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Buntes Treiben. Gerstäcker FriedrichЧитать онлайн книгу.

Buntes Treiben - Gerstäcker Friedrich


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ihr Blick forschend, fast ängstlich hinaus über die weite See.

      Ha dort! sie zuckte ordentlich zusammen, als ihr Auge an einem dunkeln Punkt haftete, der, eigentlich etwas außer dem Cours, auf dem Wasser sichtbar wurde. Es war Patoi's Canoe, der dadurch, daß er seine Mahlzeit zu lange ausgedehnt, von der eintretenden Fluth etwas aus seiner Richtung getrieben worden. Es war aber indeß so dunkel geworden, daß sie es kaum noch erkennen konnte.

      Fast unwillkürlich lenkte sich ihr Bug dem entdeckten Fahrzeug zu, das, weit größer und schwerer als das ihrige, von dem einen Ruder lange nicht so rasch vorwärts getrieben werden konnte. Sie rückte näher und näher, aber erst als sie in Rufs Nähe gekommen, warf sie ihren Tehei wieder über die Schultern und gewann jetzt mit jedem Ruderschlag an dem voran gegangenen Boot.

      Da - als sie es schon fast erreicht, bekam ihr Canoe plötzlich einen leichten Stoß, als ob es auf einer Korallenbank gescheuert hätte. Blitzesschnell drehte Maita den Kopf zurück, und ihr Auge blitzte, als sie in dem phosphorescirenden /105/ Schein des Seewassers den wie funkelnden Körper eines Haifisches erkannte. Jedenfalls hatte er die Witterung des angehangenen Fisches bekommen und ihn abgerissen.

      ,,Aha, mein Bursche, bist Du da?" lachte sie ingrimmig in sich hinein - „hat Dir der Köder geschmeckt? Du kannst mehr bekommen," und zwei von den mitgenommenen todten Fischen warf sie in die See, während sie einen dritten rasch wieder an dem Bast befestigte. Dann nahm sie das Ruder auf's Neue auf, und kaum zehn Minuten mochte sie noch gearbeitet haben, als sie - dem Ausleger von Patoi's Canoe etwas Raum gebend, langseit desselben lief und ihre Hand darauf legte.

      Patoi hatte indessen mit immer wachsender Unruhe bemerkt, daß ihm ein Canoe folge. Wer konnte es führen? - etwa Maita's Vater? - Er hätte Keinem weniger als dem Manne hier draußen auf dem Wasser begegnen mögen, und ruderte deshalb aus Leibeskräften, um ihm aus dem Weg zu kommen. Aber das ihn verfolgende Canoe war schneller als das seinige; er vermochte die Strömung nicht so rasch damit zu stemmen. Angst und ein böses Gewissen lähmten auch vielleicht seine Kräfte, und der Glaube an den neuen Gott war nicht stark genug in ihm, um ihn die Furcht vor der Rache der alten vergessen zu lassen. Kein Wort war auch zwischen den beiden Fahrzeugen gewechselt worden, bis sich Maita's Canoe langseit legte.

      „Wer ist nur das?" rief aber jetzt Patoi, der wohl bemerkt hatte, daß es nicht die kräftige und fast riesige Gestalt Pemotomo's sein konnte. „Wer bist Du, mein Bursch, und wo kommst Du her?"

      „Patoi," sagte da die weiche, melodische Stimme Maita's - „ich bin es, und Dir nachge-kommen, um noch eine Frage an Dich zu richten."

      „Maita!" rief der Insulaner, wirklich in unbegrenztem Erstaunen - „Mädchen, was ficht Dich an? Wie kommst Du hier allein und bei Nacht hinaus in die offene See?"

      „Ich hatte Dir versprochen," fuhr das junge Weib fort, „auf der Ueberfahrt nach Eimeo kein Wort mit Dir zu reden - ich habe mein Wort gehalten; aber eine Frage muß ich noch an Dich richten, und deshalb bin ich Dir gefolgt." /106/ „Aber welche Frage, Schatz? - Laß mein Canoe los - die Fluth setzt uns sonst wieder zurück -"

      „Ich werde Dich nicht lange aufhalten. Hast Du mich wirklich für immer verlassen, Patoi? Soll die Tochter Pemotomo's mit Schmach und Schande beladen, und dem Spott der Nachbarn ausgesetzt, in ihre Heimath zurückkehren? - Noch ist es Zeit," fuhr sie weicher fort - „noch weiß Niemand auf Eimeo, wie Du an mir gehandelt, welches schwere Leid Du mir angethan, und wie ich heute, von den Christen dort drüben, gedemüthigt und ausgestoßen wurde. Es braucht es auch Niemand zu wissen - meine Lippen sollen schweigen wie das Grab, und bist Du arm, fehlen Dir die Felder und Cocoshaine, die Du meinem Vater beschrieben, was schadet es? Ich bin reich - der Götter Segen ruht auf dem weiten Land, und still und glücklich können wir in der Heimath leben."

      „Es geht nicht, Maita," sagte Patoi finster - „es ist zu spät. Des Mitonare Spruch hat mich an Alúa gebunden."

      „An Alúa.," murmelte Maita leise, und in demselben Moment hatte der nachfolgende Hai wieder den ausgehangenen Fisch erfaßt und abgerissen, während er auch blitzesschnell, und selbst unter dem Ausleger von Patoi's Boot durch und zwischen den beiden Canoes hin - vorüberschoß. Auch Patoi hatte ihn bemerkt, aber nicht weiter darauf geachtet, gab es doch eine Masse derartiger Raubfische gerade in diesem Theil der See; was hatte er in seinem Canoe von ihnen zu fürchten? Maita aber bückte sich und warf wieder ein paar kleine Fische über Bord, und jetzt konnte sie sehen, daß zwei glühende Strahlen unter ihr durch die Fluth schossen. Der erste Hai hatte noch einen Gefährten gefunden, der die Beute mit ihm theilen wollte.

      „Laß das Canoe los," sagte da Patoi freundlich, - „es thut mir leid, daß Alles so gekommen, und ich habe vielleicht unrecht gehandelt. Ich hätte offen mit Dir reden sollen; aber es ist nun einmal geschehen. Kehre zu Deinem Vater zurück; Patoi wird Deiner immer freundlich gedenken; zürne auch Du ihm nicht." /107/ „Und Du willst nicht mit mir zurückkehren? Du willst mich allein meine freudlose Bahn gehen lassen - Alúa's wegen?"

      „Nicht Alúa's wegen," sagte Patoi, „aber der alleinige Gott will es so, denn ich bin jetzt ein Christ und darf, schon meines Seelenheils wegen, nicht mehr mit den Anbetern von Götzen verkehren. Sei vernünftig, Maita."

      „Nur Deines Seelenheils wegen?" lachte Maita bitter, „sonst zieht Dich nichts von mir fort - nicht einmal Alúa -"

      Das junge Weib warf die letzten Fische über Bord, die noch in ihrem Canoe lagen, und rechts und links plätscherten die gefräßigen Ungeheuer der Tiefe, als sie danach herausfuhren und sie einander wegzuschnappen suchten. Patoi drehte unwillkürlich den Kopf nach ihnen. Maita's Hand aber, mit einem kleinen haarscharfen Messer bewehrt, glitt über den Bast, der die ihr nächste Auslegerstange an den Ausleger selber band, und trennte diesen vollständig los. Zu gleicher Zeit und fast unmerklich schob sie ihr Canoe etwas weiter nach vorn, um auch den andern zu erreichen. Patoi glaubte, daß sie im Begriff sei abzustoßen, und sagte freundlich:

      „Joranna, Maita - laß uns nicht im Zorn scheiden - ich sage Dir, es schmerzt mich, Dich so allein Deine Bahn ziehen zu sehen, aber ich kann es nicht mehr ändern. Meine Seele gehört Gott, mein Körper Alúa."

      Maita hatte noch gezögert - war es Mitleiden, das ihr stolzes Herz durchzuckte - die letzten Worte machten es verschwinden. Mit Gedankenschnelle zuckte ihr Messer auch über den Bast der zweiten Auslegerstange.

      „Das lügst Du, falscher Verräther!" rief sie dabei - „laß Deine Seele zu dem Gott gehen, um dessentwillen Du die alten Götter verleugnet, Atua würde sein Antlitz doch von Dir wenden, aber Dein Körper gehört nicht Alúa - Dein Körper gehört den Fischen des Meeres -"

      „Was thust Du, Maita?" rief Patoi erschreckt, denn er bemerkte jetzt ihre geschäftige Hand an dem doppelt umgeschnürten Bast des Auslegers. „Zurück da, Wahnsinnige!" und das Ruder hebend, wollte er einen Schlag nach ihr /108/ führen. In demselben Augenblick aber schnellte sich das zürnende Weib empor, und ihre Hand hielt dabei krampfhaft die Auslegerstange, mit der sie, wie mit einem gewaltigen Hebel, das schwanke und jetzt nicht mehr durch den Balken geschützte Boot mit dem linken Rand unter Wasser drückte.

      ,,Fort mit Dir!" schrie sie dabei - „Verderben über Dich - herbei, Ihr Rächer, die Oro gesandt, um den Verräther zu vernichten!"

      Sowie sie die Auslegerstange in die Höhe hob, mußte sie das Canoe, über dessen beide Borde sie querüber und fest geschnürt war, rettungslos umkippen. Patol auch, der die Gefahr erst zu spät erkannte, war nicht im Stande, den Schlag zu führen, da er selber das Gleichgewicht verlor. Erschreckt ließ er das Ruder fallen, um sich nur anzuklammern und rasch auf die andere Seite zu werfen - aber das half ihm nichts, denn das Canoe füllte sich, und während Maita die Stange von sich stieß und ihr eigenes kleines Fahrzeug damit außer ihren Bereich brachte, schnellten beide in die Höhe, und das Canoe schlug um.

      Patol schwamm wie ein Fisch, aber mit lähmendem Schreck traf ihn die Erinnerung an die Raubfische, die er noch vor wenigen Secunden in unmittelbarer Nähe gesehen, und angstvoll griff er nach dem umgedrehten Fahrzeug, an das er sich klammerte und aus das er zu klettern versuchte.

      „Maita!" rief er dabei - „Mädchen! zu Hülfe! die Fische! Du willst mich doch nicht tödten? - Rette


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