Erwin Rosenberger: In indischen Liebesgassen - Prostitution in Bombay - Aus dem Tagebuch eines Schiffsarztes. Erwin RosenbergerЧитать онлайн книгу.
ordnungsgemäß das geleistet, was er mit seinem Geld gekauft hat, und nun kehrt sie wieder seelenruhig zu ihrer Kartenbelustigung zurück.
Ein Kartenspielchen, dann ein bisschen sexual-gewerbliche Betätigung, dann wieder ein Kartenspielchen.
Und der Mann im Bett denkt: „Ich ruh' noch ein Weilchen aus. Ich hab' für meinen Platz da auf diesem Lager gezahlt, – es wird hoffentlich gestattet sein, dass ich noch eine Zeitlang bleibe.“
So ist die Liebe hier in den Liebesgassen.
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Unter den indischen Buhlerinnen, die mir bisher vor Augen gekommen, waren sehr viele äußerst schlanke, – um nicht zu sagen: magere.
Auch unter den Ehrbaren, den ehrbaren indischen Mädchen und Frauen, die man in den Straßen von Bombay sieht, ist die Hagerkeit sehr verbreitet, zumal in der Frauenwelt der unteren Volksklassen.
In Bombay, – im Europäerviertel und in den Stadtteilen der Eingeborenen und in der Hafengegend, – hat ja der Spaziergänger reichlich Gelegenheit, Inderinnen zu sehen, zu betrachten. Sie haben kleine oder mittelgroße, gut-proportionierte Statur, aufrechte Haltung, ungezwungen-geschmeidige Gehweise. Wenn ich von Inderinnen spreche, so meine ich vor allem die Frauen und Mädchen der Hindu-Bevölkerung. Die Muslimin, die ehrbare Muslimin, ist in Bombay in der Öffentlichkeit des Straßenlebens selten zu erblicken.
Ich will nun durchaus nicht schlankweg die Regel aufstellen, dass hier auf dem Boden von Bombay die mageren Hindufrauen in der Mehrheit sind, oder gar in einer überwiegenden Mehrheit. Vielleicht sind sie's tatsächlich, – ich kann nichts Bestimmtes über diesen wissenswerten Gegenstand aussagen. Ich habe weder die Mageren gezählt, noch auch die Fetten und so bin ich außerstande, ein konkretes verlässliches Ziffernmaterial zu liefern, das einen Statistiker befriedigen könnte.
Allein es ist jedenfalls sicher, dass ich zuvörderst, auf den ersten Blick, in Bombay den Eindruck hatte: Du lieber Himmel, mich dünkt, ich bin gerade während der sieben dürren Jahre nach Bombay gekommen. Die Damenschlankheit scheint hier endemisch zu sein! Das zartere Geschlecht ist wirklich recht zart!
Es ist aber auch weiterhin sicher, dass man, genauer beobachtend, denn doch eine schöne Anzahl von Hindufrauen und Hindumädchen wahrnimmt, die gewiss nicht als mager bezeichnet werden können, und dass man hierauf sein ursprüngliches absprechendes Urteil korrigiert, ohne es jedoch geradezu umzustoßen.
Freilich, eine gründlich und allseits Fette, ein wuchtig dickes Frauenexemplar, wie man deren auf dem europäischen Kontinent oder nicht selten in der Levante zu sehen bekommt, habe ich meines Erinnerns unter der Hindu-Weiblichkeit von Bombay bisher überhaupt nicht bemerkt.
Da ich nun schon einmal in das anthropologische Problem „Fett oder nicht-fett“ hinabgetaucht bin, so möchte ich mir auch Klarheit verschaffen, weshalb denn dem Reisenden, dem Neu-Ankömmling in Indien, die eingeborenen Frauen so fleischarm erscheinen.
Die Beine der Mädchen und Frauen sind es, die uns zu diesem Urteil bringen. Die Beine, die unteren Extremitäten.
Als ich von den „Fleischmädchen“ sprach, erwähnte ich, dass die Tracht der minder bemittelten Hindufrauen recht kümmerlich ist. Als einzige Rock- und Schoßkleidung tragen sie ein hosenartig verschlungenes Stück Zeug, das sich wie eine lockere Bandage um den oberen Teil der Oberschenkel und um den Unterleib legt und ein Stück Oberschenkel und die Unterschenkel entblößt lässt.
Da sieht man nun allerdings zumeist sehr schlanke Frauenbeine. Schön geformt, zierliche Knöchelgegend, aber just mit dem Nötigsten an Fleisch ausgestattet.
Und es kann nicht verschwiegen werden, dass man das eine und das andere Mal in Bombay auch Frauenbeine bemerkt, die mehr als billig mager sind.
Der gewissenhafte Forscher wird auch das Weshalb? und Woher? dieser somatischen Eigenheit ergründen wollen und er wird zur Ansicht gelangen, dass die Schmächtigkeit der erörterten indischen Frauenbeine zum Teil eine konstitutionelle Rassen-Eigentümlichkeit sein mag, zum Teil jedoch als eine Folge-Erscheinung der Ernährung betrachtet werden muss.
Die Mahlzeiten, die den Inderinnen der unteren Bevölkerungsklassen beschieden sind, enthalten kein Übermaß an Nährstoffen. Doch, wie gesagt, es ist außer der landesüblichen Verköstigungsweise auch die Rassenanlage mitwirkend. Man sieht eine hinlängliche Menge schmalgebauter hagerer Leute, die ersichtlich und offenkundig den wohlhabenden Ständen angehören und nicht genötigt sind, sich mit schmalen Bissen zu begnügen. –
Um jedoch wieder zu den Hindufrauenbeinen zurückzukehren, – der Betrachter wird verführt zur Folgerung: ich sehe schlanke Beine, – wie mager sind doch diese Frauen!
Er schließt aus der Einzelheit auf die Gesamtbeschaffenheit des Körpers. Manchmal kommt er zu einem richtigen Schluss, manchmal kann's ihm jedoch passieren, dass er sich sehr täuscht. Es ist nicht alles so mager wie es scheint.
Wenn man aufmerksamer beobachtet, wenn man den Oberkörper der Inderinnen ins Auge fasst, – und das sehr kurze, eng an die Haut sich anschmiegende Leibchen kann die Formen nicht verschweigen, – dann wird man in den Straßen von Bombay oft genug die Entdeckung machen: die Beine sind recht schmächtig, in ihrer ganzen Ausdehnung, und auch die seitlichen Leibeskonturen bezeugen Schlankheit, ja Zartheit, aber siehe, welch voll und reich entwickelte Brüste!
Als hätte Mutter Natur in weiser Fürsorge sich von der Erwägung leiten lassen: mögen die anderen Körperformen karg zugemessen sein, – das eine Organ, das ich zur Wohlfahrt des Säuglings brauche, zu Nutz und Frommen der Gattung, das darf mir nicht verkümmert werden.
– Man hat dergestalt in den Gassen von Bombay, in der Tramway, an Bord des Dampfers hinlänglich Gelegenheit, die Weisheit der Natur zu bewundern, sowohl die verhüllte als auch die unverhüllte, und man wird dabei nicht umhin können, seine Urteile in der Frage „Mager oder nicht-mager?“ zu prüfen und mit den Tatsachen in Einklang zu bringen.
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Die Suklajistreet ist, wie ich seinerzeit berichtet habe, gewissermaßen die Zentralgasse des Freudenstadtteiles Kamatipura, in ihr lebt und liebt ein bunter Schwarm verschiedenartiger Buhlerinnen: Japanerinnen, Inderinnen, Somali-Mädchen, Europäerinnen und andere.
Die erste Freudenmädchengasse von Bombay, die ich im Februar dieses Jahres, während meiner ersten Bombay-Reise kennen lernte, war eben die Suklajistreet und sie zeigte mir wie in einem Extrakt, wie in einer gedrängten Übersicht, den Inhalt des ganzen Freudenmädchen-Bezirkes.
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Die Hindu-Mädchen – und im weiteren Sinne die Inderinnen – sind unter allen Freudenmädchen von Bombay die am wenigsten geschätzten.
Das ist eigentlich einigermaßen merkwürdig. Denn manches indische Mädchen ist in Gesichts- und Körpergestaltung manchem Kamatipura-Mädchen anderen Volksstammes zum mindesten ebenwertig. Aber: nemo propheta in patria (kein Prophet in deinem Land).
Außerdem verstehen die indischen Mädchen nicht, „sich in Szene zu setzen“. Zumeist treten sie als bettelarme Geschöpfe ins Freudenmädchentum ein und diese Anfangsarmut ist der Urgrund, auf dem ihre lebenslängliche Dürftigkeit zustande kommt; weil sie von Beginn an so arm sind, bescheiden sie sich mit sehr geringen Lohnforderungen und entwerten sich solcherart selber.
Denn in Kamatipura und auf dergleichen Märkten gilt das Gesetz: einen je geringeren Preis die Hetäre verlangt, desto geringeren Wert misst ihr der Mann bei.
In dem Mann entsteht die Suggestion: sie mag wenig wert sein, da sie selber ihren Preis so niedrig ansetzt.
Man taxiert den Wert nach dem Preis. Sie gibt sich wenig Preis, um weniges „gibt sie sich preis“, sie bietet sich „sehr preiswert“ an und erscheint dadurch weniger wert, – weniger begehrenswert.
Circulus: weil sie arm, des Geldes sehr bedürftig ist, fordert sie wenig Geld; weil sie wenig fordert, bleibt sie arm und dürftig. Würde sie mehr verlangen, würde sie mehr verlangt sein. Und wäre sie mehr begehrt, dürfte sie sich's erlauben, mehr zu begehren.
Als ich jüngst wieder