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Der Brigant. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Der Brigant - Edgar Wallace


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ehre ich Ihre Diskretion ... Kann ich irgend etwas für Sie tun, während Sie in Brüssel sind? Würden Sie mir die Ehre geben, heute Abend mit mir in meinem Klub zu speisen?«

      Anthony war sehr erfreut über diese Einladung, da er gerade nicht sehr viel Geld bei sich hatte.

      Während des Essens sprach Monsieur Lamont mit der größten Hochachtung von seinem englischen Geschäftsfreund.

      »Ein wunderbarer Mann«, sagte er mit einer bedeutungsvollen Geste. »Sind Sie sein Freund, Mr. Newton?«

      »Nicht gerade sein Freund«, erwiderte Anthony vorsichtig. »Wie kann jemand der Freund eines so überragenden Mannes, eines so leuchtenden Vorbilds sein? Man kann ihn nur bewundern.«

      »Das haben Sie sehr schön und richtig gesagt«, entgegnete Monsieur Lamont nachdenklich. »Er ist ein bedeutender Charakter. Und seine Tochter« – er küßte seine Fingerspitzen – »ich habe nie solchen Charme, solche Intelligenz und solche Schönheit bei einer Dame vereinigt gesehen.«

      Anthony war ein so unterhaltender und liebenswürdiger Gast, daß Monsieur Lamont ihn am nächsten Tag zum Mittagessen einlud. Diesmal zeigte der Belgier aber größere Neugierde.

      »Ich wollte Sie nur im Vertrauen fragen, ob Ihr Besuch vielleicht etwas mit der ottomanischen Anleihe zu tun hat?«

      Anthony lächelte.

      »Sie werden verstehen, daß ich die größte Verschwiegenheit wahren muß«, sagte er fest.

      »Natürlich, selbstverständlich, ganz gewiß!« erwiderte Monsieur Lamont schnell. »Ich ehre Ihre Diskretion, aber wenn Ihr Kommen etwas mit der ottomanischen Anleihe oder mit der Wiener Stadtanleihe zu tun haben sollte ...«

      Aber Anthony hob seine Hand und schnitt dadurch höflich die Fortführung dieser Unterhaltung ab.

      Monsieur Lamont zerfloß vor Entschuldigungen.

      Anthony war ja selbst zu neugierig, als er am Mittwochmorgen zum Büro des Bankmannes ging. Er war in bester Laune, denn er hoffte auf einen großen, überraschenden Erfolg.

      Er stand In dem mit Rosenholzpaneel getäfelten Raum, lehnte an dem weißen Marmorkamin und öffnete mit zitternden Fingern das Kuvert in dem Bewusstsein, daß er an einem Wendepunkt seines Lebens angekommen sei. Sein Plan, den großen Finanzmann kennenzulernen, hatte einen Erfolg gehabt, der seine kühnsten Hoffnungen weit überstieg.

      Zu seinem größten Erstaunen war der Brief von Vera Mansar geschrieben und je weiter er las, desto mehr wuchs seine Verwunderung.

      Mein lieber Mr. Newton!

      Mein Vater wollte Sie eigentlich der Polizei übergeben oder Sie in den Teich werfen. Ich habe deshalb diese Art und Weise vorgeschlagen, um Ihnen einen guten Abgang zu verschaffen. Denn meiner Meinung nach sollte ein so talentvoller Mann wie Sie nicht so unrühmlich behandelt werden. Sie sind der Vierunddreißigste, der meinen Vater durch neue und in manchen Fällen sehr unangenehme Methoden persönlich kennenlernen wollte. Ich bin schon von schrecklichen Vagabunden angegriffen worden, die von meinen Rettern ihres schrecklichen Aussehens wegen gemietet wurden. Das ist mir schon sechsmal passiert. Ich wurde in den Fluß gestoßen und wieder herausgezogen. Mein Vater hat drei Leute angeschossen, als er auf der Hasenjagd war, und fünf sind plötzlich vor sein Auto gesprungen, als er zur Station fuhr.

      Wir möchten Ihre neue Methode anerkennen, die liebenswürdiger ist als die bisherigen. Ich muß auch gestehen, daß ich im ersten Augenblick durch den glänzend inszenierten Autounfall getäuscht wurde. Um aber ganz sicher zu gehen, daß ich Ihnen nicht unrecht tat, habe ich mit der Garage im Ort telefoniert und erfahren, daß Sie schon vierzehn Tage dort auf diese Gelegenheit warteten. Armer Mr. Newton, ich wünsche Ihnen für das nächste Mal mehr Glück.

      Ihre aufrichtige

      Vera Mansar

      Anthony las den Brief dreimal und schaute dann mechanisch auf einen eingeschlossenen Zettel.

      An Monsieur Lamont!

      Zahlen Sie Mr. Anthony Newton eine Summe, die ihm die Rückfahrt nach London und den Unterhalt während der Reise ermöglicht.

      Gerald Mansar

      Monsieur Lamont beobachtete den erstaunten jungen Mann.

      »Ist Ihr Auftrag sehr wichtig?« fragte er eifrig. »Sollen Sie mir etwas mitteilen?«

      Anthony ließ sich auch von den erschütterndsten Ereignissen nicht ganz aus der Fassung bringen. Er faltete den Brief zusammen, steckte ihn in die Tasche und schaute dann wieder auf das beigefügte Blatt.

      »Es tut mir leid, daß ich Ihnen nicht den ganzen Inhalt mitteilen kann. Ich muß sofort nach Berlin abreisen, von dort muß ich nach Wien fahren, von Wien nach Konstantinopel. Dann muß ich nach Rom und von dort habe ich sogar den Auftrag, nach Tanger zu gehen. Die Geschäfte dort werden mich einige Zeit aufhalten, so daß ich etwa in einem Monat wieder in Gibraltar eintreffe. Dann werde ich mit dem Schiff nach England zurückkehren.«

      Er überreichte das Schreiben Monsieur Lamont, der eifrig las.

      Zahlen Sie Mr. Anthony Newton eine Summe, die ihm die Rückfahrt nach London und den Unterhalt während der Reise ermöglicht.

      Gerald Mansar

      Monsieur Lamont schaute Anthony fragend an.

      »Wieviel werden Sie benötigen?« fragte er.

      »Ich glaube, daß ich mit sechshundert Pfund auskommen werde«, erwiderte Anthony höflich.

      Monsieur Lamont wies das Geld sofort an.

      Als Mr. Mansar die Belastungsanzeige dafür erhielt, war er nicht mit Unrecht sehr ärgerlich.

      Er kam erregt nach Hause.

      »Dieser ... dieser ...« polterte er, »dieser Schuft!«

      »Wen meinst du denn, Vater – du kennst doch so viele schlechte Leute?« fragte sie lächelnd.

      »Natürlich Newton! Du weißt doch, ich gab Lamont den Auftrag, seine Reisekosten nach London zu zahlen.«

      Sie nickte.

      »Denke dir, der Mensch hat sechshundert Pfund abgehoben!«

      Sie machte große Augen, aber sie war doch ein wenig belustigt.

      »Er hat Lamont erzählt, daß er über Berlin, Wien, Konstantinopel und Rom reisen müßte! Gott sei Dank fährt zur Zeit die transsibirische Eisenbahn nicht!« fügte er grimmig hinzu. Und dieser Gedanke war sein einziger Trost.

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