Die Brandschutzdokumentation. Suad SemicЧитать онлайн книгу.
Präventivkontrolle (Abschn. 5.4) werden unter anderem die betriebsbezogenen Anpassungspflichten und die Beachtung der wiederkehrenden Prüfungen durch Bauaufsichtsbehörde überprüft. Der Eigentümer/Betreiber muss entsprechende Unterlagen haben, die das Vorliegen vorgenannter bauordnungsrechtlicher Anforderungen belegen.
Die Dokumentation ermöglicht also die Nachverfolgbarkeit und die Nachvollziehbarkeit in der Belegung von Baumaßnahmen und trägt hierdurch maßgeblich zum Nachweis der rechtsmäßigen Errichtung des Gebäudes bei bzw. bestätigt deren Sollzustand. In der Nutzungsphase ist die Dokumentation als Bezugsquelle unter anderem für die Vermeidung von Informationsverlusten von praktischer Bedeutung bzw. hat die Funktion eines Nachschlagewerks, eines Leitfadens und liefert somit Aufschlüsse über Geometrie des Gebäudes, Baukonstruktionen, Leistungsfähigkeit der Bauteile, Rettungswege oder wiederkehrende Prüfungen.
Auch im Fall einer späteren Lebenszyklusphase des bestandsgeschützten Gebäudes, etwa beim Umbau, Erweiterung oder Aufstockung des Gebäudes, spielen die genehmigten Unterlagen wichtige Rollen bzw. erleichtern den Vollzug erheblich. Sehr problematisch ist, wenn der Bauplanungsprozess erschwert wird, nämlich wenn die Bestandsdokumentation die notwendigen Angaben nicht geben kann, sachlich falsch ist oder im Ganzen fehlt. In diesen Fällen ist eine detaillierte Bestandsaufnahme und Erstellung von Bestandsunterlagen absolut unumgänglich, auch wenn dies mit erheblichem Arbeitsaufwand und hohem ingenieurtechnischen Sachverstand verbunden ist. Die genaue Erfassung der Bausubstanz, nämlich deren Gründung, tragende und nichttragende Konstruktionen, technische Ausrüstung, Außenanlage usw., ist die Voraussetzung für weitere Planungen. Es muss dabei mit der Bauaufsichtsbehörde geklärt werden, auf welchen Grundlagen die erforderlichen Unterlagen zu erstellen sind und wie in diesem Zusammenhang mit dem Bestandsschutz im Sinne des Art. 54 BayBO zu verfahren ist.
Außerordentlich problematisch und von großer Praxisrelevanz sind Gebäude, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet, geändert oder genutzt werden, die also keinen Bestandsschutz genießen und wenn die Bauaufsichtsbehörde aufgrund ihr bekannt gewordenen Tatsachen entsprechend Art. 76 BayBO handeln muss, nämlich die Beseitigung des Gebäudes anordnen und die Nutzung untersagen, naturgemäß nur dann, wenn die Legalisierung nicht auf andere Weise hergestellt werden kann, etwa durch die nachträgliche Baugenehmigung, soweit das Gebäude genehmigungsbedürftig ist.
In diesem Fall muss ein neuer Bauantrag gemäß Art. 64 BayBO, unter Berücksichtigung der aktuell geltenden bauordnungsrechtlichen Anforderungen, gestellt werden. Dies bedeutet, dass alle für die Beurteilung des rechtsmäßigen Zustands erforderlichen Unterlagen mit dem Bauantrag bei der Bauaufsichtsbehörde einzureichen sind. Welche Unterlagen bzw. Bauvorlagen damit gemeint sind, wird in Kap. 2 ausführlich dargestellt. Solche Szenarien dürften eigentlich in der Praxis nicht vorkommen, können allerdings nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
1.4.2 Wirtschaftliche Vorteile
Wer wirtschaftliche Ziele bei den Gebäuden verfolgt, muss alle in diesem Handbuch angesprochenen Unterlagen spätestens vor Nutzungsaufnahme (Abschn. 4.7), die eine wichtigste Zäsur darstellt, zusammenstellen und fortführen. Ein nachvollziehbar dokumentiertes Gebäude trägt zum nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg bei. Der Bauherr/Eigentümer darf den Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit nicht außer Acht lassen und sollte sich immer der Tatsache bewusst sein, dass die Dokumentation in Bezug auf sämtliche, brandschutztechnisch relevanten Tätigkeiten im Gebäude den verbindlichen Abschluss bildet bzw. bilden soll.
Beginn jeder Begutachtung des Gebäudes ist die kritische Inaugenscheinnahme des Gebäudes und die Überprüfung der Brandschutzdokumentation anhand der in Abschn. 1.4.4 genannten Qualitätsmerkmale. Es muss im Endeffekt damit gerechnet werden, dass die Vollständigkeit und Brauchbarkeit der Unterlagen immer den Wert eines Gebäudes wesentlich mit beeinflussen und bei einem eventuellen Verkauf (oder Anmietung) ein wichtiges Verkaufsargument sind. Fehlende Unterlagen dürfen sich im Fall der Veräußerung des Gebäudes preismindernd auswirken, was eigentlich in der Praxis längst eine Selbstverständlichkeit ist. Die wirtschaftlichen Folgen aus fehlenden oder nicht brauchbaren Unterlagen treffen den Bauherrn/Eigentümern unmittelbar. Das Beseitigen von Mängeln kommt früher oder später, wofür der Bauherr/Eigentümer die Beweislast trägt.
1.4.3 Beweissicherung
Die formelle und materielle Beweisführung kann in der Praxis ohne geeignetes Beweismittel nicht problemlos sein, vor allem für diejenigen, die sich auf den ordnungsgemäßen Zustand des Gebäudes berufen. Deshalb dienen sorgfältig erstellte Unterlagen primär zu Beweiszwecken, unabhängig davon, ob sie bei einer Anordnung, Errichtung, Änderung, Nutzungsänderung oder Instandhaltung des Gebäudes erstellt worden sind. Der Bauherr/Eigentümer muss beweisen, etwa bei einer Nutzungsuntersagung im Sinne des Art. 76 BayBO, dass seinem Gebäude keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Dies gilt sowohl für baugenehmigungspflichtige als auch für verfahrensfreie Gebäude, wobei für Letztere nur die materielle Legalität entsprechend Abschn. 2.1.6.1 entscheidend ist.
Aber auch im Falle eines Rechtsstreits mit Baubeteiligten, eines Brandes oder eines anderen Ereignisses können Unterlagen wertvolle Aufklärung liefern. Zum Beispiel gegenüber dem Brandschutzplaner muss der Bauherr beweisen, dass im Brandschutznachweis ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Bestimmungen vorliegt. Macht der Brandschutzplaner geltend, der Brandschutznachweis sei genehmigt und legitim, ist er hierfür beweispflichtig. Beweislast oder -pflicht liegt insofern bei dem, der sich auf Verstoß/Legitimität stützt. Anzumerken ist im Übrigen, dass die Beweislast ein Begriff des Zivilprozessrechts ist und nicht des Bauordnungsrechts.
Die Gerichte bedienen sich der Beweismittel, die sie nach ihrem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich und brauchbar halten. Dazu gehören insbesondere die in diesem Handbuch genannten Unterlagen.
Die Brandschutzdokumente dienen also dem Nachweis von Tatsachen oder als Schutzmittel. Als Beweise bzw. Schutzmechanismen sind schriftliche Dokumente am besten geeignet, unter der Voraussetzung, dass sie brauchbar, geeignet und ausreichend sind und ihre überzeugende Beweisfunktion für die Richtigkeit des Sachverhalts erfüllen, wie im Folgenden verdeutlicht wird.
1.4.4 Qualitätsmerkmale und Bestandskraft der Unterlagen
Die Unterlagen sind für den Lebenszyklus des Gebäudes nur dann nützlich, wenn sie die (gesetzlich und vertraglich) nötigen Zwecke bzw. Anforderungen vollumfänglich erfüllen. Denn sie müssen ihre Nachweisführung bzw. Beweisfunktion im Bedarfsfall definitiverfüllen können und im Besonderen inhaltlich hinreichend und nachvollziehbar bestimmt sein. Dies richtet sich danach, ob die Unterlagen den Beschaffenheitsmerkmalen nach Tab. 1.2 entsprechen.
Auf das Übereinstimmungsgebot entsprechend § 13 BauVorlV ist in diesem Zusammenhang besonders hinzuweisen. Das bedeutet, dass Bauzeichnungen, Baubeschreibungen, Berechnungen und Konstruktionszeichnungen, die dem Standsicherheits- und Brandschutznachweis (siehe Abschn. 2.3) zugrunde liegen, miteinander überstimmen müssen.
Tab. 1.2 Beschaffenheitsmerkmale der Dokumentation.
Merkmal | |
Form Vollständigkeit und Brauchbarkeit Faktizität Rechtsgültigkeit Eindeutigkeit Kennzeichnung Strukturiertheit |