Der Südstern. Jules VerneЧитать онлайн книгу.
Geld haben, antwortete ihm der Bergmann. Gerade neben dem meinigen ist jetzt einer frei. Vierhundert Pfund Sterling (Zehntausend Francs = achttausend Mark) ist er unter Brüdern werth. Mit fünf bis sechs Negern, die ihn für Ihre Rechnung bearbeiten, können Sie sich darauf verlassen, per Woche sieben- bis achthundert Francs Diamanten zu »machen!«
– Ich habe aber nicht zehntausend Francs und auch nicht den kleinsten Negerjungen, antwortete Cyprien.
– Nun gut, so kaufen Sie einen Claimantheil – ein Achtel oder nur ein Zehntel – und bearbeiten diesen selbst. Hier genügen schon tausend Francs als Anlagecapital.
– Das vertrüge sich eher mit meinen Mitteln, erwiderte der junge Ingenieur. Aber – wenn Sie diese Frage nicht zu unbescheiden finden – wie haben Sie es denn angefangen, Herr Steel, sind Sie denn mit einem solchen Capital hierher gekommen?
– Ich kam hierher mit meinen Armen und drei Stückchen Gold in der Tasche, erklärte der Andere. Aber ich habe freilich Glück gehabt. Zuerst bearbeitete ich auf halben Gewinn ein Achtel, dessen Besitzer lieber im Kaffeehause auf der Bärenhaut lag, als sich um seine Geschäfte zu kümmern. Wir waren übereingekommen, unsere Funde zu theilen, und ich habe deren recht schöne gemacht – vorzüglich einen Stein von fünf Karat, den wir für zweihundert Pfund Sterling verkauften. Dann wurde ich müde, für diesen Tagedieb zu arbeiten und kaufte mir ein Sechzehntel, das ich allein ausbeutete. Da ich hier nur sehr kleine Steine fand, gab ich dasselbe bald und zwar vor nun zehn Tagen auf. Jetzt grabe ich auf's Neue für halbe Rechnung mit einem Manne aus Australien in dessen Claim; in der ersten Woche freilich haben wir für Beide nicht mehr als fünf Pfund gemacht.
– Wenn ich einen Theil eines guten Claims nicht zu theuer zu kaufen fände, wären Sie dann vielleicht geneigt, denselben mit mir auszubeuten? fragte der junge Ingenieur.
– Das versteht sich, antwortete Thomas Steel – jedoch unter einer Bedingung, daß Jeder von uns für sich behält, was er eben findet; das sage ich nicht etwa aus Mißtrauen gegen Sie, Herr Méré! Aber sehen Sie, seit ich hier bin, hab' ich bemerkt, daß ich beim Theilen allemal einbüße, weil ich mich auf Spitzaxt und Haue verstehe und zwei oder drei Mal soviel Gesteinmenge losschlage, als die Anderen.
– Das scheint mir dann nicht mehr als billig, antwortete Méré.
– Ah, rief da plötzlich der Lancashiremann, ihn unterbrechend, ein Gedanke, vielleicht ein ganz guter. Wenn wir nun zusammen einen der Claims von John Watkins annähmen?
– Wie? Einen von seinen Claims? Gehört ihm denn der Grund und Boden der Kopje nicht ganz allein?
– Gewiß, Herr Méré; Sie wissen aber doch, daß die Colonialregierung denselben sofort mit Beschlag belegt, sobald in einem Stück Land ein Diamantenlager entdeckt wird. Dann verwaltet dasselbe die Regierung, catastrirt und zerstückelt es in Claims, bezieht auch den größten Theil der Concessionsgelder und zahlt an den Eigenthümer nur eine bestimmte Rente. Die Letztere bildet, wenn die Kopje so ausgedehnt ist wie hier, immerhin ein beträchtliches Einkommen, außerdem bleibt dem Bodenbesitzer noch das Vorkaufsrecht auf so viel Claims, wie er bearbeiten zu lassen im Stande ist. So liegt die Sache auch mit John Watkins. Außer seinem Eigenthumsrecht an der ganzen Mine läßt er mehrere Theile derselben für eigene Rechnung ausbeuten. Er kann das aber nicht so eifrig betreiben, wie er's wohl wünschte, weil ihn die Gicht hindert, selbst an Ort und Stelle zu erscheinen, und ich glaube, er würde ganz annehmbare Bedingungen stellen, wenn Sie ihm vorschlügen, einen solchen Claim zu übernehmen.
– Ich würde es lieber sehen, wenn der Abschluß des Geschäftes nur zwischen ihm und Ihnen erfolgte, entgegnete Cyprien.
– Darauf soll mir's auch nicht ankommen, meinte Thomas Steel; die Geschichte soll sehr bald im Reinen sein!«
Drei Stunden später war der halbe Claim Nummer 942, der mit Pfählen abgesteckt und auf einer Karte eingezeichnet war, in vorschriftsmäßiger Form an Herrn Méré und Thomas Steel gegen Zahlung einer Summe von neunzig Pfund Sterling (1800 Mark) überlassen, wofür jene das Patentrecht auf denselben erwarben. Außerdem stellte der Vertrag fest, daß die Concessionäre mit John Watkins die Ausbeute ihrer Arbeit zu theilen und ihm, unter dem Titel der »Royalty«, die drei ersten Diamanten von über sechs Karat Rohgewicht auszuliefern hätten. Nichts wies zwar von vornherein darauf hin, daß dieser Fall eintreten würde, indeß er konnte sich ja doch ereignen – wie ja eben Alles möglich ist.
Alles in Allem verdiente das Geschäft für Cyprien ein sehr Vortheilhaftes genannt zu werden, und Mr. Watkins erklärte ihm das auch, nach Unterzeichnung des Contractes und während er ihm darauf zutrank, in seiner gewöhnlichen offenherzigen Weise.
»Sie haben da einen glücklichen Griff gethan, junger Freund, sagte er, ihm auf die Schulter klopfend. In Ihnen steckt ein gesunder Kern! Ich würde mich nicht im Geringsten wundern, Sie zum besten unserer Diamantengräber im Griqualand werden zu sehen!«
Cyprien konnte in diesen Worten nur eine glückverheißende Prophezeiung bezüglich seiner Zukunft erkennen.
Und Miß Watkins, welche der Verhandlung beiwohnte, hatte einen so sonnenhellen Blick in ihren blauen Augen! Nein, kein Mensch hätte geglaubt, daß diese den lieben langen Morgen lang geweint hatten.
Unter stillschweigender Uebereinkunft wurde des peinlichen Auftrittes vom gestrigen Morgen mit keiner Silbe Erwähnung gethan. Cyprien blieb eben da, das lag auf der Hand, und das war ja im Grunde die Hauptsache.
Der junge Ingenieur ging also mit weit leichterem Herzen fort, um seinen Auszug vorzubereiten, obgleich er in einer größeren Reisetasche nur einige Kleidungsstücke mitnahm, denn er gedachte wohl bei der Vandergaart-Kopje unter einem Zelte zu wohnen, seine Mußestunden aber wie bisher auf der Farm zuzubringen.
Fünftes Capitel.
Erste Abbauversuche.
Am frühen Morgen des folgenden Tages begaben sich die beiden Compagnons an die Arbeit. Ihr Claim lag nahe dem Rande der Kopje und mußte, wenn Cyprien Méré's Theorie sich bestätigte, zu den reicheren gehören. Leider war dieser Claim schon stark abgebaut und reichte bis zur Tiefe von einigen fünfzig Metern in die Erde hinab.
In gewisser Hinsicht durfte das aber wieder als ein Vorzug gelten, weil in Folge seiner, alle Nachbar-Claims übertreffenden Tieflage, nach bestehendem Landesgesetz, alle Erdmassen und folglich die etwa darin befindlichen Diamanten, welche von der Umgebung her hineinfielen, den Inhabern desselben gehörten.
Die Arbeit selbst war höchst einfach. Die beiden Theilhaber lösten zuerst mit Spitzhaue und Hacke einen Theil Erdreich regelrecht los. Darauf begab sich der Eine nach der Mündung der Grube und zog an dem langen Drahtkabel die ihm von unten zugesendeten Ledereimer in die Höhe.
Das Erdreich wurde von hier aus mittelst Karrens nach der Hütte Thomas Steel's geschafft. Nachdem es hier mit groben Holzscheiten zerkleinert und von werthlosen Kieselsteinen befreit war, gelangte dasselbe in ein Sieb mit Maschen von fünfzehn Millimeter Weite, um davon die kleineren Steine zu trennen, welche nun aufmerksam durchgesehen wurden, um die auf den ersten Blick werthlosen bei Seite zu werfen. Endlich gelangte die Erde in ein feinmaschiges Sieb, durch welches nur der Staub daraus entfernt wurde, und war nun in dem erwünschten Zustande, um einer ganz sorgfältigen Prüfung unterworfen zu werden.
Nachdem dieselbe auf einen Tisch ausgeschüttet worden war, an dem die beiden Steinsucher Platz nahmen, ließen sie jene mittelst eines Art Schabers aus Weißblech mit größter Aufmerksamkeit eine