Ich und der Fisch, der Fisch und ich. Dorothea Doris TangelЧитать онлайн книгу.
immer nur so extrem? Aber normal, ist ja langweilig.
Der elfte Tag (das Ende der Welt!)
Heute ist mir bewusst geworden daß es auf der ganzen Erde keinen Menschen gibt, der zu checken scheint wie schlecht es mir geht. (Ich erzähle es ja auch nicht!) Es gibt Niemanden der sich Sorgen um mich macht. Keiner vermisst mich und keinem fällt auf dass ich mich so lange schon nicht mehr gemeldet habe. Nicht, daß ich will daß irgendwer schlechte Gefühle wegen mir hat, kann ich ja auch nicht ertragen, aber muss ich denn so still und leise vor mich hin verrecken? Wie kommt es nur, daß ich jedes Mal, wenn es mir schlecht geht so alleine bin? Habe auch alle Telefonnummern vergessen. Weg, alles weg! In meinem Kopf, nur ein leeres Nichts.
Wieso ist Niemand da? Wo sind denn alle und was tun sie da? Wenn die Freundin gestern nicht gekommen wäre, wären mein Kater und ich schon längst verhungert. Da wären nur noch ein paar Skelette in einer verlassenen Wohnung übrig gewesen! Oder ich müsste Mäuse essen, obwohl ich schon lange kein Tierblut mehr zu mir nehme.
Mein armer kleiner, großer Kater. Er ist da. Liegt neben mir. Ist immer an meiner Seite, meine treue Seele. Ich liebe ihn so sehr dass es wehtut. Ich heule nun auch deswegen und tu mir so leid und er tut mir auch so leid, flenn, obwohl es ihm gut geht. Besser als mir!
Hoffe nur daß er meine Traurigkeit nicht so sehr mitbekommt. Will nicht, daß er Angst kriegt. Habe mal erfahren dass Tiere telepatisch kommunizieren. In Bildern. Was ist, wenn er meine Selbstmordgedanken mal gesehen hat, als ich mir vorstellte vom Hochhaus zu hüpfen?
Habe mal mit der Telepathie ein Experiment gemacht, als ich davon erfuhr und voll die Gedanken der Katze sehen können. Als ich den anderen Kater, den wir aufgenommen hatten als die Nachbarin gestorben war fragte, in Gedanken, was er denn von mir will, sah ich vor mir ein trapezförmiges Teil (ein Viereck mit ungleichen Seiten). Er war ein sehr kommunikatives Wesen und genau richtig für diesen Versuch.
Ich musste eine Weile nachdenken, weil ich nicht entziffern konnte was das zu bedeuten hatte. Bis er mich in die Küche führte und mir den Schrank zeigte, wo sein Futter steht. Ich begriff immer noch nicht, gab ihm aber zu Essen und dann kam es mir. Wenn ich nur 30 Zentimeter groß wäre, würde ich die Schranktür nur von unten sehen können. Es wäre für mich so hoch wie ein 5-stöckiges Haus, im Vergleich zur Körpergröße und es wäre trapezförmig, weil sich, durch den Blickwinkel von unten die geraden Dinge nach oben hin verjüngen. Maler, wie Michelangelo mussten das immer bedenken wenn sie in großer Höhe Gegenstände malten, die von unten aber gerade aussehen sollten!
Ist doch interessant, nicht? Seitdem habe ich einen Mords Respekt vor der Wahrnehmung der Tiere und will meinen großen Kater, der andere ist nun schon gestorben, nicht verrückt machen, mit den Zerrörungs- Depressions- Bilder in meinem Kopf, denn ich habe eine extrem stark ausgeprägte Bildvorstellung, schließlich bin ich Künstlerin.
Die Phantasie ist mein Geschäft, auch wenn ich wahrscheinlich mein ganzes Leben für Gotteslohn arbeiten muss und die meisten nicht wissen wieso ich den ganzen Tag beschäftigt bin (die verdient doch nix, also macht sie auch nix!) und was ich da andauernd so Wichtiges zu tun habe dass ich ihnen nicht uneingeschränkt zur Verfügung stehe und sie fragen sich, warum ich nicht Löcher auf dem Friedhof grabe, um Geld zu verdienen? Sie haben ja recht! Aber das Bild ist mir wichtiger, das kann nur ich ausdrücken, aber das Loch für den nächsten Sarg kann auch ein Anderer graben, da ist die Idee ja längst geboren, sogar die Maße stehen schon fest und es wird nur noch reproduziert, was sich einmal einer ausgedacht hat.
Ich aber muss Dinge neu erschaffen. Aus nichts weiter als einem Gedanken heraus entsteht ein ganzes Werk, das man danach sogar anfassen kann, wo vorher absolut nichts war. Ist das nicht herrlich? Ich sammle mir das Holz auf der Straße und nagle und klebe sie zusammen, grundiere mein Bettlaken und darauf kommt eine Idee mit der kein Aas etwas anfangen kann. Haha!
Viele wollten mir einreden daß ich nicht „richtig“ male, weil es kein Geld bringt. Traurig. Sie messen alles am Geld und wissen nicht dass es Dinge gibt die man nicht kaufen kann wie eine Idee oder die Liebe, die ich nun einmal zur Kunst habe, dass ich bereit bin dafür solche Opfer zu bringen und mich auch noch dem Spott meiner Leute aussetzen muss.
Aber ich weiß, in 100 Jahren sind meine Sachen Millionen wert. Also hebt schön Eure Bilder von mir auf, auch wenn ich sie Euch angedreht habe und ihr nicht wisst was Ihr mit ihnen anfangen sollt. Eure Enkelkinder können sich davon einmal ein Haus kaufen…
Ich wische mir die Tränen ab und versuche zum Katerlè, als er kommt und mich aus dem Kreislauf meiner dunklen Gedanken reißt mit normaler Stimme zu sprechen und mich zusammenzureißen, damit er sich nicht um mich sorgen muss. Schließlich sind wir eine Familie! Wenn er nicht wäre, wäre ich auch nicht mehr. Ich brachte es nicht über s Herz ihn alleine zu lassen, als ich einmal keinen Ausweg mehr sah, so rettete er mir das Leben. Jetzt bin ich froh dass ich noch da bin, auch wenn es gerade ziemlich holprig ist.
Tag 12
Gehe einkaufen. 20 Euro. Ich mache eine Liste und versuche mir das Geld einzuteilen, damit es die Woche reicht. Also:
Toilettenpapier 1,59
Katzenfutter 4,-
Brotbackmischung für 2 große Roggenbrote 1,-
Milch für Tee 1.-
Frisches Gemüse der Saison im Sonderangebot 1,50
Schokolade (muss sein, kann mir nicht alles auf einmal abgewöhnen!) 1,50
Sojabratlingsmischung 1,80
Frischkäse für die Gemüsesoße 0,50
Nudels 0,60
Käse für aufs Brot 0,50
Macht zusammen: 12,99 Euro. Nein. 13, 14? ...
Egal. Hauptsache Essen! Restgeld für Unvorhergesehenes, beruhigt mich.
Weiß auch nicht woran das liegt, dass ich immer pleite bin, ich bin nie vorbereitet, materiell. Bei der Kunst ist das was ganz anderes! Da kann ich planen, einteilen und vielleicht vorausschauen (das letzte Wort kommt mir gerade so komisch vor. Genau das ist es, ich kann nicht vorausschauend agieren). Das mit dem „Alltäglichen“ und mit dem „für sich sorgen“ und „vorsorgen“, kann ich nur eine Woche im Voraus. Ist schon immer so. Da ist irgendeine Synapse in meinem Gehirn zu kurz geraten und mehr als 7 Tage für die Schöpfung stehen mir anscheinend nicht zur Verfügung! Ist echt schwer wenn man so minderbemittelt ist wie ich, Gehirn- mäßig…
Es hat mir immer Stress bereitet Monate im Voraus planen zu müssen. Woher soll ich wissen wie es mir in ein paar Wochen geht? Feste Arbeitsverträge bargen immer ungeahnte Albträume, weil ich nie wusste ob ich das auch abliefern konnte. Ich wollte ja niemanden enttäuschen. Aber eins wusste ich definitiv, dass mir in ein paar Wochen andere Dinge wichtiger waren und genau die verlässliche Gleichförmigkeit, die andere so schätzten auf die Nerven ging. Ich brauchte einfach regelmäßige Abwechslung sonst verkümmerte ich.
Es gibt Berufe wo genau das gefragt ist, aber ich war damit beschäftigt, krampfhaft so sein zu wollen wie die anderen. Ein sehr sinnloses Unterfangen! Ich arbeitete die ganze Zeit gegen meine eigene Natur, anstatt zu nutzen was mir zur Verfügung stand und wunderte mich warum ich nie auf einen grünen Zweig kam. Ich befand mich dadurch nur immer auf dem absteigenden Ast, denn wo ein Körper ist, kann nun einmal kein anderer sein. Aber das hat wieder etwas mit dem Eigenwert zu tun. Ich musste lernen mich auch um mich selbst zu kümmern, nicht immer nur anderen zu Gefallen zu sein! Co- Abhängig heißt das, glaube ich. Immer alles tun, um den anderen zufriedenzustellen.
Irgendwann fiel mir auf, daß alle die ich kenne am Anfang des Jahres ihren Urlaub buchen und dann auch wirklich dorthin fahren und so lange bleiben wie geplant, egal wie schrecklich es dort ist. Habe ich nie verstanden. Könnte ich nicht! Gut, ich bin auch ein Mensch der reisen und die Welt sehen will und nicht an einem Ort vor sich hindümpeln möchte, nur um braun zu werden. Wozu eigentlich? Langweilig! Ich bin eben gerne unterwegs.
Ich hatte auch nie mehr als 50 oder 100