Эротические рассказы

Martin Eden: Vollständige deutsche Ausgabe. Jack LondonЧитать онлайн книгу.

Martin Eden: Vollständige deutsche Ausgabe - Jack London


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zerbrochen, außer wenn er Bücher las; aber damals waren diese Bücher nur Märchen, Märchenbücher von einer schöneren, unmöglichen Welt. Doch jetzt hatte er diese Welt als etwas Mögliches und Wirkliches gesehen, noch dazu mit einer Blume von Weib namens Ruth als Mittelpunkt; und von jetzt an mußte er den bitteren Geschmack schmerzender Sehnsucht und eine Hoffnungslosigkeit spüren, die ihn um so schlimmer quälte, als sie immer wieder von Hoffnung genährt wurde.

      Er hatte zwischen den Volksbibliotheken von Berkeley und Oakland geschwankt und entschloß sich für die Oakländer, weil Ruth in Oakland wohnte. Wer konnte es wissen? – Eine Bibliothek war ein Ort, wo sie zu Hause war, und vielleicht traf er sie dort. Er wußte nicht Bescheid in Bibliotheken, und er irrte an endlosen Reihen von Romanen vorbei, bis das junge Mädchen mit den feinen französischen Zügen, das anscheinend die Aufsicht über die Abteilung führte, ihm sagte, daß die Handbücherei sich oben befand. Er war zu unbewandert, um den Mann am Tische zu fragen, und machte seine ersten Versuche in der philosophischen Abteilung. Er hatte wohl von Philosophie gehört, aber nicht gedacht, daß so viel darüber geschrieben worden war. Die hohen Regale, die sich unter der Last der schweren Bände bogen, demütigten ihn und spornten ihn gleichzeitig an. Hier gab es Arbeit für sein kräftiges Gehirn. In der mathematischen Abteilung fand er Bücher über Trigonometrie, und er überflog hastig die Seiten und starrte auf die sinnlosen Formeln und Figuren. Englisch konnte er lesen, aber die Sprache, die er hier sah, war ihm völlig fremd. Norman und Arthur aber kannten sie. Er hatte sie in dieser Sprache reden hören. Und sie waren Brüder. Verzweifelt verließ er die Regale. Es war, als ob die Bücher von allen Seiten auf ihn einstürmten und ihn unter sich begruben. Nie hatte er sich träumen lassen, daß der Vorrat menschlichen Wissens so riesig sei. Er war erschrocken. Wie konnte sein Kopf je das alles bewältigen? Später fiel ihm ein, daß andere Männer, viele Männer damit fertig geworden waren; und mit unterdrückter Leidenschaft schwor er einen wilden Eid, daß sein Kopf auch schaffen sollte, was der ihre geschafft hatte.

      Und so ging er denn weiter, zwischen Entmutigung und Entzücken schwankend, und starrte auf die von Gelehrsamkeit strotzenden Regale. Auf einem, das verschiedenartige Literatur enthielt, stieß er auf ein Exemplar von ›Norrie’s Epitome‹. Er durchblätterte es ehrfurchtsvoll. Irgendwie redete es eine verwandte Sprache. Er und das Buch, sie beide gehörten dem Meere an. Dann fand er einen Band von Bowditch und Bücher von Leckey und Marshall. Da wußte er es: er wollte Navigation lernen. Er wollte kein Glas mehr anrühren, wollte arbeiten und Kapitän werden. Ruth schien ihm in diesem Augenblick ganz nahe. Als Kapitän konnte er sie heiraten (wenn sie ihn haben wollte), und wenn sie nicht wollte, nun ja, dann wollte er um ihretwillen als Mann unter Männern leben und jedenfalls nicht mehr trinken. Dann fielen ihm die Assekuradeure und Reeder ein, die zwei Herren, denen ein Kapitän dienen muß, wenn er sich nicht den Hals brechen will, und deren Interessen einander strikt entgegenlaufen. Er blickte sich in dem Raum um, schloß die Augen und sah all die zehntausend Bücher vor sich. Nein, er wollte nichts mehr mit der See zu tun haben. In diesem Überfluß von Büchern war Macht, und wenn er Großes verrichten wollte, so mußte er es zu Lande tun. Übrigens durfte ein Kapitän auch seine Frau nicht mit an Bord nehmen.

      Es wurde Mittag, und es wurde Nachmittag. Er vergaß zu essen und suchte weiter nach Büchern über den guten Ton, denn außer der Sorge um seine Laufbahn quälte ihn ein einfaches und ganz gegenständliches Problem. Wie bald kann man einen Besuch wiederholen, wenn eine junge Dame einen dazu auffordert, so fragte er sich. Als er aber das betreffende Regal fand, suchte er vergebens nach einer Antwort. Er war entsetzt über das riesige Gebäude der Etikette und verlor sich in einem Labyrinth von Regeln über den Gebrauch von Visitenkarten in der guten Gesellschaft. Er gab es auf, weiter zu suchen. Er hatte nicht gefunden, was er brauchte; das einzige, was er entdeckte, war, daß es einen Menschen ganz in Anspruch nahm, wenn er nach den Regeln der Höflichkeit leben wollte, und daß er zunächst die Zeit damit verbringen müßte, Höflichkeit zu lernen.

      »Haben Sie gefunden, was Sie suchten?« fragte ihn der Mann am Pult, als er ging.

      »Ja«, antwortete er. »Sie haben eine sehr schöne Bibliothek.«

      Der Mann nickte. »Wir würden uns freuen, wenn Sie öfter wiederkämen. Sind Sie Seemann?«

      »Ja«, antwortete er. »Und ich komme wieder.«

      Woher weiß er das nur? fragte er sich, als er die Treppe hinunterschritt.

      Und bis zur nächsten Straßenecke ging er sehr steif und gerade und linkisch, dann aber verlor er sich in Gedanken und verfiel wieder in seinen natürlichen, wiegenden Gang.

      Sechstes Kapitel

      Eine schreckliche Unrast, eine Art Hunger hatte Martin Eden gepackt. Ihn hungerte nach dem Anblick des jungen Mädchens, dessen zarte Hände so gewaltig wie die eines Riesen in sein Leben gegriffen hatten, aber er konnte sich nicht dazu ermannen, sie zu besuchen. Er fürchtete, daß es zu früh sein und daß er sich dadurch eines furchtbaren Bruchs dieses »Etikette« genannten Dinges schuldig machen würde. Er verbrachte viele Stunden in den Volksbibliotheken von Oakland und Berkeley und erwarb die Mitgliedschaft für sich, seine beiden Schwestern Gertrude und Marian sowie für Jim, dessen Einwilligung er jedoch erst nach verschiedenen Gläsern Bier erlangte. Und auf alle vier Karten brachte er Bücher mit heim und brannte bis spät in die Nacht hinein in seinem Stübchen Gas, wofür Bernard Higginbotham ihm fünfzig Cent wöchentlich extra ankreidete.

      Aber die vielen Bücher, die er las, erhöhten nur seine Unrast. Jede Seite aller dieser Bücher war ein Guckloch ins Reich der Erkenntnis. Sein Hunger nährte sich von dem, was er las, und wuchs nur noch an. Dazu wußte er nicht, wo beginnen, und litt beständig unter seiner mangelhaften Vorbildung. Die gewöhnlichsten Hinweise, die zu verstehen man von jedem Leser erwartete, wie er deutlich sah, waren ihm unbekannt. Und dasselbe galt auch von den Gedichten, die er las, und die ihn toll vor Entzücken machten. Er las mehr von Swinburne, als der Band enthielt, den Ruth ihm geliehen hatte, und ›Dolores‹ verstand er völlig. Ruth aber, meinte er, könnte es unmöglich verstehen. Wie sollte sie auch, sie, dieses verfeinerte, wohlbehütete junge Mädchen? Dann erwischte er einen Band Gedichte von Kipling und wurde völlig hingerissen von dem Rhythmus, dem Schwung und dem Glanz, den der Dichter alltäglichen Dingen verlieh. Er war erstaunt über die Lebensfreude und die scharfe Psychologie dieses Mannes. Psychologie war ein neues Wort in Martins Wortschatz. Er hatte sich ein Wörterbuch gekauft, was seinen Geldbeutel stark angegriffen und den Tag seiner Abfahrt nähergerückt hatte. Bernard Higginbotham war darüber erbost, da er es lieber gesehen hätte, wenn das Geld in Kost und Logis umgesetzt worden wäre.

      Am Tage wagte er sich nicht in die Gegend, wo Ruth wohnte, abends aber schlich er wie ein Dieb um das Haus der Familie Morse, warf verstohlene Blicke zu den Fenstern hinauf und liebte selbst die Mauern, die SIE schützten. Einige Male wäre er beinahe von ihren Brüdern entdeckt worden, und einmal folgte er ihrem Vater bis in die Stadt, studierte dessen Gesicht im Schein der Straßenlaternen und wünschte sich, daß er überraschend in irgendeine Todesgefahr geriete, so daß er hinzuspringen und ihn retten könnte. Wieder an einem Abend wurde seine Ausdauer dadurch belohnt, daß er an einem Fenster im zweiten Stock einen Schimmer von Ruth erblickte. Er sah nur ihren Kopf, ihre Schultern und die Arme, die sie hob, um ihr Haar vor einem Spiegel zu ordnen. Es dauerte nur einen Augenblick. Aber ihm schien es eine Ewigkeit, in der sein Blut zu Wein wurde und singend durch seine Adern brauste. Dann ließ sie die Gardine herab. Aber nun wußte er, welches ihr Zimmer war, und von jetzt an stand er oft hier auf der andern Seite der Straße im Schatten eines Baumes und rauchte unzählige Zigaretten. Eines Nachmittags sah er ihre Mutter aus einer Bank kommen, und das machte ihm von neuem den ungeheuren Abstand klar, der Ruth von ihm schied.

      Sie gehörte der Klasse an, die mit Banken zu tun hatte. Er war in seinem ganzen Leben noch nie in einer Bank gewesen und stellte sich vor, daß diese Institute nur die ganz Reichen und Mächtigen besuchten.

      In gewisser Weise war eine moralische Umwälzung in ihm vorgegangen. Ihre körperliche und geistige Reinheit hatte ihre Wirkung auf ihn ausgeübt, und er fühlte einen heißen Drang, selbst rein zu sein. Er mußte es sein, wenn er je würdig werden wollte, dieselbe Luft wie sie zu atmen. Er putzte sich die Zähne und schrubbte sich die Hände mit einer


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