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Nach Amerika! Bd. 1. Gerstäcker FriedrichЧитать онлайн книгу.

Nach Amerika! Bd. 1 - Gerstäcker Friedrich


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vorgekommen wäre.»

       Schollfeld war übrigens nicht umsonst so mürrisch; er hatte einen Zorn auf Auswanderer, denn er betrachtete Auswanderung als eine indirekte Beleidigung gegen den Staat, gewissermaßen als eine Grobheit, die man ihm geradezu unter die Nase sagte: «Ich mag nicht mehr in dir leben und weiß einen Platz, wo’s besser ist.» Das d a c h t e n sich nämlich die ,Tölpel’, wie er sie nannte, aber sie w u ß t e n es nicht – gar nichts wußten sie, und liefen blind und toll in die Welt hinein. Der Staat hätte auch eigentlich den Skandal gar nicht dulden sollen; Hunderte von Menschen, reine Deserteure aus ihrem Vaterland, liefen da frank und frei vorbei, anderen noch obendrein ein böses Beispiel gebend, und er begriff die Regierung nicht, wie sie dem Volke nur noch einen Paß gestatten konnte.9

       Der Zug war indessen näher gekommen und Lobsich rasch in das Haus gegangen, um Bier herbeizuschaffen, da sich bei solchen Trupps gewöhnlich eine Menge junge Burschen befanden, die noch Geld im Beutel und immer frischen Durst hatten, um so mehr, da das Bergesteigen heute wirklich warm und den Hals trocken machte.

       Die ersten Wagen passierten still vorbei; die Führer warfen einen langen, vielleicht sehnsüchtigen Blick nach den behaglich hinter ihren Tischen sitzenden Gästen und dem kühlen, funkelnden Bier hinüber, aber hielten nicht an, sich längere Rast dafür auf den Abend versprechend. Nur von den Fußgängern blieben mehrere Trupps unfern der Linde, unter der unsere kleine Gesellschaft saß, und nicht weit von der Gartentür stehen, und während ein paar der Männer dem Kellner winkten, ihnen Bier herauszubringen, als ob sie sich scheuten, in ihrer bestaubten, schmutzigen Kleidung, mit der schweißbedeckten Stirn, zwischen die geputzten und jetzt nach ihnen herübersehenden Gruppen hineinzugehen, hielt ein Trupp Frauen ebenfalls dort. Angezogen von der plötzlichen weiten und freien Aussicht, die ihnen hier nach unten zu das Tal öffnete, durch das sie gekommen, blieben sie erfreut und überrascht stehen und schauten dabei auf das reizende Bild hin, das wie mit einem Schlag so vor ihnen ins Leben sprang.

       «Heiland der Welt, Lisbeth!» rief ein etwa sechzehnjähriges Mädchen der vielleicht zwei Jahre älteren Schwester zu. «Dort drüben liegt Holstetten und von da ist’s nur noch neun Stunden nach Haus – dahinter kann ich den weißen Weg durch’s schwarze Nadelholz sehen, der hinüberführt nach Krisheim.»

       «Ja, Marie», antwortete das Mädchen, und während sie sprach, liefen ihr die großen, hellen Zähren an den bleichen Wangen nieder, «gleich hinter dem Berg dort muß die Windmühle liegen, und dann kommt Bachstetten und nachher… »

       Sie konnte nicht mehr sprechen, das Herz war ihr zu voll, und sie mochte doch nicht das der Schwester, wenn diese ihren Schmerz sah, noch schwerer machen. Aber zurückdämmen ließ sich das auch nicht, die Wunde war noch zu frisch und blutete zu stark, und beide Mädchen standen wenige Minuten still und weinend da, die schönen tränenüberströmten Züge den ihr nächsten Menschen ab- und der verlassenen Heimat, die sie wohl nie im Leben wiederschauen sollten, zugekehrt.

       «Ob auch wohl Martha der Mutter Grab ordentlich hält und pflegt, wie sie es versprochen?» brach die Jüngste endlich wieder mit leiser, kaum hörbarer Stimme das Schweigen.

       «Sie hat’s ja versprochen», flüsterte fast ebenso leise die Schwester zurück. «Aber - - - so lieb wird sie’s doch nicht haben wie wir.»

       «Komm, Lisbeth», sagte die Jüngere wieder und ergriff, ohne sie aber dabei anzusehen, der Schwester Hand, «wir wollen gehen – die Wagen sind schon ein Stück voraus.»

       Beide Mädchen nickten leise und kaum bemerkbar der verlassenen Heimat zu, und schritten dann schweigend Hand in Hand ihre weite, unbekannte Bahn den Weg entlang, der nach und durch Heilingen führte.

       «He, Marie, Lisbeth!» rief sie der Vater an, der eben an der Tür des Gartens ein Glas Bier von einem der Kellner erhalten hatte. «Wollt Ihr einmal trinken, Kinder?»

       «Ich danke, Vater», sagte Marie zurück, ohne sich umzusehen oder stehen zu bleiben, «wir sind nicht durstig.»

       «Woher des Wegs, Ihr Leute?» wandte sich jetzt Kellmann, der trotz Schollfelds ärgerlichen Worten zu dem Alten getreten war, an diesen.

       «Aus Hessen», sagte der Mann ruhig und tat einen langen, durstigen Zug aus dem mit dem trefflichen Bier gefüllten schäumenden Glas.

       «Und wohin?»

       «Nach Amerika.»

       «Hm – ist ein weiter Weg – ist Euch wohl schlecht gegangen hier im Lande?» sagte Kellmann, die kräftige und doch gramgebeugte Gestalt des alten Landmanns teilnehmend betrachtend.

       Der Bauer, dessen Blick indes auch an dem fernen Punkt gehangen, wo seine frühere Heimat lag, ließ das Auge einen Moment wie mißtrauisch über den Frager gleiten und erwiderte dann leise und kopfschüttelnd:

       «Schlecht? – Lieber Gott, wie man’s nimmt; man soll g’rad nicht klagen. Der liebe Gott hat geholfen und wird weiter helfen.»

       «Ihr wollt Euch wohl ein paar von den gebratenen Tauben holen, die in Amerika herumfliegen?» mischte sich hier der Apotheker ins Gespräch, der nicht umhin konnte, dem ,Auswanderer’, wie er sich ausdrückte, ,einen Hieb zu versetzen’. – «Habt Ihr auch Messer und Gabeln mit?»

       Der Bauer sah den kleinen, spöttisch lächelnden Mann einen Augenblick ruhig von der Seite an, bezahlte dann dem neben ihm stehenden Kellner, dem er das Glas zurückgab, sein Bier, und ohne irgend etwas auf die Frage zu erwidern oder ärgerlich darüber zu scheinen, ja als ob er sie nicht gehört hätte, wandte er sich und folgte mit einem «Grüß Euch Gott, Ihr Herren!» seinen vorangegangenen Töchtern.

       «Holzkopf», brummte der Apotheker hinter ihm drein, nur noch mehr gereizt über diese anscheinende Mißachtung. «Dem Volk ist zu wohl hier», setzte er dann, mit einem kräftigen Zug aus seinem Glase, hinzu. «Der Art Leute fühlen sich nicht behaglich, wenn sie nicht baumfest unter dem Daumen gehalten werden.»

       «Guten Abend miteinander», sagte in diesem Augenblick ein anderer der Auswanderer, der, mit einem kurzen Pfeifenstummel in der Hand, zu dem Tische trat, auf dem in einem schützenden Kelchglas ein Licht mit darum gesteckten Fidibus zum Anzünden der Zigarre stand. «Wenn’s erlaubt ist, möchte ich mir wohl einmal eine Pfeife bei Euch anbrennen.»

       «Mit Vergnügen», sagte Ledermann, ihm einen Fidibus anzündend und hinreichend.

       «Danke schön », nickte der Mann, das Feuer benutzend und den blauen Qualm in schnellen, kurzen Zügen ausblasend.

       «Und wo geht die Reise hin?» frug Ledermann den Rauchenden.

       «Da hinüber», sagte dieser, immer noch scharf ziehend, indes er mit dem linken zurückgebogenen Daumen über die linke Achsel wies. «Über’s große Wasser!»

       «Habt Ihr dort schon einen Platz?» frug der Aktuar.

       «Ja», sagte der Mann freundlich. «Mein Bruder hat mir geschrieben aus dem Wisconsin10 heraus; da soll’s gut sein.»

       «Und geht Ihr alle dorthin?» frug ihn Kellmann.

       «Die meisten von uns, ja; eine Partie will aber auch hinüber in’s Missouri, da ist’s wärmer.»

       «Es sind wohl lauter Landleute hier miteinander?»

       «Ja meistens – e i n Schneider ist dabei und der Schmied aus dem Dorfe, und der Herr Pastor ist schon voraus.»

       «Der Pastor geht auch mit11?» frug Kellmann schnell.

       «Ahem», nickte der Mann. «Der ist aber mit der Post gefahren; doch er hat gesagt, er wolle sehen, daß wir alle auf e i n Schiff kämen. Danke schön, Ihr Herren, adje.»

       «Glückliche Reise!» rief ihm Kellmann nach.

       «Danke», nickte der Mann noch einmal zurück, «können’s brauchen», und schloß sich den übrigen wieder an, von denen die letzten gerade die Tür des Wirtshauses passierten.

       Es waren ärmliche, viele von ihnen kränklich


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