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Geschichten aus der Murkelei. Ханс ФалладаЧитать онлайн книгу.

Geschichten aus der Murkelei - Ханс Фаллада


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– Und damit streckte sich die Katze aus und schlief ein.

      Was sollte Wackelohr nun tun? So direkt an der bösen Feindin vorbei zum Nachttisch zu gehen, dazu fehlte ihr der Mut. Sie fürchtete, sie würde vor Angst mit ihren Nägeln auf dem Fußboden klappern und damit die Katze aufwecken. Den Bonbon aber mußte sie kriegen, sonst erfuhr sie den Weg zum Mäuserich nicht. Da beschloß Wackelohr, über das Bett zu laufen und vom Kopfkissen auf den Nachttisch zu klettern. Das war wohl nicht so gefährlich, denn in dem Bett schlief die Hausfrau, und Menschen sind für Mäuse lange nicht so schlimm wie die Katzen, weil sie nicht so schnell wie die Katzen sind, und weil sie auch viel fester als Katzen schlafen.

      Wackelohr machte sich also auf den Weg. Zuerst kletterte sie am Bettbein hoch, wobei sie sich mit ihren Krallen sehr festhalten mußte. Dann sprang sie ins Bett. Da hatte sie nun auf Decke und Kissen eine sehr weiche Straße, wo die Krallen nicht klappern konnten. Sie lief eilig voran, weil sie aber so eilig lief, paßte sie nicht auf, und so kitzelte sie mit ihrem langen Schwanz die Hausfrau grade unter der Nase.

      Die mußte niesen, wachte auf, meinte, es sei die Katze gewesen, die schon manchmal ins Bett gesprungen war, und rief: »Gehst du weg, alte Katze!«

      Davon erwachte die Katze, meinte, sie sei gerufen, und sprang mit einem Satz ins Bett. Darüber wurde die Hausfrau erst recht ärgerlich, schlug nach der Katze und rief: »Mach, daß du fortkommst, Störenfried!«

      Die Katze aber verstand nicht, warum sie erst gerufen wurde und nun wieder nicht kommen sollte und nun gar geschlagen wurde, und miaute zornig. Davon wachte der Hausherr im Bett daneben auf und rief: »Ist die ungezogene Katze schon wieder im Bett? Na, warte, Ollsch!« Und er sprang auf, machte Licht, ergriff einen Pantoffel und fing an, nach der Katze zu schlagen, die jämmerlich schrie.

      Bei all dem Geschrei und Gespringe und Geschlage und Miaue hatte Wackelohr längst den Bonbon ins Maul genommen, war vom Nachttisch gesprungen und durch die offene Tür wieder hinausgewutscht. Da saß sie, hörte sich den Lärm an und freute sich, daß ihre böse Feindin Schläge bekam.

      »Siehst du wohl«, sagte die Ameise, als Wackelohr mit dem Bonbon im Maule ankam, »es war gar nicht so schlimm, man muß sich nur nicht so anstellen. Du hast doch nicht etwa ein Stückchen abgebissen?« Und sie sah den Bonbon mißtrauisch an. Aber der war in Ordnung; obwohl Wackelohr ihn im Maule getragen hatte, hatte sie nicht einmal mit der Zungenspitze daran gerührt. Nun wollte sie aber auch zum Lohn für alle ihre Mühe den Weg zu ihrem schönen Mäuserich wissen.

      »Der ist ganz einfach«, sprach die Ameise. »Du weißt doch, oben auf dem Dachboden hält der Hausherr sich Tauben, die den ganzen Tag frei ein- und ausfliegen, soviel sie nur wollen. Bitte eine der Tauben, dich auf ihrem Rücken mitzunehmen – das sind freundliche Vögel, sie werden es schon tun.«

      Dies schien dem Mäuseken ein guter Rat, und gleich schlüpfte es die Treppe hinauf in den Taubenschlag. Auch die Ameise ging eilends heim, denn sie wollte rasch all ihre Schwestern zusammenrufen, damit jede noch vor Morgen ein Stücklein Bonbon heimtrug.

      »Ruckediguck – Guckediruck«, schwatzten die Tauben noch in ihrem Schlag, obwohl es schon ganz dunkel war. Sie besprachen sich, wohin sie am nächsten Morgen fliegen wollten, um Futter zu suchen. Im Garten am See waren Erbsen gelegt, aber es war die Frage, ob man sie bekam, denn dort trieb ein großer, gelber Kater sein Unwesen, der gar zu gerne Taubenbraten aß. »Guckediruck«, sagten die Tauben, »mit den Katzen wird es schlimmer und schlimmer – daß die Menschen solch wilde Tiere überhaupt noch dulden! Ruckediguck!«

      »Das sage ich auch«, sprach die Maus höflich unter der Tür. »Mich hätte heute Abend auch beinahe die Hauskatze erwischt, hätte nicht ein Stuhl freundlich für mich geknarrt. Das angstvolle Leben in diesem Hause ist mir ganz leid. Will nicht eine von euch so freundlich sein, mich morgen früh auf ihrem Rücken zum Hausdach drüben tragen?«

      »Ruckediguck!« riefen die Tauben erschrocken. »Ein Dieb ist im Schlag. Sicher will er uns listig betören und nachher unsere Eier austrinken.«

      Aber das Mäuseken redete ihnen gut zu, daß es keine böse Absicht auf die Eier habe, Eier auch gar nicht essen möge, sondern nur darum bitte, auf einem Taubenrücken zur andern Straßenseite getragen zu werden. »Ruckediguck«, sagten die Tauben da. »Wenn es so ist und du unsern Eiern nichts tust, so wollen wir dir wohl gefällig sein. Aber jetzt ist es schon spät, die Schlagtür ist zu – komm morgen mit dem frühesten wieder. Ruckediguck!«

      Da bedankte sich das Mäuseken Wackelohr höflich und ging in seinem Loch unter dem Küchenschrank schlafen. Es träumte aber die ganze Nacht von dem schönen Mäuserich. –

      Unterdessen hatte die Katze ihre Keile bekommen und war vor die Schlafzimmertür gesetzt worden, zur Strafe, weil sie der Hausfrau ins Bett gesprungen war. Da saß sie nun und ärgerte sich gewaltig, und alle Glieder taten ihr weh. ›Ich bin der Hausfrau doch nicht mit meinem Schwanz ins Gesicht gefahren, wie sie gescholten hat‹, sagte die Katze immer wieder zu sich. ›Wer kann das bloß gewesen sein?‹ Da fiel ihr ein, wie sie erst eine Maus piepen gehört, dann aber gemeint hatte, es habe nur ein Stuhl geknarrt. ›Vielleicht war es doch eine Maus, die mir diesen Streich gespielt hat‹, dachte sie. ›Ich will doch einmal im ganzen Hause nachsehen, ob ich eine Spur von ihr finde.‹

      Damit ging sie auf sachten Samtpfoten los und ließ ihre großen, grünen Augen leuchten wie Laternen, daß sie trotz der dunklen Nacht alles sehen konnte. Sie sah um jede Ecke und roch unter jeden Schrank, und als sie unter den Küchenschrank roch, sprach sie: »Ich finde, hier riecht es mäusisch. Ach, wie gut riecht das doch! Komm heraus, kleine Maus, wir wollen zusammen tanzen!« Aber die Maus hörte die böse Katze nicht, die sie auch nur fressen wollte; Wackelohr schlief fest in ihrem Loch und träumte von ihrem Mäuserich.

      So ging die Katze betrübt weiter, als nichts auf ihre falschen Lockreden kam, und gelangte in die Speisekammer. In der Speisekammer aber war ein großes Getriebe und Gelaufe von vielen tausend Ameisen, die ihr Stück von dem roten Bonbon abbeißen wollten. Da machte die Katze ihre Stimme grob und schalt: »Was ist denn das hier für ein Gelaufe und Geschmatze mitten in der ruhigen Nacht, wo doch alles schlafen soll! Gleich macht ihr Räuber, daß ihr fortkommt!«

      Die Ameisen aber hatten keine Angst vor der Katze, denn die Katzen fressen keine Ameisen, weil die Ameisen sauer schmecken, und die Katzen lieben das Süße. Das wissen die Ameisen. »Hihi!« riefen sie darum. »Hihi! Du alte, große Katze! Du läufst ja auch mitten in der Nacht herum, statt zu schlafen, da dürfen wir es wohl auch tun!«

      »Bei mir ist das eine andere Sache«, sprach die Katze streng. »Ich bin vom Hausherrn als Nachtwächter bestellt, daß sich keine Diebe einschleichen. Was ist denn das für ein roter Bonbon, in den ich euch da beißen sehe? Mir scheint, der ist gestohlen.«

      »Hihi!« rief die kluge Ameise. »Der Bonbon gehört mir, den habe ich für einen guten Rat bekommen.«

      »Der Bonbon gehört auf den Nachttisch der Hausfrau«, sprach die Katze noch strenger. »Gleich sagst du mir, wer ihn dir gegeben hat, sonst nehme ich ihn dir weg. Wenn du mir aber die Wahrheit sagst, sollst du ihn behalten dürfen.«

      Da wurde es der klugen Ameise um den schönen Bonbon angst, und sie verriet das Mäuseken und erzählte alles, was sie wußte. Die Katze aber wurde ganz aufgeregt, denn sie verstand nun, daß es das Mäuseken war, dem sie ihre Prügel zu verdanken hatte, und sie war sehr eifrig, die Ameise auszufragen. »Weißt du denn gar nicht, Ameise«, fragte sie schließlich, »wo das Mäuseken sein Loch hat?«

      »Nein, das weiß ich nicht«, antwortete die Ameise. »Aber wir Ameisen können überall hinkommen, und nichts bleibt uns verborgen, außer was in der Luft schwebt oder im Wasser schwimmt. Ich will alle meine Schwestern ausschicken, so werden wir das Loch schon finden.«

      Das geschah. Alle Ameisen wurden ausgeschickt, und schon nach einer kurzen Weile kam eine zurück und meldete, daß die Maus unter dem Küchenschrank in einem Loch liege und schlafe. »Das dachte ich mir«, sprach die Katze. »Da roch es vorhin schon so mäusisch.« Sie begaben sich also zum Küchenschrank, aber so sehr sich die Katze auch mühte, streckte und dünnmachte: der Spalt zwischen Schrank und Boden war zu klein, sie konnte nicht


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