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Das Steckenpferd des alten Derrick. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Das Steckenpferd des alten Derrick - Edgar Wallace


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der Verdächtigen ausgeschaltet werden; er hatte sich mit eigenen Augen von ihrem Alibi überzeugen können. Er hatte Mary Dane seit jenem Maskenball nicht wiedergesehen, hatte sie aber auch nicht vergessen. Allein Tommys Briefe hatten dafür gesorgt. Im letzten hatte der Lord geschrieben:

      »Ich sah sie in Littlehampton auf einer Promenadenbank sitzen und hielt sofort meinen Wagen an, um sie begrüßen zu können. Sie war recht liebenswürdig und erkundigte sich eingehendst nach Dir. Das alte, in der Weltgeschichte umhergefahrene Wrack Cornfort wachte während der Unterhaltung auf, um sich mit mir dreiviertel Stunden lang über das schöne Wetter zu unterhalten. Heute fahre ich nach Petworth, wo der alte Drachen von Tante wohnt, die ich, leider Gottes, besuchen muß. Daß sie in einem Schloß wohnt, das von der Umgebung durch einen Wallgraben abgeschlossen wird, macht die Aussicht, dort einige Wochen verbringen zu müssen, für mich nicht schmackhafter. Du kannst Dir nach meinen Mitteilungen denken, wie ›gern‹ ich hinfahre. Aber was soll ich machen? Jetzt, wo die Sozialisten den armen Kapitalisten alles wegnehmen wollen, was sie haben, muß man sehen, wie man sein Leben fristen kann.«

      Staines' Nachforschungen nach dem Mörder von Slough, die er gleichzeitig mit der Untersuchung der Einbrüche in Derricks Haus betrieb, schienen im Sand zu verlaufen. Nichts Neues war ausfindig zu machen. Einige Tage später erhielt er von Walter Derrick eine Einladung zum Lunch. Das Schreiben schloß folgendermaßen:

      »Haben Sie etwas Neues hinsichtlich des Fingerabdruckes auf dem Bierglas Larkins ausfindig machen können? Hat Ihnen diese neue Spur auf die Sprünge geholfen?«

      Warum interessierte sich Derrick für den Erfolg Staines'? Der Inspektor dachte nicht im Traum daran, die Neugierde Walter Derricks zu befriedigen. Er war sich selbst noch gar nicht so sicher, daß Bourke mit seinem Verdacht recht hatte. Derricks Vermögen war in Grundstücken angelegt; er war darin dem Beispiel seines Vaters gefolgt, der das Geld nur durch Spekulationen auf dem Immobilienmarkt erworben hatte. Um endlich einmal die wirkliche Höhe der Hinterlassenschaft festzustellen, beschloß Staines, die Hilfe einer befreundeten Hypothekenmaklerfirma in Anspruch zu nehmen. Er hatte das Glück, gleich an die rechte Schmiede zu kommen. Schmeichelhaft war die Auskunft, die der Makler über die Methoden des alten Derrick gegeben hatte, für den Verstorbenen keineswegs.

      »Einer der gerissensten Schieber Londons«, berichtete der alte Herr, nachdem er Dicks Mission erfahren hatte. »Er hatte für unsere Branche eine Nase wie ein Bluthund. Sie wissen ja, wie klein er anfing; er hatte ein unbedeutendes Bauunternehmen und schwang anfangs selbst die Kelle wie nur irgendeiner seiner Leute. Mein Vater erzählte mir einmal, daß er den damals noch jungen Derrick beim Aufbau seines eigenen Hauses überrascht habe.«

      »Hat er viele Grundstücke hinterlassen?« wollte Dick wissen.

      »Im Gegenteil. Sein Vermögen festzulegen, dazu war er zu schlau. Er spekulierte nur damit. Er wußte auf die Sekunde genau zu sagen, wann es Zeit wurde, abzustoßen und wieder zu kaufen. In dem halben Jahr, das seinem plötzlichen Tod vorausging, haben wir für ihn für etwa achthunderttausend Pfund Grundstücke versilbert. Ich erinnere mich der Transaktion um so genauer, da die Auszahlung unserer Provision bei ihm auf Schwierigkeiten stieß. Einige Monate darauf verkaufte er durch Haytors zwei Geschäftshäuser. Barzahlung, Sir, einhundertundvierzigtausend Pfund, bar auf den Tisch gezahlt. Schecks nahm er überhaupt nicht; er traute, wie er sagte, den Banken nicht über den Weg. Ich selbst spazierte mit ihm einmal seiner Wohnung zu, während er eine Aktenmappe mit über einer viertel Million in Banknoten unter den Arm geklemmt bei sich trug.«

      »Ehe er starb, dürfte er wohl sein ganzes Vermögen wieder in Grundstückswerten angelegt haben?« schlug Staines auf den Busch.

      »Nein, nicht daran zu denken, Sir. Er hatte zwar, wie ich zufällig weiß, die Absicht, kam aber nicht mehr zum Kauf. Ich hatte in seinem Auftrag bereits Verhandlungen angeknüpft, ein Citygrundstück für ihn zu kaufen: der Kaufpreis sollte vierhunderttausend Pfund betragen. Er starb aber, ehe die Verhandlungen zum Abschluss gekommen waren.«

      »Hatte er Feinde?«

      »Nicht, daß ich wüßte. Das ist ja das Merkwürdige, daß er, obwohl er so geizig war, doch gut zu leiden gewesen ist. Sogar meine Kollegen, die die Kosten für seine Spekulationen zu tragen hatten, waren ihm wohlgesinnt. Für das Grundstück auf dem Lowndes Square wurden ihm häufig recht hohe Summen geboten, aber er lehnte alle Angebote ab. Das Haus wollte er, wie er sagte, überhaupt nicht verkaufen. Wahrscheinlich spielte bei diesem Entschluss, so unfaßbar mir auch der Gedanke ist, irgendeine Sentimentalität mit. Er hatte das Haus ja eigenhändig mit bauen helfen und es dann später, auch wieder nach eigenen Plänen, ummodeln lassen. Jedenfalls wollte er niemals irgendein Angebot auf das Grundstück berücksichtigen.«

      Staines traf mit Walter Derrick in dessen Klub auf der Mall zusammen. Lächelnd begrüßte ihn der Gastgeber: »Die verdammten Einbrüche haben mich ganz nervös gemacht«, sagte er. »Vorige Nacht konnte ich kein Auge schließen. Was ich noch sagen wollte. Larkin entsinnt sich nun der Einbrecherin; er beschreibt sie als wirkliche Schönheit. Das hat man davon, wenn man Junggeselle ist: Sogar nachts lassen einen die Weiber nicht in Ruhe, und wenn sie einbrechen müssen!«

      Er kicherte vergnügt vor sich hin, wurde aber wieder ernst, als er auf die Unannehmlichkeiten zu sprechen kam, die der Einbruch für ihn zur Folge gehabt hatte.

      »Ich will heute Abend noch auf mein Landgut fahren«, teilte er seinem Gast mit. »Ich habe zur Unterstützung Larkins noch einen zweiten Mann engagiert.« Nach kurzem Schweigen setzte er hinzu: »Wenn ich nur wüßte, was die Leutchen eigentlich in meinem Haus suchen. Ja, wenn es zu Vaters Lebzeiten passiert wäre, dann könnte ich die Einbrüche eher begreifen; er hatte ja immer sein ganzes Vermögen zu Haus. Als ich nach seinem Tod die Hinterlassenschaft: übernahm, fand sich das gesamte Vermögen von vierhundertzwölftausend Pfund in einer Kassette, die er unter dem Bett stehen gehabt hatte.«

      Überrascht blickte Dick auf.

      »Wieviel sagten Sie, daß Sie gefunden haben?« fragte er gespannt.

      »Vierhundertzwölftausend Pfund!« wiederholte Derrick.

      »Und das war alles, was Sie erbten?«

      Walter Derrick lächelte.

      »Viel ist es ja nicht, aber für mich langt es«, entgegnete er. »Ja, das ist das ganze Erbteil. Die Leute halten mich für einen Millionär. Das bin ich nun zwar nicht, aber ich fühle mich trotzdem als solcher, was Ihnen, wenn Sie vierhunderttausend Pfund besäßen, wohl auch so ginge.«

      Bei Dick dämmerte es langsam.

      »Haben Sie sich denn niemals erkundigt«, fragte er, »ob nicht etwa noch weitere Gelder vorhanden waren? Hat Ihnen denn der Anwalt Ihres Vaters ...?«

      »Mein Vater hatte keinen Anwalt«, gab Derrick zurück. »Warum aber diese Fragerei, Mr. Staines? Einige Kleinigkeiten hat mein Vater ja noch hinterlassen, Landgrundstücke usw., aber alle ohne besonderen Wert. Nein, die vierhunderttausend waren alles, was ich vorfand.«

      Ungläubig starrte ihn Dick an. »Wollen Sie mich wirklich glauben machen, daß Sie sich niemals erkundigten, welche Geschäfte Ihr Vater vor seinem Tod gemacht haben könnte?«

      »Nein, ich habe es nicht der Mühe für wert befunden, es zu tun. Was aber wollen Sie mit Ihren Fragen sagen, Mr. Staines?«

      »Gleich werde ich Ihnen Auskunft geben, Mr. Derrick«, hielt ihn Dick noch einen Augenblick hin. »Starb Ihr Vater plötzlich, oder war er längere Zeit bettlägerig?«

      »Er starb unerwartet. Er legte sich hin und war weg. Bis dahin ist mir nicht bekannt, daß ihm etwas gefehlt hätte. Also, nun sagen Sie mir doch endlich, was Sie wissen!?«

      »Hören Sie: Das Geld, das Sie als Gesamterbschaft betrachten, war der Kaufpreis für ein Grundstück, über das Ihr Vater kurz vor seinem Hinscheiden verhandelte. Ich weiß aber aus bestimmter Quelle, daß er innerhalb des letzten halben Jahres vor seinem Tod zweimal größere Beträge – einmal achthundert – und ein andermal einhundertfünfzigtausend Pfund – in barem Geld ausgezahlt erhielt. Ihr Vater hat also kurz vor seinem Tod über eine Million Pfund in bar erhalten. Das, was Sie fanden, ist folglich nur ein Bruchteil


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