer bestimmten typischen Weise zu reagieren. Das basiert auf einem fast überall vorhandenen, ständigen Gefühl eines Menschen, das er überall herumträgt: ,Niemand kümmert sich darum, was ich meine. Ich mache es immer falsch. Ich verliere immer. Sie scheinen nie Notiz von mir zu nehmen.‘ Und so weiter. Diese Tendenzen bestimmen in einem hohen Grad, wie jemand in einer bestimmten Situation reagieren wird. Wenn wir diese Neigungen ansprechen können, bekommt unser Kontakt viel mehr Bedeutung. Wenn ich dir wiedergebe, was du gesagt hast und es neu formuliere, dann ist es wichtig, dieses in einem Tonfall zu tun, der zu verstehen gibt, dass ich das von dir Gesagte als für dich wahr akzeptiere. Wenn ich deine Darstellungen auf provokante Weise wiedergebe, werde ich höchst wahrscheinlich Abwehr hervorrufen und deinen Gedankenfluss stoppen.
Zum Beispiel:
Ich: „Glaubst du wirklich, dass sie dich kritisieren?“
Du: „Natürlich tun sie das. Sogar gestern …“
Und deine ganze Energie geht in die Verteidigung und Unterstützung deiner Darstellung.
Aktives Zuhören ist eine sehr wirksame Fertigkeit; besonders, wenn du über die Stufe des bloßen Nachplapperns plus der damit verbundenen Gefühle hinausgehst und stattdessen die Bedeutung des von deinem Klienten Gesagten zurück gibst.
Aktives Zuhören lernen
Am Anfang benutzt du vielleicht ein paar hilfreiche Redewendungen, um dein Feedback einzuleiten, wie: ,Moment mal, habe ich dich richtig verstanden …‘ Oder: ,Ich höre, dass du sagst …‘ Oder: ,So weit es dich betrifft …‘ Oder: ,Du verspürst …‘.
Später wirst du weniger mechanisch werden, das Wesentliche des Gesagten erfassen und dein Feedback so geben, dass der Fluss des Menschen, dem du zuhörst nur minimal unterbrochen wird. Etwa so: ,Das bestürzt dich‘, ‚Das sollten sie dir nicht angetan haben‘, ‚Im Nachhinein würdest du es lieber anders gemacht haben‘. Ein Feedback ist immer ein Versuch. Es ist immer fragend gemeint ,Geht es dir so damit?‘, anstatt zu sagen: ,So geht es dir damit!‘ Wenn du unsicher bist, kannst du fragen: ,Ist das richtig?‘ Oder: ,Ist das so stimmig für dich?‘ Wenn dein Feedback von dem Menschen, dem du zuhörst, nicht akzeptiert wird, stecke keine Energie rein, um zu beweisen, dass du Recht hast. Erkläre auch nicht, warum du gedacht hast, dass dies oder jenes so gemeint war; selbst dann nicht, wenn du glaubst, dass du Recht hast. Frage stattdessen nach, was wirklich gemeint war.
Verfeinertes Zuhören
Beim verfeinerten Zuhören richtest du deine Aufmerksamkeit auf das, was dem Gesagten zugrunde liegt, z. B. die damit verbundene Absicht.
Du: ,Das passiert mir immer.‘
Ich: ,Du würdest das gerne ändern.‘
Neuformulierung einer unangenehmen Situation in eine wünschenswertere aber noch nicht geschaffene.
Du: ,Ich kann den Kleinen nicht ausstehen.‘
Ich: ,Du würdest gerne anders für ihn empfinden.‘
Wenn du mit mir über Andere, und was sie mit dir machen, sprichst, habe ich die Wahl, ob ich die Anderen oder deinen Anteil dabei aufnehme, z.B.:
Du: ,Meine Eltern haben mich immer von vielen Sachen abgehalten. Sie hatten immer Angst, ich könnte in Schwierigkeiten kommen.“
Ich: ,Deine Eltern waren überbehütend.‘ (,Sie‘ in den Blick genommen)
Im Gegensatz dazu:
Ich: ,Du hast nie gelernt, etwas selbstständig zu machen.‘ (‚Dich‘ in den Blick genommen)
Die erste Herangehensweise könnte dich einladen, zu deinen Eltern zu gehen und daraus eine ,Ich Armer‘ - Geschichte zu machen. Das rückt deine Hilflosigkeit in den Vordergrund. Die zweite Version nimmt mehr auf, was du jetzt machst und spricht mehr deine Kraft und Stärke an.
Natürlich kann ich auch beides aufgreifen: ,Deine Eltern waren überbehütend und das führte dazu, dass du glaubst, du hättest noch nicht gelernt, genügend für dich selbst zu tun.‘ Das gibt dir dann Gelegenheit, das für dich in diesem Augenblick Wichtigste aufzugreifen und weiter zu verfolgen.“
Body Architecture (Darstellung mittels des Körpers)
„Hinter deinen Gedanken und Gefühlen, mein Bruder, steht ein mächtiger Gebieter, ein unbekannter Weiser - der heißt Selbst. In deinem Leibe wohnt er, dein Leib ist er.“
Friedrich Nietzsche, „Also sprach Zaratustra“
Das obige Zitat lädt uns zu zwei Anmerkungen ein. Einmal betont hier Nietzche die Weisheit des Leibes und zum Anderen macht er auf eine sprachliche Feinheit aufmerksam: die Unterscheidung zwischen Leib und Körper. Im deutschen Sprachraum benutzen wir umgangssprachlich meistens den Begriff Körper. In der Gestalttherapie unterscheiden wir den Begriff Leib im Sinne des beseelten oder zuständlichen Daseinsmodus vom Begriff Körper als gegenständlichen Daseinsmodus. Diese Unterscheidung gibt es im angloamerikanischen Sprachbereich nicht. Da sich aber der folgende Text zu einem großen Teil auf englische Quellen Krops stützt, möge der Leser hier „Body“ und „Körper“ immer im Sinne von „Leib“ verstehen (Zur Vertiefung dieses Themas: F.-M. Staemmler 2003)
Body Architecture bzw. Body Sculpting ist eine von John P. Krop entwickelte spezielle Form, den Körper als Metapher in der Begleitung von Menschen einzusetzen. Zunächst stellen wir die Verwendung dieses Ansatzes in der Einzeltherapie vor. In einem späteren Kapitel wird dargestellt, wie besonders effektiv diese Technik in der Paartherapie ist.
1. | Was ist Body Architecture / Body Sculpting? |
Mit Body Architecture (Körperdarstellen) wird der ganze psychotherapeutische Prozess bezeichnet: zunächst das Problem oder Anliegen zu benennen, dann das Problem/Anliegen als eine Skulptur bzw. Statue aufzubauen (Sculpting), diese zu besprechen, zu verändern und der ganze ,Tanz‘, der sich aus solch einer Initialskulptur entwickeln kann. Wenn man Body Architecture als einen Film betrachtet, ist Body Sculpting (Körpermodellieren) nur ein Einzelbild in diesem Film.
2. | Warum Body Architecture? |
Wenn wir nur sitzen und reden, können wir eher vermeiden, eine Position zu vertreten. Wenn wir aufstehen, wird es schwieriger, keine Stellung zu beziehen. Die Körpersprache ist nicht zu leugnen und macht das Erkennen und den Ausdruck von Gefühlen und Impulsen prägnanter, als die verbale Sprache es vermag. Was aber noch wichtiger für Veränderungsprozesse ist: Bei den meisten Menschen wirken Interventionen, die auch den Körper mit einbeziehen, viel stärker als die nur verbalen. Das Tun greift tiefer und wirkt ganzheitlicher als das bloße Reden. Gabriel Marcel: „Das Wohlgefühl, die Ruhe sind sprachlos; Liebenden versagt die Sprache; Worte sind für die eigentliche Verfassung der Existenz stets unzureichend.“ (zit. in F.-M. Staemmler, S. 43)
Neuere Theorien (Bandler & Grinder, „The Structure of Magic II; dt. „Kommunikation und Veränderung: Die Struktur der Magie II“) weisen auf, dass wir auf bestimmte bevorzugte Weise die Welt um uns erfahren und verarbeiten. Einige Menschen nehmen die Umwelt bevorzugt über ihre Ohren (auditiv), andere über ihre Augen (visuell) und wieder andere über ihren ganzen Körper (kinästhetisch) wahr. Wir erreichen den Anderen am besten, wenn wir von dessen bevorzugter Weise, die Welt wahrzunehmen, Gebrauch machen. Body Architecture spricht sowohl