Die neuen Alphafrauen. Группа авторовЧитать онлайн книгу.
Viele Frauen vermissen spezielle Mentoring-Programme oder andere Trainingsmaßnahmen, die eine Vorbereitung auf einen Top-Job darstellen. Hier kann sicher noch mehr getan werden, im Übrigen für alle Top-Nachwuchskräfte, nicht nur für Frauen.
Kommen wir zu Ihnen: Sie sind die einzige Frau in Deutschland, die ein großes Beratungsunternehmen leitet. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis, wie haben Sie es an die Spitze von Heidrick & Struggles geschafft?
Stimpel: Nach meinem Studium und der Dissertation im Fachbereich Mikrobiologie habe ich mich in der Pharma-Industrie beworben und landete dann im Bereich Entwicklung. Später wechselte ich dann ins Marketing und machte deshalb noch meinen MBA. Schließlich wurde ich in die Beratung abgeworben, wo ich seit 2000 als Geschäftsführerin tätig bin. Und seit 2006 bei Heidrick & Struggles.
Mussten Sie sich im Laufe Ihrer Karriere gegen Männer behaupten?
Stimpel: Ich musste mich eigentlich nicht gegen Männer durchsetzen, ich musste lernen, sie zu verstehen; zum Beispiel hinsichtlich der Gruppendynamik und der Verhaltensweisen in Konfliktsituationen. Heute muss ich als Geschäftsführerin vor allem meine Kollegen und Mitarbeiter zu Top-Leistungen bringen und das Team zusammenbringen und zusammenhalten.
Führungskräften können schlecht vom Job abschalten, heißt es. Wie ist das bei Ihnen?
Stimpel: Es ist schon so, dass Sie ein Spitzenjob rund um die Uhr beschäftigt und sie immer über Aufgaben und ihre Lösung nachdenken. Die wirklich Erfolgreichen bedauern das aber überhaupt nicht, ist meine Erfahrung. Wenn man dann in Urlaub geht, braucht man aber schon etwas Zeit, bis man langsam etwas die Energie herunterfährt. Ich selber schaffe es meist am dritten Tag, das Handy mit den E-Mails auch einmal auszuschalten.
Interview: Guido Hartmann, erschienen am 26. September 2010
"Es muss sich lohnen für Unternehmen"
Vier erfolgreiche Frauen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft diskutieren auf der WELT-Konferenz über Frauen im Top-Management (Christian Kielmann)
Auf der "Welt"-Konferenz über Frauen im Top-Management diskutierten vier Karriere-Frauen über Management im Team, Adventskränze im Kindergarten und Teilzeit für Väter. Die "Welt am Sonntag" dokumentiert Auszüge der Diskussion
Die vier Frauen auf dem Podium haben es geschafft: Sie sind oben angekommen in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Und sie sind überzeugt: Unternehmen und Gesellschaft müssen sich ändern, damit sie in den Chefetagen nicht allein unter Männern bleiben.
Kinder gelten für Frauen in Deutschland noch immer als Karriere- Killer Nummer eins. Frau Achleitner, wie ist es Ihnen ergangen? Drohte für Sie als Wissenschaftlerin mit der ersten Schwangerschaft der Karriereknick?
Ann-Kristin Achleitner: Nein - aber das Erstaunen war groß. Mein ältester Sohn ist jetzt zwölf Jahre alt. Als ich damals meinem wirklich netten Dekan erzählte, dass ich schwanger bin, schaute der mich fassungslos an und fragte: Wie, du bist schwanger? Und du bekommst es selber? Na ja, die einzige arbeitende Kollegin, die er kannte, hatte ihre Kinder adoptiert. Mutter und Wissenschaftlerin, das passte nicht in sein Rollenmodell. Zum Glück hatte ich damals schon meinen Lehrstuhl und damit eine gewisse Freiheit, wie ich mich selber organisiere. Das hat alles vereinfacht.
Frau Koch- Mehrin, Sie haben in Ihrer zweiten Schwangerschaft die Flucht nach vorn angetreten und sich mit Babybauch fotografieren lassen. Können Kinder in der Politik sogar ein Karriere- Beschleuniger sein?
Silvana Koch-Mehrin: Ich glaube, nein. In der obersten politischen Ebene fällt mir mit Ursula von der Leyen eine einzige Frau ein, die Kinder hat. Und mit Kristina Schröder eine weitere, die jetzt ein Kind bekommen wird. Als ich nach der Europawahl 2004 zum zweiten Mal schwanger wurde, waren die Reaktionen schon sehr heftig. Entweder hieß es: Du kannst dich doch nicht wählen lassen und dann deinen Job nicht richtig machen. Oder: Wie unverantwortlich von dir, so eine Arbeit kann man seiner Familie nicht antun. Beides fand ich anmaßend und wollte es nicht unbeantwortet lassen. In der Kampagne für die Wahl wurde mein Konterfei in Deutschland über 200 000-Mal plakatiert. Damit war ich eine öffentliche Person geworden. Deshalb habe ich eine öffentliche Antwort gewählt und ein unübersehbares Statement gemacht: eine schwangere Frau, die sich bekennt, Karriere machen zu wollen. Das war meine Antwort.
Frau Favoccia, internationale Großkanzleien sind bekannt für ihre extremen Arbeitszeiten. Können bei Ihnen engagierte Mütter und Väter Karriere machen?
Daniela Favoccia: Ja. Nur ein Beispiel: Wir haben jüngst eine hochschwangere Kollegin eingestellt. Uns war klar, dass sie weiterarbeiten will und dass sie ehrgeizig ist, sonst wäre sie nicht zum Bewerbungsgespräch gekommen. Bei uns gibt es inzwischen verschiedene Teilzeit- und Jahresarbeitszeitmodelle, und zwar ohne Abstriche bei den Karrierechancen. Wir haben auch einige junge männliche Kollegen mit exzellenter Ausbildung, die Teilzeit arbeiten, weil sie ihre Kinder nach der Geburt intensiver erleben wollen. Für die Frauen ist das ein Katalysator. Teilzeit-Modelle sind plötzlich kein Frauen-Thema mehr, sondern ein gesellschaftliches Thema.
Claudia Nemat: Mit der üblichen Macho-Attitüde des Arbeitens, siebenmal 24 Stunden verfügbar, kann man heute kaum noch Top-Talente für sich gewinnen. Auf die sind wir bei McKinsey aber angewiesen. Gleichzeitig müssen wir als Berater zu unseren Klienten reisen. Wer nicht reisen möchte, sollte nicht Unternehmensberater werden. Wir bemühen uns um flexible Modelle. Seit ich mein erstes Kind bekam - da war ich schon Senior-Partnerin - bin ich nie mehr als zwei Nächte pro Woche von zu Hause weg.
Hätten Sie mit dieser Maxime auch den Aufstieg geschafft?
Nemat: Ich bekenne mich insofern schuldig. Ich habe auf dem Weg dorthin sehr hart gearbeitet. Für meinen eigenen Berufsweg weiß ich nicht, wie ich in diese Rolle hätte wachsen sollen, wenn ich zwischendurch pausiert oder Teilzeit gearbeitet hätte. Wir bei McKinsey arbeiten aber genau wie andere Unternehmen daran, noch mehr Frauen den Aufstieg zu ermöglichen.
Frau Achleitner, Sie sind eine der wenigen C4- Professoren in Deutschland mit einer 50- Prozent- Stelle. Wie haben Sie das durchgesetzt?
Achleitner: Wenn man es realistisch sieht, habe ich tatsächlich eine 50- Prozent-Bezahlung, aber deutlich mehr Arbeit. Alle um mich herum finden es klasse, dass ich Teilzeit arbeite. Und es entspricht ja auch dem Rollenmodell, dass ich mich um meine Kinder kümmere. Kaum jemand kommt jedoch auf die Idee, dass es seine Interaktion mit mir beeinflusst. Studenten vor allem, aber auch Kollegen und außenstehende Ansprechpartner haben ihre Anforderungen an mich, auch bezüglich zeitlicher Erreichbarkeit und sofortiger Erledigung von Anfragen, nicht verändert. Teilzeitmodelle können aber nur funktionieren, wenn sie auch vom Umfeld getragen werden - nicht nur ideologisch, sondern ganz praktisch im täglichen Miteinander. Insofern sind die Universität und ich hier in einem Lernprozess.
Frau Koch- Mehrin, kommunizieren Sie, wenn Sie Familienzeiten haben? Oder sind die Kinder in Ihrem Kalender nur "ein Termin"?
Koch-Mehrin: Ich gehe damit sehr offen um. Schließlich wünsche ich mir einen Bewusstseinswandel im Kollegenkreis und in der Öffentlichkeit. Ich habe gerade einen engagierten jungen Praktikanten. Als der mich zum ersten Mal am Nachmittag gehen sah, um die Kinder noch wach zu erleben und das Aktenstudium abends zu Hause zu machen, sagte der doch glatt: Schönen Feierabend! Darauf habe ich geantwortet: Junge, es geht jetzt erst richtig los. Drei Kinder empfinde ich manchmal als anstrengender, als tagsüber mit erwachsenen Menschen zu diskutieren. Meine Kollegen und Mitarbeiter werfen sich zum Beispiel nicht schreiend auf den Boden, wenn sie mit einer Entscheidung