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Die Entführung der MS Hansa Stavanger. Frederik EuskirchenЧитать онлайн книгу.

Die Entführung der MS Hansa Stavanger - Frederik Euskirchen


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Christian, das ist genau der, den ich jetzt brauche. Er kommt gerade aus dem Feuer, nimmt sich die Maske ab und schüttelt den Kopf.

      “Das kriegen wir so nicht hin”, sagt er zu Vlad und mir, “wir müssen anders rangehen, von außen”

      Selbstverständlich, aber ich warte, dass Vlad als Einsatzleiter endlich mal was Verbindliches sagt. Er windet sich, ist sich nicht sicher und sagt schließlich, ich soll den Kapitän fragen.

      Ganz bestimmt nicht, der steht oben bei den Piraten, nachher darf ich nicht mehr runter und Funkverbindung habe ich seltsamerweise nicht zu ihm und überhaupt – ich brauche eine Entscheidung.

      Entweder ich bekomme eine klare Auskunft von meinem Einsatzleiter oder ich übernehme die Verantwortung. Ich kann mir schon denken, was seine Bedenken sind, er möchte vermeiden, noch mehr Luft ans Feuer zu lassen. Aber das Feuer wird seine Luft aus dem Einschussloch bekommen, aus bereits geborstenen Fenstern, aus den offenen Türen - ersticken wird es zumindest sicher nicht.

      “Okay, dann machen wir das jetzt“, sag ich zu Vlad.

      Er zuckte mit den Schultern, auf einmal ist er fast schon apathisch.

      Egal jetzt, ich nehme Christian, dazu hole ich noch den Bootsmann. Der Plan sieht so aus, dass beide auf die Lashingbrücken der Containerbuchten vor den Aufbauten steigen und mit Axt oder Vorschlaghammer die Fenster einschlagen, aus geduckter Haltung, sofort danach sollen sie ihren Wasserschlauch reinhalten, wir fluten jetzt alles. Während der ganzen Aktion bekommen sie jeweils von einem Mitglied des Unterstützungstrupps Rückendeckung mit einem Sprühstrahl. Wir besprechen kurz die Details, dann lass ich sie sich vorbereiten und gehe zum 3. Ing., dem Führer des Unterstützungstrupps, kläre ihn auf.

      Als die Feuerkämpfer fertig sind, steht auch der Unterstützungstrupp zur Rückendeckung bereit. Christian ist der Erste, er nimmt eine Leiter mit.

      Als er losgeht, stehe ich auf den Containern vor den Aufbauten und schaue, dass die Leute richtig positioniert sind. Ich möchte Vlad Bescheid sagen, dass jetzt keiner irgendwie von der anderen Seite versucht reinzukommen, aber ich habe Probleme mit der Funkverbindung.

      Plötzlich steht der Kapitän oben auf der Nock und fuchtelt rum, auch auf Funk habe ich ihn jetzt auf einmal, irgendwas von “kühlen” ruft er. Was soll das? Was glaubt er eigentlich, was wir hier machen? Es nervt mich dermaßen, dass ich mein Funkgerät zur Seite werfe und mich auf die Situation konzentriere.

      Ich bin angespannt, aber ich kann Christian vertrauen.

      Er kann es - unterhalb des Fensters verharrt er, macht sich klein und dann kommt der Schlag mit dem Hammer. Fenster auf - er lässt den Hammer fallen und sofort kommt der Zuständige vom Unterstützungstrupp und gibt ihm den Schlauch. Er hält rein, was geht. Irgendwann scheint das Feuer unter Kontrolle, er dreht sich herum und zeigt mir lässig den Daumen hoch.

      “Ja, klasse, Krischi! Ja, super gemacht! Haha, und jetzt weiter!”

      Danach kommt der Bootsmann, er geht mit einer Leiter auf das oberste Deck unter Feuer hinunter, positioniert sich schräg unter dem Fenster und hat ebenfalls Erfolg.

      Ich stehe auf den Containern, koordiniere, dass die Schläuche rechtzeitig kommen, die Feuerkämpfer genug Rückendeckung haben.

      Aber nach den ersten drei Fenstern merke ich, dass sie das alleine hinbekommen. Christian übernimmt und so kann ich wieder auf die andere Seite.

      Dort sind die anderen wieder dabei zu versuchen, in die restlichen Kammern zu kommen, die geringere Hitze macht es ihnen deutlich leichter. Das Feuer scheint unter Kontrolle zu sein, es ist noch nicht aus, aber wir kriegen es hin und das wissen die Männer, sie mobilisieren ihre letzten Kräfte und gehen immer weiter rein.

      Aber vorerst ohne mich, eine kurze Kontrolle, wie viele Pressluftflaschen wir noch haben, lässt mich Böses ahnen. Ich schicke Steven, er kann mit dem Kompressor umgehen.

      Währenddessen bin ich bei Vlad auf der Musterstation, er ist wieder voll dabei. Es scheint so als hätten wir das untere Deck gelöscht, da kommt Slava aus dem oberen, seine Luft ist leer.

      Er meint, auch oben sieht es gut aus, aber er ist sich nicht sicher, da er zurück musste. Vlad und ich gehen rein, es ist unheimlich heiß und verraucht, aber wir können keine besondere Hitzestrahlung fühlen oder Feuer sehen.

      Wir scheinen es geschafft zu haben - jetzt nur noch weiter kühlen.

      Steven kommt hoch, er hat drei Flaschen aufgefüllt, dann hat der Kompressor zu qualmen angefangen. Naja, der Kompressor wird einfach so heiß.

      Da ich davon ausgehe, dass das Feuer gelöscht ist und wir nur noch nachkühlen, entscheide ich mich, selber zum Kompressor zu gehen, nicht, dass mit ihm noch was anderes nicht stimmt.

      Ich bin gerade unten zu Gange, da höre ich, dass wir uns zu früh gefreut haben. Das Feuer ist auf dem oberen Deck wohl doch noch nicht gelöscht.

      Flaschen füllen oder oben mithelfen? Ohne Flaschen keine Brandbekämpfung. Ich renne dennoch hoch, aber dort geht es Schlag auf Schlag, die einen kommen raus, die anderen gehen rein.

      Ok, ich fülle die Flaschen auf, wenn einer den Kompressor jetzt überhitzt, dann war ich es zumindest selber.

      Nach einer halben bis dreiviertel Stunde bekommen sie es hin, es ist aus - diesmal wirklich. Vlad und ich machen eine letzte Runde. Ja, es ist aus, der Rauch verzieht sich, hier und da benutzen wir noch einen Pulverlöscher, aber der große Brand ist gelöscht.

      Jetzt wird noch etwas nachgekühlt und vor allem Brandwache gehalten.

      Es ist in letzter Minute, selbst auf der Brücke hat der Boden schon angefangen zu qualmen und sie mussten ihn mit Wasser kühlen.

      Was wäre dann gewesen?

      Drei Decks, das hätten wir nicht mehr geschafft. Alleine die ASG-Flaschen wären uns ausgegangen. Obwohl ich nachgefüllt habe, hatten wir am Ende nur noch sechs volle Flaschen.

      Was wäre passiert, hätten wir unsere Brücke verloren oder gleich das ganze Schiff? Wie hätten die Piraten reagiert? Ich möchte nicht drüber nachdenken.

      Als wir uns auf dem oberen Deck treffen, um noch etwas nachzukühlen und die Brandwache einzuteilen, kommt der Kapitän mit seinen Lederschuhen aus Pakistan. Er drängt sich zwischen die Leute und versteckt die Schuhe in einer Feuerbox.

      Er bedauert den Verlust seiner Kammer und dass wir keine Möglichkeit haben, Fotos zu machen. Ich sage nichts, ich bin zu erschöpft.

      Wir gucken uns an und er fragt mich: ”Was passiert jetzt mit uns?”

      “Wir fahren jetzt nach Somalia, dann warten wir auf Geld.”

      So jedenfalls stelle ich mir das vor - dass es Verhandlungen geben wird, auf die Idee komme ich nicht. In den vielen Berichten, z. B. über die “Faina”, hieß es immer, die Piraten wollten diese und jene Summe, aber man weigere sich zu zahlen. Dass unsere Reederei uns nicht im Stich lässt, ist mir klar, und so gehe ich von einer kurzen Zeit aus. Wie das Spiel wirklich läuft, und dass dies alles mal gar nicht so einfach ist, lerne ich erst später.

      Nun überwog zunächst die Erleichterung, diesen großen Brand gelöscht zu haben. Die Mannschaft hat wirklich Großartiges geleistet, jeder.

      2.3 Der erste Tag unter den Piraten

      Nach dem sechsstündigen Kampf mit dem Feuer gönnen uns die Piraten etwas Ruhe.

      Sie machen uns verständlich, dass wir etwas essen sollen.

      Der Koch macht seinen samstäglichen Eintopf, wir sitzen zusammen und ich bekomme die ersten Meldungen über den Gesundheitszustand der Leute. Manche haben Brandwunden, nichts Schlimmes. Ein paar Europäer haben auch einen Sonnenbrand. Hier und da gibt es Kopfschmerzen, Husten und leichte Atemprobleme. Ich verteile Salben, Salztabletten, Kopfschmerzmittel und Beclometasonspray, aber zum Glück gibt es keinen ernsthaft Verletzten. Ab und zu hört man ein Husten und Schniefen, Jack war heute nicht der Einzige


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