Little Women: Beth und ihre Schwestern. Луиза Мэй ОлкоттЧитать онлайн книгу.
flüsterte Lieschen, auf die die hübschen Bücher und das Beispiel ihrer Schwestern einen tiefen Eindruck machten.
„Ich freue mich, dass meins blau ist,“ sagte Amy, und nun wurde es still in den Zimmern, während die Seiten leise umgeschlagen wurden, und der. Wintersonnenschein durch die Fenster drang und den finnigen und doch so fröhlichen Kindergesichtern auch seinen Weihnachtsgruss zulächelte.
„ Wo ist die Mutter?“ fragte Margaret, als sie und Jo eine halbe Stunde später hinuntereilten, um ihr für ihr Geschenk zu danken.
„ Gott weiss es. Ein armer Knabe kam und bettelte, und gleich darauf ging Frau March aus, um zu sehen, wie sie am besten helfen könne. Eine solche Frau hat’s nie gegeben. Es ist unerhört, was sie an Nahrungsmitteln, Kleidern und Feuerung fortgiebt,“ sagte Hannah, die seit Margaret’s Geburt in der Familie diente und deshalb von allen mehr als Freundin, denn als Dienerin betrachtet wurde.
„ Ich denke, sie wird bald zurückkommen; backe also nur deine Kuchen und halte alles bereit,“ sagte Margaret, während sie die Geschenke besah, die in einem Korbe unter dem Sofa standen, um zu geeigneter Zeit zum Vorschein zu kommen. „Wo ist denn aber Amy’s kölnisches Wasser?“ fragte sie, als sie das Glas nicht fand.
„ Sie hat es vor einem Augenblick aus dem Korbe genommen, um es, glaube ich, mit einem Bande zu verzieren,“ versetzte Jo, die in den neuen Pantoffeln im Zimmer herumtanzte, um ihnen die erste Steifigkeit zu nehmen.
„Wie hübsch meine Taschentücher aussehen, nicht wahr? Hannah hat sie gewaschen und geplättet, und ich habe sie selbst gezeichnet,“ sagte Lieschen, mit Stolz die etwas ungleichen Buchstaben betrachtend, welche ihr soviel Mühe gekostet hatten.
„Welches Kind! da hat sie statt Frau March ,Mutter‘ hineingezeichnet!“ rief so lachend. „Das ist doch gar zu komisch!“
„Hab’ ich’s verkehrt gemacht?“ rief Lieschen bestürzt. Ich glaubte, es wäre besser, sie so zu zeichnen, weil Margaret’s Anfangsbuchstaben auch ,M. M.‘ sind, und ich möchte nicht gern,“ fügte sie zögernd hinzu, „dass jemand anders als Mama diese Tücher gebrauchte.“
„ Das hast du ganz hübsch ausgedacht, Lieschen; denn nun kann keine Verwechslung vorkommen. Mama wird sich sehr darüber freuen,“ sagte. Margaret mit einem vorwurfsvollen Blicke auf so und einem Lächeln für Lieschen.
„ Da kommt die Mutter! Versteckt den Korb, schnell!“ rief so, als man eine Thür zuschlagen und Schritte auf dem Vorplatz hörte.
Amy in Mantel und Kapuze trat hastig herein und war etwas betroffen, als sie ihre Schwestern schon alle versammelt fand.
„ Ei, bist du’s, Amy.“ Woher so früh? und was versteckst du hinter dir?“ fragte Margaret.
„ Lach mich nicht aus, Jo,“ sagte Amy; „ es sollte eigentlich niemand wissen, bis der Augenblick gekommen war; ich wollte nur die kleine Flasche gegen eine grosse umtauschen und habe nun all’ mein Geld ausgegeben, um sie zu bekommen. Ich will wirklich versuchen, nicht mehr selbstsüchtig zu sein.“
Bei diesen Worten zeigte Amy das hübsche grosse Glas, und in ihrem Bestreben, sich selbst zu vergessen, sah sie so ernst und demüthig aus, dass Margaret sie umhalste, und Jo sie für ein ,prächtiges Mädchen‘ erklärte, Lieschen aber lief ans Fenster und pflückte ihre schönste Rose, um die stattliche Flasche damit zu schmücken.
„ Ich schämte mich meines Geschenks, nachdem ich heute Morgen in meinem Buche gelesen hatte,“ sagte Amy; „ich lief also, sobald ich aufgestanden war, um die Ecke und tauschte das Glas um; und ich freue mich sehr, dass ich’s gethan habe, denn mein Geschenk ist nun das hübscheste.“
Jetzt hörte man die Thür von neuem zuschlagen, der Korb flog unter das Sofa, und die Mädchen eilten an den gedeckten Tisch, denn es war längst über die gewohnte Frühstückszeit hinaus, und sie waren sehr hungrig.
„ Fröhliche Weihnachten, Mama! Fröhliche Weihnachten! und tausend Dank für die schönen Bücher. Wir haben schon darin gelesen und werden es alle Tage thun,“ riefen sie im Chor.
„ Fröhliche Weihnachten, liebe Kinder! Es freut mich, dass ihr gleich angefangen habt, und ich hoffe, ihr werdet so fortfahren. Ehe wir uns niedersetzen, möchte ich euch gern ein Wort sagen. Nicht weit von hier liegt eine arme Frau mit einem neugeborenen Kindlein. Sechs grössere Kinder liegen in einem Bette zusammengedrängt, um sich zu erwärmen, denn sie haben kein Feuer und nichts zu essen. Der älteste Knabe kam herüber, um mir zu sagen, wie sehr sie durch Hunger und Kälte litten. Was meint ihr, Kinder, wollt ihr ihnen euer Frühstück zu Weihnachten schenken?“
Sie waren alle ungewöhnlich hungrig und hatten sich sehr auf ihr Frühstück gefreut, und eine Minute lang sprach niemand; aber nur eine Minute; dann rief Jo:
„Wie freut es mich, dass wir noch nicht angefangen hatten!“
„Darf ich helfen, den armen Kindern die Sachen hinzutragen?“ fragte Lieschen eifrig.
„Ich nehme die Sahne und die Milchbrödchen,“ sagte Amy, heldenmüthig entschlossen, gerade das fortzutragen, was sie am liebsten ass.
Margaret deckte die Buchweizenkuchen zu und häufte Brot auf einen grossen Teller.
„Ich dachte wohl, dass ihr’s thun würdet, sagte Frau March zufrieden lächelnd.“ Ihr sollt alle mitgehen und mir helfen, und wenn wir zurückommen, wollen wir Milch und Brot frühstücken; heute Mittag wollen wir uns dann zu entschädigen suchen.“
Sie waren bald fertig, und der Zug setzte sich in Bewegung. Glücklicherweise war es früh am Tage, und da sie durch Nebenstrassen gingen, so wurden sie von wenigen Leuten gesehen, und niemand lachte über die komische Gesellschaft
Es war ein ärmliches, kahles, elendes Zimmer mit zerbrochenen Fensterscheiben, ohne Feuer, mit zerlumpten Betten, wo sie die kranke Mutter mit dem schreienden Säugling und eine Schaar bleicher hungriger Kinder fanden. Letztere waren unter eine alte Decke gekrochen, um sich gegenseitig, warm zu halten. O, wie die grossen Augen die hereintretenden Mädchen anstarrten, und die blauen Lippen sie anlächelten!
„ Ach, mein Gott! es sind gute Engel, die zu uns kommen!“ rief die arme Frau unter Freudenthränen.
„ Komische Engel in Kapuzen und Handschuhen,“ sagte Jo lachend.
Nach wenigen Minuten aber schien es wirklich, als ob gute Geister in dem ärmlichen Zimmer geschäftig gewesen wären. Hannah, die Holz gebracht hatte, machte Feuer an und verstopfte die zerbrochenen Fensterscheiben mit alten Hüten und mit ihrem eigenen Tuche. Frau March gab der Mutter Thee und Hafergrütze und tröstete sie mit dem Versprechen, ihr nach Kräften zu helfen, während sie das kleine Kind mit so zärtlicher Sorgfalt ankleidete, als wäre es ihr eigenes gewesen. Mittlerweile deckten die Mädchen den Tisch, setzten die Kinder um das Kaminfeuer und fütterten sie unter freundlichem Gespräch und Lachen wie eben so viele hungrige Vögel.
„ Die Engelskinder!“ riefen die armen kleinen Dinger, während sie sich’s gut schmecken liessen und ihre rothen Hände vor dem behaglichen Feuer wärmten. ,Engelskinder!‘ waren die Mädchen noch nie genannt worden; aber der Name klang ihnen süss, besonders Jo, für die er am wenigsten zu passen schien. Das war ein glückliches Frühstück, obgleich sie nichts davon bekamen; und als sie fortgingen mit dem Bewusstsein, eine Hungernde Familie gesättigt und getröstet zu haben, da gab es wohl in der ganzen Stadt keine glücklichere Leute als die vier hungrigen kleinen Mädchen, die ihr Frühstück weggegeben hatten und sich am Weihnachtsmorgen mit Milch und Brot begnügten.
„ Ich denke, das heisst „unsern Nächsten lieben wie uns selbst“, und ich freue mich, dass Mama uns dazu Gelegenheit gegeben hat,“ sagte Margaret, als sie und ihre Schwester die Geschenke für die Mutter ordneten, welche hinaufgegangen war, um Kleider für die arme Familie zusammenzusuchen.
Der Weihnachtstisch war kein reichbesetzter, aber eine grosse Schale mit Rosen und andern Blumen verliehen demselben ein ganz festliches Ansehen, und die Liebe, mit welcher die kleinen Gaben dargebracht wurden, gab ihnen ihren inschätzbaren Werth.
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