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Die Cousine aus Frankreich. Catherine St.JohnЧитать онлайн книгу.

Die Cousine aus Frankreich - Catherine St.John


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Gesicht (nur leider sehr gerötet) vor sich, mit großen braunen Augen, einer zierlichen Stupsnase, von der sich die Haut abschälte, und einem vollen, hübsch geschwungenen Mund. Dieses Gesicht betrachtete ihn mit einer Mischung aus Faszination und Furcht. Plötzlich kam ihm die Erleuchtung: „Ich hab´s – Sie sind ein Mädchen!“

      Strahlend ob dieser enormen geistigen Leistung sah er sie an. Geneviève fuhr wie unter einem Schlag zusammen und wurde so bleich wie nur möglich. „Wie kommen Sie denn auf diese absurde Idee?“, erkundigte sie sich bemüht gelassen, aber doch mit deutlicher Nervosität in der Stimme.

      Der Gentleman, den das Ale offensichtlich gestärkt und angeregt hatte, grinste sie entwaffnend an. „Ganz klar – viel zu hübsch für ein Bürschchen!“ Vorsichtig, um seinen immer noch schmerzenden Kopf nicht noch mehr zu erschüttern, neigte er sich zu ihr herüber.

      „Erzählen Sie doch mal! Eine Französin, als Mann verkleidet, im Lamb and Crown. So etwas trifft man nicht alle Tage, beim Zeus! Wie kommen Sie denn hierher?“

      Geneviève las nur ehrliches Interesse in seinen blauen Augen und gab sich geschlagen. Was konnte es noch schaden, wenn er ohnehin schon alles erraten hatte? Sie holte also ganz tief Luft.

      „Ich bin heute Nacht aus Frankreich geflohen -“

      „Na, da haben Sie aber mal Recht gehabt, aus Frankreich hört man ja abscheuliche Dinge! Keine Manieren mehr, kein Spaß, da wäre ich auch nicht geblieben. Anständige Leute sollen dort ja ihres Lebens nicht mehr sicher sein!“

      Sein Beifall ermutigte sie, fortzufahren: „Ja, genau, es hatte geheißen, sie wollten alle Aristokraten hinrichten – kurz bevor ich geflohen bin, hat man in Paris auch eine Menge Leute in den Gefängnissen getötet – einfach so! Also hat mir unser alter Kutscher geholfen, und sein Vetter, ein Fischer, hat mich heute Morgen hier vor der Küste abgesetzt – und da bin ich nun!“

      Sie lächelte ihn zaghaft an. Mr. Darley war hingerissen: „Und da sind Sie nun – ein richtiges Abenteuer-! Nicht schlecht, meiner Seel`! Sagten Sie nicht, Sie seien Aristokratin?“

      „Ja“, antwortete Geneviève verwundert.

      „Wie heißen Sie denn? Allmächtiger, ich vergesse ja ganz meine Manieren – frage Sie hier aus wie ein Ichweißnichtwas und habe mich noch nicht einmal selbst vorgestellt!“

      Er stieß den Stuhl zurück, erhob sich unsicher und setzte zu einem schwungvollen Kratzfuß an. „Gestatten – mein Name ist Darley – ergebenster Diener, Mademoiselle!“

      Seine Reverenz wurde nur unwesentlich von einem aufkommenden Schwindelgefühl beeinträchtigt, das ihn zwang, hastig an der Stuhllehne Halt zu suchen, und Geneviève ein heiteres Glucksen entlockte.

      „Ich bin Geneviève de Deaubray.“

      „Hocherfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen. Aber – wenn ich fragen darf – was wollen Sie jetzt tun? Ich nehme doch nicht an, dass Sie den Rest Ihres Lebens hier in dieser Maskerade verbringen wollen?“

      Sie lachte. „Aber nein, natürlich nicht, M´sieur. Ich werde zu meiner Tante nach London reisen und bei ihr leben. Darf ich Sie übrigens bitten, nicht weiterzuerzählen, dass Sie mich hier allein in diesem schockierenden Aufzug angetroffen haben. Es wäre meiner armen Tante gewiss sehr peinlich.“

      Darley schwor ewiges Stillschweigen und fragte weiter: „Wie heißt denn ihre Tante? Ich will nicht neugierig erscheinen, aber, wissen Sie, ich kenne mich in der Londoner Gesellschaft recht gut aus – vielleicht bin ich mit Ihrer Tante bekannt?“

      „Meine Tante ist Lady Burnham; sie wohnt in South Audley Street“, gab Geneviève bereitwillig Auskunft.

      Mr. Darley war entzückt: „Famos! Lady Burnham kenne ich gut, und auch Charles und Louisa, ihre Kinder – ich gehöre schon fast zur Familie, so oft bin ich mit ihnen zusammen. Na, da werden wir uns in London gewiss oft sehen. Ihre Tante kann Ihnen wirklich alles bieten. Aber wie wollen Sie denn nach London gelangen?“

      Erstaunt sah sie ihn an. „Mit der Postkutsche natürlich – die gibt es hier doch auch?“

      „Klar gibt es hier Postkutschen – aber das können Sie glatt vergessen.“

      „Wie bitte?“ Was sollte das denn jetzt wieder heißen?

      „Sie können auf keinen Fall mit der Postkutsche reisen. Ihre Verkleidung mag ja für irgendwelche halbblinden Straßenposten in der Nacht ganz glaubwürdig gewesen sein, aber bei Tage nimmt Ihnen das keiner mehr ab. Und als Mädchen können Sie nicht alleine reisen – jedenfalls nicht, wenn Sie nachher noch in der guten Gesellschaft verkehren wollen. Wenn Sie nun jemand sieht!“

      Das gab Geneviève zu denken. „Aber wie soll ich denn dann nach London kommen?“

      Mr. Darleys Kater hatte sich offensichtlich verflüchtigt. Im selben Maße, wie seine Sprechweise wieder zu ganzen Sätzen zurückkehrte, begann auch sein Verstand zunehmend besser zu arbeiten. Er riet ihr also: „Einwandfrei wäre es, wenn Sie hierbleiben und Ihrer Tante einen Brief schreiben, sie möge Sie hier abholen. Das dürfte allerdings einige Tage dauern.“

      „Nein, das will ich nicht. Hier gefällt es mir nicht und ich mag nicht alleine hierbleiben.“ Sie wurde sehr entschlossen. „Außerdem hält meine Tante einen Brief vielleicht für Schwindel und kommt gar nicht. Kann ich nicht nachts mit der Post fahren?“

      „Natürlich – wenn Sie gerne Bekanntschaft mit Straßenräubern schließen wollen…“

      „Um Gottes willen!“

      „Eben.“ In seinem Gesicht arbeitete es; allerdings war die nun folgende Idee nicht unbedingt als Glanzleistung seines wieder funktionierenden Verstandes zu bezeichnen: „Hören Sie – ich nehme Sie mit nach London! Das schickt sich zwar auch nicht, aber sie müssen eben weiterhin das Bürschlein spielen.“

      Geneviève verstand ihn nicht. „Ich dachte, die Verkleidung sei nicht gut genug? Das haben Sie doch gerade erst selbst gesagt? Wie kann ich dann mit ihnen in dieser Verkleidung reisen?“

      „Ja, für die Postkutsche reicht Ihre Kostümierung wirklich nicht aus. Sie müssen bedenken, die anderen Passagiere sehen Sie von Nahem, der Kutscher, die Leute in den Stationen – das geht wirklich nicht. Wenn Sie aber mit mir fahren, kommt Ihnen keiner zu nahe, es fällt also nicht auf – wenn wir nicht durch irgendeinen teuflischen Zufall einen Bekannten treffen“, fügte er düster hinzu.

      „Ja, aber auch Sie müssen doch die Pferde wechseln? Wie weit ist es überhaupt von hier nach London? Ich weiß gar nicht, wo wir hier eigentlich sind.“

      „Wir sind in der Nähe von Portsmouth und Chichester, wenn Ihnen das etwas sagt. Nach London sind es gute achtzig Meilen, das schaffen wir leicht in acht Stunden, vielleicht auch weniger. Um die Pferde machen Sie sich nur keine Sorgen, es sind prächtige Renner und so ausgeruht, wie man es sich nur wünschen kann. Die brauchen wir vielleicht nur einmal zu wechseln – und dabei wird uns schon keiner sehen.“

      Er erwärmte sich zusehends für seinen Plan, im Gegensatz zu Geneviève, die noch mancherlei Einwände hatte und diese auch vorbrachte.

      „Ihr Kutscher wird sich aber sehr wundern“, meinte sie zunächst voller Zweifel. „Sicher hält er mich für ein lockeres Frauenzimmer und erzählt dann alles weiter.“

      Er lachte herzlich: „Ja, glauben Sie denn, ich reise in einer stickigen, spießigen Kutsche? Bin ich mein Großvater? Ich fahre natürlich eine Karriole – vierspännig, versteht sich; das einzig Wahre.“

      „Natürlich“, murmelte Geneviève, die nicht genau verstanden hatte, wovon er sprach. „Ist das ein offener Wagen?“

      „Gewiss“, antwortete er erstaunt. „Gibt es das in Frankreich nicht?“

      „Ich weiß es nicht; wir hatten jedenfalls keine – wie sagten Sie? – keine Karriole, nur eine alte Kutsche (ganz feudal, mit Wappen auf dem Schlag) und einen Leiterwagen.“

      „Na, auf jeden Fall hat man bei einer Karriole keinen


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