Recht der Kreditsicherheiten. Peter BülowЧитать онлайн книгу.
Nicht der Grundeigentümer, BGH NJW 2000, 2021 mit Bspr. K. Schmidt, JuS 2000, 920 und Komm. Clemente, EWiR § 1191 BGB 2/2000, 1049; Clemente, ZIP 2011, 1937 (1943).
bb) Form der Abtretungserklärung
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Der Zedent muss sich durch die Kette von Erklärungen in beglaubigter Form ausweisen. Für den gutgläubigen Erwerb ist es unschädlich, wenn die Übertragung zwischen Zedent und letztem Erwerber in einfacher schriftlicher Form erklärt wird[1] (freilich kann er sich dann nicht gem. § 1160 legitimieren, nachf. Rn. 348 ff.). Wenn der Zessionar, der durch einfache schriftliche Übertragungserklärung wirklich Grundpfandrechtsinhaber geworden ist, das Grundpfandrecht weiterüberträgt, gilt folgendes: Die späteren Zessionare können sich nicht auf eine ununterbrochene Kette öffentlich beglaubigter Erklärungen stützen. Trotzdem können sie für den Fall, dass eine der einfach-schriftlichen folgende Übertragung fehlerhaft war, gutgläubig erwerben, nur muss die Wirksamkeit der einfach-schriftlichen Übertragungserklärung feststehen und gegebenenfalls bewiesen werden[2]; für diesen einen der Übertragungsakte reicht also Gutgläubigkeit nicht aus. Dagegen bedarf es für die Legitimation gem. § 1160 der Beglaubigung trotz gutgläubigen Erwerbs (s. nachf. Rn. 351). § 1155 ist auch dann anwendbar[3], wenn sich der Zedent zwar durch die ununterbrochene Kette ausweisen kann, eine der Unterschriften aber trotz Beglaubigung gefälscht ist – ein Zedent hat den Notar über seine Person getäuscht. Auch im Falle der Fälschung entsteht der Rechtsschein einer wirksamen vorangegangenen Übertragung, die den Rechtsverlust des wirklichen Inhabers rechtfertigt. Ebenso wie im Wechselrecht gem. Art 16 Abs. 2 WG[4] vergrößert die Verbriefung in einem Wertpapier das Risiko des Rechtsverlusts zugunsten der Verkehrsfähigkeit.
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Ein Grundpfandrecht kann im Wege der Zwangsvollstreckung gepfändet und gem. § 835 Abs. 2 ZPO dem Vollstreckungsgläubiger zur Einziehung überwiesen werden. Dieser Überweisungsbeschluss steht der öffentlich beglaubigten Übertragungserklärung gleich: so bestimmt es § 1155 Satz 2. Ist der Überweisungsbeschluss fehlerhaft, kann ein Redlicher das Grundpfandrecht dennoch erwerben, mit dem Beschluss in der Hand kann es der Nichtberechtigte wirksam übertragen.
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Gleichgestellt ist außerdem das öffentlich beglaubigte Anerkenntnis einer Legalzession. Beispiel dafür ist die Entstehung einer Eigentümergrundschuld durch Leistung des Grundeigentümers auf das Grundpfandrecht (nachf. Rn. 367). Der Erwerb ist ein gesetzlicher, der eintritt, ohne dass die Eintragung der Änderung im Grundbuch Voraussetzung wäre; einer Übertragungserklärung bedarf es gerade nicht. Die Kette der Zessionserklärungen ist mithin unterbrochen. Sie kann durch das Anerkenntnis des früheren Rechtsinhabers geschlossen werden.
Anmerkungen
Baur/Stürner, § 38 V. 2. a. (Rn. 33, S. 493); RGRK/Mattern, § 1155 BGB Rn. 14; a.A. MünchKomm/Lieder, § 1155 BGB Rn. 8; Westermann/Eickmann, § 104 IV 2 b, Rn. 13 (S. 809).
A.A. MünchKomm/Lieder, § 1155 Rn. 8, wie hier aber Westermann/Eickmann, § 104 IV. 2. b. Rn. 13 (S. 809) und Westermann, 5. Aufl., § 106 IV. 2. b. (S. 530).
RGZ 85, 58 (60/61); 86, 262 (263) und 93, 41, zur Scheinerklärung gem. § 17 BGB RGZ 90, 274 (278); Staudinger/Wolfsteiner, § 1155 BGB Rn. 13; RGRK/Mattern, § 1155 BGB Rn. 5; a.A. Baur/Stürner, § 38 V. 2. a. (Rn. 34, S. 493); Moltke, AcP 142 (1956), 257 (270) sowie noch Vorauflage Rn. 177.
Bülow, WG, ScheckG, AGB, Art. 16 WG Rn. 14.
cc) Divergenz zwischen Brief und Grundbuch
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§ 1155 beseitigt zugunsten des Redlichen den Mangel der Berechtigung in der Person des Zedenten. Der Erwerber darf sich aber nicht ausschließlich auf den Brief verlassen. § 1155 bewirkt ja nur, dass der Erwerber so behandelt wird, als sei der Zedent und Briefbesitzer im Grundbuch eingetragen. Es kann aber Divergenz zwischen Brief und Grundbuch bestehen. Folgt danach aus dem Brief die Unrichtigkeit des Grundbuchs, darf sich der Erwerber nicht auf den Grundbuchstand verlassen. Das bestimmt § 1140. Die Divergenz im Brief beseitigt den guten Glauben, sodass § 892 nicht anwendbar ist. Häufigstes Beispiel ist die Teilzahlung:
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Ist eine Hypothek für 10 000 € im Grundbuch eingetragen, sind aber 3000 € zurückgezahlt und wurde die Rückzahlung auf dem Brief quittiert (§ 1145 Abs. 1 Satz 2), so ist wegen der Differenz die Anwendbarkeit von § 892 ausgeschlossen. Nur hinsichtlich der noch valutierenden 7000 € ist der Erwerb möglich, also nur, soweit Grundbuch und Brief übereinstimmen. Sind im Beispiel also noch weitere 2000 € zurückgezahlt worden, ist die weitere Zahlung aber nicht auf dem Brief vermerkt worden, ist gutgläubiger Erwerb in Höhe von 7000 € möglich.
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Unanwendbar ist gem. § 1140 auch § 893. Der Eigentümer, der trotz Divergenz von Grundbuch und Brief nach Maßgabe des Grundbuchs an den vermeintlichen Gläubiger leistet, wird insoweit nicht frei, als die Divergenz besteht. Folgt also aus dem Brief, dass der im Grundbuch eingetragene Gläubiger nicht mehr Gläubiger ist, weil er das Grundpfandrecht übertragen hatte, zahlt der Eigentümer aber trotzdem an den Buchgläubiger, muss er nochmals an den wahren Gläubiger leisten und vom Buchgläubiger kondizieren. Ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs, der auf dem Brief vermerkt ist, wirkt wie ein gem. § 899 im Grundbuch eingetragener Widerspruch (§ 1140 Satz 2). Gutgläubiger Erwerb ist insoweit also ausgeschlossen, als gegen eine Tatsache auf dem Brief ein Widerspruch vermerkt ist, auch wenn der Widerspruch nicht im Grundbuch eingetragen ist (§ 892 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs.).
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§§ 41, 42, 57 Abs. 2, 62, 68 Abs. 2 GBO sollen gewährleisten, dass Grundbuch und Brief möglichst übereinstimmen, indem nachträgliche Grundbucheintragungen nur bei Briefvorlage vollzogen werden sollen.
aa) Durchbrechung der Akzessorietät
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§ 1155 schützt den guten Glauben an die materielle Berechtigung des Übertragenden, also daran, dass dieser wahrer Inhaber des Grundpfandrechts sei. Den guten Glauben an die Berechtigung an einer Hypothek kann aber nur haben, wer den – in Wahrheit Nichtberechtigten – zugleich für den Gläubiger der akzessorisch verbundenen Forderung hält. Der gute Glaube an die Zuordnung einer Forderung ist jedoch nicht geschützt. Zwar ist die Regelung in § 405, 1. Var. BGB insoweit vergleichbar, als mit Grundbucheintragung oder Hypothekenbrief ein äußerlich sichtbarer Umstand gesetzt wird, der ebenso wie eine Schuldurkunde geeignet ist, Vertrauen in die Gläubigerstellung des Zedenten zu erzeugen (vgl. vorst. Rn. 301). Die Voraussetzungen von § 405 sind im Falle der Hypothek aber zweifellos nicht gegeben. Das Gesetz geht mit § 1138 einen anderen Weg. Es ermöglicht den gutgläubigen Erwerb der Hypothek,