Toxikologie für alle. Helmut GreimЧитать онлайн книгу.
bestimmter Nahrungsmittel ergeben.
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Die Bedeutung standardisierter Testverfahren
Um die in der Toxikologie verwendeten Testverfahren (Prüfrichtlinien, engl. test guidelines) zu vereinheitlichen und vor allem vergleichbar, reproduzierbar und auch besser bewertbar zu machen, müssen heute die Untersuchungen nach einer vorgeschriebenen Methodik durchgeführt werden, wie sie z. B. von der OECD ausgearbeitet worden sind. Für die europäische Chemikalienverordnung REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) verlangt die europäische Chemikalienbehörde ECHA (European Chemicals Agency) in Helsinki Testverfahren, die in einer eigenen Verordnung, der Commission Regulation (EC) Nr. 440/2008, festgelegt sind oder zumindest anderen international akzeptierten Kriterien wie den OECD-Prüfrichtlinien1) entsprechen. Für Arzneimittel hat die International Conference on Harmonisation of Technical Requirements for Registration of Pharmaceuticals for Human Use (ICH) ausführliche Richtlinien für die Bewertung von Arzneimitteln festgelegt2). Die Richtlinien für die Testverfahren entsprechen den Guidelines der OECD, der US Food and Drug Administration (FDA) bzw. der European Medicine Agency (EMA) und enthalten auch Hinweise für die Interpretation der Ergebnisse.
Darüber hinaus müssen die Untersuchungen den Kriterien der guten Laborpraxis (engl. good laboratory praxis, GLP) entsprechen, die generelle Versuchsbedingungen, statistische Kriterien zur Optimierung der Aussagefähigkeit der zu erwartenden Ergebnisse, Definition der Testsubstanzen, Qualifizierung des Personals, Haltung der Tiere sowie eine unabhängige Qualitätskontrolle vorschreibt. Diese Kriterien sind z. B. von der US Food and Drug Administration3) und der OECD4) festgelegt worden.
Wenn veröffentlichte Untersuchungen diesen Bedingungen nicht entsprechen, müssen sie z. B. anhand der sog. Klimisch-Kriterien auf die Belastbarkeit der Versuchsergebnisse überprüft werden. Die Klimisch-Kriterien geben Hilfestellungen für die Bewertung, ob ein Versuch bzw. sein Ergebnis uneingeschränkt oder zumindest teilweise akzeptabel und damit ähnlich aussagekräftig ist wie ein nach gültigen Richtlinien durchgeführter Versuch, ob die Aussagekraft aufgrund fehlender Informationen nicht beurteilt werden kann, oder ob er für eine toxikologische Bewertung keinesfalls geeignet ist.
Wir haben diese Details eingehend beschrieben, um dem Leser zu vermitteln, welche umfangreichen Untersuchungen für die Bewertung der Gesundheitsgefährlichkeit einer Chemikalie erforderlich sind und im Allgemeinen auch vorliegen. In Teil C dieses Buches wird dies an einzelnen Beispielen näher erläutert.
2 2) https://www.ich.org/page/safety-guidelines
3 3) https://www.fda.gov/media/99828/download
4 4) http://www.oecd.org/document/63/0,2340,en_2649_201185_2346175_1_1_1_1,00.html
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Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Körperfunktionen
Alle lebenden Organismen benötigen Energie, um die Funktionen ihrer biologischen Systeme aufrechtzuerhalten. Die dafür nötigen Grundstoffe werden aus der Umgebung, beim Menschen über die Nahrung aufgenommen. Die darin enthaltenen Bestandteile werden als solche oder als durch die Verdauung entstandene Bruchstücke in den Körper aufgenommen, aus denen die energiereichen Zwischenprodukte gebildet werden. Zumeist werden dadurch inaktive Vorstufen von Enzymen durch Phosphorylierung aktiviert, sodass sie ihre physiologischen Ausgaben erfüllen können. Störungen dieser Prozesse führen konsequenterweise zu Beeinträchtigungen der Aufnahme und Verwertung der mit der Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate, Proteine (Eiweiße) und Fette sowie der übrigen notwendigen Bestandteile wie essenzielle Aminosäuren und Metalle.
Um diese Zusammenhänge nachvollziehen zu können, wird im Folgenden kurz die Verwertung der Nahrungsbestandteile zur Energiegewinnung im Intermediärstoffwechsel und die Rolle der enzymatischen Prozesse, vor allem die der Fremdstoffe metabolisierenden Enzyme kurz dargestellt.
12.1 Intermediärstoffwechsel
Mit der Nahrung nehmen wir Kohlenhydrate, Eiweiße (Proteine) und Fette auf, aus denen im intermediären Stoffwechsel Energie für die Synthese der für die Funktion des Organismus notwendigen Produkte gebildet wird. Während Glucose direkt aus der Nahrung aufgenommen wird, müssen Fette und Proteine zunächst zu resorbierbaren Bestandteilen (Fettsäuren bzw. Aminosäuren) zerlegt werden, die nach der Resorption wieder zusammengesetzt werden müssen. Eine intakte Zellfunktion, die Metabolisierung von Fremdstoffen, Reparatur geschädigter Zellen und ihrer Funktion benötigt Energie, um die daran beteiligten Stoffwechselvorgänge zu aktivieren. Die Energie wird vom Intermediärstoffwechsel geliefert, der von einer ausreichenden Versorgung der dafür notwendigen Bestandteile abhängt, die aus der Nahrung aufgenommen werden. Daher wird hier kurz die Rolle der Kohlenhydrate, Fette und Proteine dargestellt (Abb. 12.1).
Die Kohlenhydrate bestehen im Wesentlichen aus Glucose, Fructose und Galactose, die aus jeweils sechs Kohlenstoffatomen bestehen. Nach einer Mahlzeit werden die resorbierten Kohlenhydrate über die Pfortader in die Leber transportiert, je nach Bedarf auf die Organe zur Synthese von Glycoproteinen, Glycolipiden, Nukleotiden, Polysacharidketten für Zellmembranen oder Aminosäuren verteilt. Ein Teil wird als schnell verfügbares Glycogen gespeichert und der überschüssige Teil in Fett umgewandelt. Die wichtigste Funktion der Kohlenhydrate ist ihr Beitrag zur Energiegewinnung, bei der sie über komplizierte Mechanismen abgebaut werden (Glycolyse). Dabei werden die Zucker, die aus sechs Kohlenstoffatomen bestehen, zunächst durch Adenosintriphosphat (ATP) phosphoryliert und über mehrere Schritte wird die aus drei Kohlenstoffatomen bestehende Brenztraubensäure (Pyruvat) gebildet. Pyruvat wird unter CO2-Abspaltung zu Acetyl-Coenzym A (Acetyl-CoA) oxidiert, das mit Oxalacetat zu Citrat reagiert und somit in den Citratzyklus eingeschleust wird. Während des gesamten Prozesses wird energiereiches ATP oder UTP (Uridintriphosphat) gebildet, das zur Phosphorylierung und damit Aktivierung z. B. von Enzymen erforderlich ist, sowie der Co-Faktor NADH zur Reduktion oxidierter Moleküle. Das entstehende CO2 wird abgeatmet. Der gesamte Prozess läuft in den Mitochondrien ab, der Energiezentrale der Zellen.
Abb. 12.1 Schematische Darstellung des Intermediärstoffwechsels, durch den mit der Nahrung aufgenommene Kohlenhydrate, Fette und Aminosäuren in Energie (ATP) und reduzierende Äquivalente (NADH) umgewandelt werden. Milchsäure entsteht im Muskel aus Pyruvat, das, um den höheren Energiebedarf bei körperlicher Belastung abzudecken, unter ATP Bildung aus Glucose entsteht. Nicht gezeigt ist, dass bestimmte Aminosäuren nach Abspaltung der Aminogruppe über Pyruvat zur Bildung von Glucose beitragen können (nach Abb. 2.1 im Kapitel Kohlenhydratstoffwechsel von W.A. Scherbaum und S. Martin in Klinische Pathophysiologie, Hrsg. W. Siegenthaler, H.E. Blum, Thieme, Stuttgart, New York, 9. Auflage 2006).