Bürde der Lust. Waldemar PaulsenЧитать онлайн книгу.
ihn anzeigte.
Elfi hatte eine Lebensversicherung in Höhe von 300.000 Mark abgeschlossen. Begünstigter war Puff-Kalle. Zwei Tage nach der Karenzzeit geschah der sogenannte Unglücksfall, bei dem Elfi verstarb. Die Versicherung vermutete Betrug. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein, weil kein dringender Tatverdacht vorlag. Der einzige Zeuge des Vorfalles war Kalle Bis, dem jedoch kein Fremdverschulden nachgewiesen werden konnte.
Fazit, die Versicherung musste löhnen und Kalle scheint sich von dem Geld die Immobilie in Blankenese geleistet zu haben.“
„Ja, mir ist bekannt, dass einige Luden auf diese Art ihre Portokasse füllen“, sagte Max Herbst. „War das alles, Toni?“
„Nein, dann hat er mal zwei Jahre ohne Bewährung eingefangen, weil er eine Minderjährige auf den Strich schickte.“
„Hm, ja, der Strolch scheint wohl eine Vorliebe für junge Mädchen zu haben; und sonst noch was, Toni?“
„Eigentlich unbedeutend, schon zu lange her.
Er hat 1958 im jugendlichen Alter von achtzehn Jahren in Kiel einen Geldtransporter überfallen und dabei wurde der Beifahrer querschnittsgelähmt geschossen. Die Beute war 250.000 Mark. Acht Jahre Knast gab es dafür. Er hat alles abgesessen und wurde 1966 entlassen. Mehr ist nicht.“
Anton Meyer spürte Max Herbst vorwurfsvollen Blick, noch bevor dieser geantwortet hatte.
„Toni, die Beurteilung, ob etwas unbedeutend ist oder nicht, überlassen Sie doch bitte mir! Dazu sind Sie noch zu unerfahren. Wer waren die Mittäter?“
„So wie ich gelesen habe, gab es keine.“
Das war äußerst seltsam. Solch eine brutale Tat mit diesem Modus Operandi und dann als Einzeltäter? Man lernte doch immer wieder dazu, wunderte sich Max.
„Toni, wir machen jetzt Feierabend. Morgen haben wir diverse Zeugenvernehmungen in der Mordsache vorzunehmen. Deshalb ist Dienstbeginn erst um zwölf Uhr. Seien Sie pünktlich und denken Sie an ein anderes Outfit.“ „Hm, ja, tschüss Max…, äh Herr Herbst.“
Kapitel 6
Da saßen sie nun, die Generation der Hungrigen, die Minus-Männer der Gesellschaft, die Geräuschlosen Kaufleute, die hanseatischen Vermieter von weiblichen Geschlechtsteilen.
Der Dibber-Stamm war vollzählig zu seiner Sondersitzung im Büro von Puff-Kalle angetreten. Ein Blick auf Kalles Rolex mit Brillantkranz zeigte an, dass es 18:00 Uhr war.
Ochsen-Gerdi, Nasen-Ede, Schweine-Willy, Nerven-Müller, Grübel-Otto und Teenie-Franz lümmelten sich auf zwei mächtigen Sofas.
„Ist Leck-Hans draußen auf Posten?“, fragte Nerven-Müller.
„Ja, keine Sorge, Heinz, ist er“, antwortete Kalle.
„Also, Jungs! Sondersitzung heute, weil meine Partie Sabrina tot ist.
Die Schmiere war schon hier. Sie haben den Mörder noch nicht. Habt Ihr eine Ahnung, wer es sein könnte? Wir müssen ihn schnellstens liefern, damit hier wieder Ruhe einkehrt. Solange der Typ nicht gefasst ist, machen die uns unsere Geschäfte kaputt. Die Freier bleiben aus und eure Bräute kommen nur noch mit indischem Sand, also null, nach Hause“, sagte Kalle.
„Vielleicht warst du es ja? Ha, ha, ha“, lachte Ochsen-Gerdi schallend und hatte Mühe, seinen unaufhörlich bebenden dicken Bauch unter Kontrolle zu bringen.
„Stehst doch eh auf Junghühner im Alter bis sechzehn. Die bringen dir bei den perversen Freiern doch die dickste Kohle.
Wie mir zu Ohren kam, sollst du schon nervös geworden sein, weil du Angst hattest, Sabrina würde dir mit dem Behördenfreier durchbrennen. Hat sich ja nun erledigt“, grunzte Gerdi, während er auf seinen verschwitzten Kopf griff und unkontrolliert auf der Schädeldecke herumfingerte, um anschließend sofort wieder mit seinem Kamm den spärlichen Haarwuchs zu ordnen. Dicke Schweißtropfen rannen ihm von der Stirn in den Hemdkragen.
Dieser Arsch. Ochsen-Gerdi mit seinem Pfannkuchengesicht, das zum Schmunzeln einlädt. Verfügt über den Charme eines Komposthaufens und riecht auch meistens so. Schwitzt wie ein Eber auf dem Schlachthof, weil er ein Abtropfgewicht von mindestens zweihundert Kilo hat, die er hauptsächlich seiner Riesenplauze verdanken kann. Eben ein großer dicker, schnaufender Fresssack, dessen einzige sportliche Betätigung darin besteht, seine Kaumuskeln zu trainieren. Muss sich aber wie immer als Erster zu Wort melden und lacht darüber hinaus noch wie ein Esel. Er stinkt nach Schweiß und Schweinestall, dieser Penner, kochte Puff-Kalle innerlich.
„Das ist doch lächerlich, Gerdi. Lass solche Scherze. Bring hier keine Gerüchte auf. Die Lage ist zu ernst und meine Existenz steht auf dem Spiel. Das ist alles, was ich habe. Deine Helma schafft hier doch gut an und hat dich gestopft. Läuft hier besser, als im Eros oder in der Herbertstraße, wie ihr alle wisst. Ganz anderes Publikum hier mit den feinen Geldaristokraten“, konnte Kalle sich nicht verkneifen, „und die Schmiere steht uns hier auch nicht so auf den Füssen wie auf dem Kiez.“
„Ja, wissen wir doch. Deshalb sind unsere Top-Bräute auch bei dir und nicht im Eros, Palais oder der Herbertstraße, wie unsere zweite Garnitur“, besänftigte ihn Ochsen-Gerdi.
„Mit dem Umsatz von Angelika bin ich eigentlich ganz zufrieden. Könnte zwar mehr sein, aber mal sehen…“, mischte sich Nasen-Ede in die Unterhaltung ein.
„Oder will dich hier einer kaputt machen? Dir deine Existenz nehmen?
Wenn ich den Haubentaucher erwische. Soll er doch einfach Zunge zeigen, aber dazu ist er wohl zu feige. Krieg ich raus, wer das war, dann hau ich dem aufs Geweih, dass er den Hamburger Michel für ne Salzgurke ansieht!“, ereiferte sich Grübel-Otto.
„Wissen wir nicht, obwohl es natürlich genug Seifen-Teddys und Flocken-Beutel gibt“, beschwichtigte Kalle.
„Ja, auf St. Pauli war es immer so, dass die Muskeln die Regeln des Kiezes bestimmen und dabei soll es bleiben“, kommentierte Ochsen-Gerdi.
„Wir drehen uns im Kreis, bringt so nichts. Wir reunen einfach und erledigen dann die Sache. Werdet nicht nervös. Vor allem du nicht, Nerven-Müller!“
„Heinz, du weißt doch, weshalb du deinen Spitznamen bekommen hast.
Bewahre Ruhe! Wir St. Paulianer sind in einem Mikrokosmos, wo die Gesetze täglich neu geschrieben werden. Jedenfalls von unserer Seite. Wir geben einfach Gas und finden dann die Lösung“, schlug der Bordell-Besitzer Karl-Heinz Bis vor und dachte, dass er nicht dazwischen geraten wollte, wenn Heinz der Kamm schwoll.
„So, wir sollten die Sitzung jetzt beenden und in unsere Türme fahren. Unsere Bräute sollen ja pünktlich um neun hier antreten“, versuchte Teenie-Franz die Unterhaltung zu beenden.
„Moment mal!“, unterbrach Puff-Kalle. „Was macht die Frischfleischconnection?
Der Club ist nur zur Hälfte belegt, seit die beiden Junghühner auch noch ausgefallen sind. Wir brauchen einen Poussier er, der mal für etwas Nachschub sorgen kann. Er soll in die Discotheken fahren, einfach mal kneistern und die Nachwuchsbräute von einem interessanteren Leben überzeugen.
Wer könnte eurer Meinung nach derjenige sein?“
„Könnte Teenie-Franz doch übernehmen“, schlug der rotgesichtige Grübel-Otto, dem sein mächtiger Oberlippenbart bis in die Mundwinkel gewachsen war, vor. „Er sieht doch schneidig aus mit seinem wallenden Blondhaar und wenn er dann noch mit seinem Rolls-Royce oder dem roten 560er SL auftaucht, müsste es schon klappen.“
„Hm“, brummelte Ochsen-Gerdi.
„Aber Franz, auch du weißt, weshalb du deinen Spitznamen hast.
Ich wäre einverstanden, aber schlepp hier nicht nur die minderjährigen Junghühner an. Wenn die zu Hauf hier auftauchen, gibt’s Probleme mit der Schmiere. Immer mal eine, das reicht!
Wir sollten