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So viele Killer: Vier Kriminalromane. Alfred BekkerЧитать онлайн книгу.

So viele Killer: Vier Kriminalromane - Alfred Bekker


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den Worten: „Entschuldigung angenommen!“, schlug Taggart ein. Freilich dachte er dabei: Aus dir spricht nicht nur der angstgefolterte Ehemann! Zugleich war ihm klar, dass es nicht seine Aufgabe sein konnte, einen Mann von fünfundvierzig Jahren umzuerziehen.

      Mit heimlichem Schmunzeln bemerkte er, dass ihn der Colonel plötzlich für voll nahm. Ashburton bot seinem Besucher eine Erfrischung an, und von da ab bewegte sich das Gespräch in einer geradezu gelösten Atmosphäre, die allein die Basis für eingehendere Detailfragen bilden konnte, auf die es Taggart von Anfang an angekommen war.

      Behutsam holte der erfahrene Kriminalist aus seinem Visavis Mosaikstein um Mosaikstein heraus, sodass er sich am Ende ein anschauliches Bild des Menschen Elga Ashburton machen konnte, das Bild einer jungen, bereits durch alle Höhen und Tiefen des Lebens gegangenen, energischen und selbstsicheren Frau, die Fehler und Vorzüge wie jeder andere Mensch besaß, die aber der Liebe ihres Mannes sicher sein durfte und sich — vor allem! — lebensklug dem feudalen Rahmen angepasst hatte, den ihr Vermögen, Herkommen, Erziehung und Stellung ihres Gatten gaben. Dass es diesem selbst freilich immer möglich gewesen war, Elga in allem und jedem Genüge zu tun, wagte der Inspector mit Fug und Recht zu bezweifeln, aber nicht auszusprechen.

      „Mit einem Wort“, zog Taggart das Fazit, „den Gedanken, dass Mrs. Elga Sie aus eigenem Entschluss verlassen hat — etwa um mit einem anderen Manne durchzubrennen — können wir fallen lassen. Jetzt noch eine wichtige Frage, die Sie mir bitte nicht übel nehmen wollen.“ Er sah Ashburton fest ins Gesicht und machte mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand die Bewegung des Geldzählens. „Wie steht es bei Mrs. Elga damit? Ist sie sparsam, oder gibt sie viel Geld aus, oder hat sie gar nicht die richtige innere Beziehung zu dem schnöden Mammon?“

      „Sie ist mit ihrem — allerdings reichlich bemessenen — Wirtschaftsgeld bisher immer gut durchgekommen“, antwortete der Colonel ohne Zögern. „Was ihre privaten Bedürfnisse betrifft, so weiß ich nicht Bescheid.“

      „Wie bitte? Haben Sie Ihr etwa kein Taschengeld ausgesetzt?“

      „Ich habe Elga gleich im ersten Monat unserer Ehe ein eigenes Bankkonto eröffnet und fünftausend Pfund darauf eingezahlt, um ihr das demütigende Bewusstsein zu ersparen, sich jedes Kleid, jedes Schmuckstück von mir erbetteln zu müssen. Wir sind jetzt achtundzwanzig Monate verheiratet — ich habe wirklich keine Ahnung, was von den fünftausend Pfund im Augenblick noch vorhanden ist.“

      „Wissen Sie, wo Ihre Gattin ihre Bankauszüge aufbewahrt?“

      „Allerdings. Wenn Sie Wert darauf legen ...?“

      „Ich lege aus triftigen Gründen Wert darauf.“

      Ashburton verließ das Zimmer und kam nach etwa fünf Minuten mit den Bankauszügen wieder. Eine kurze Überprüfung ergab, dass von den ursprünglichen fünftausend Pfund noch knapp eintausendzweihundert Pfund vorhanden waren. Während der achtundzwanzig Monate ihrer Ehe hatte Elga Ashburton regelmäßig am Zehnten jeden Monats einhundertvierzig Pfund abgehoben.

      „Einhundertvierzig Pfund Taschengeld ist eine hübsche Summe!“, meinte Taggart nachdenklich. „Ihr muss notwendigerweise ein entsprechender Gegenwert gegenüberstehen. Meinen Sie, dass Mrs. Elga diese einhundertvierzig Pfund jeweils allein für sich ausgegeben hat?“

      „Das wage ich zu bezweifeln!“, erwiderte Ashburton betroffen.

      Das Telefon klingelte und der Colonel wurde dienstlich abberufen. Taktvoll wandte sich Taggart zum Gehen, musste aber versprechen, recht bald wiederzukommen.

      „Finden Sie Elga!“, bat Ashburton mit zuckenden Lippen. „Ich finde Tag und Nacht keine Ruhe, ehe nicht ihr Schicksal geklärt ist!“

      II

      Obwohl es schon nach einundzwanzig Uhr dreißig war, fasste Raymond Taggart spontan den Entschluss, Captain Benham aufzusuchen, und er setzte seine Absicht auch in die Tat um, denn er hatte ganz einfach intuitiv das Empfinden, die Unterredung mit Benham nicht auf die lange Bank schieben zu dürfen.

      In den Akten war natürlich Benhams Adresse angegeben. Danach wohnte er in Kingston, und Taggart scheute die zehn Meilen Fahrt nicht, sondern machte sich unverzüglich mit seinem Cisitalia mitten durch das nächtliche London auf den Weg.

      Kurz vor zweiundzwanzig Uhr bog er in eine gerade Straße ein, die rechts von uralten Ulmen, links von der Themse gesäumt war, und fuhr bis zu dem kleinen Platz durch, wo sie sich in vier verschiedene Richtungen gabelte. Ein Constabler, der sich vom Revierdienst auf dem Nachhauseweg befand, fuhr mit ihm, da er ganz in der Nähe Benhams wohnte, und wies ihn zu dem pavillonartigen Gebäude inmitten eines kleinen Parkes ein, das der junge Offizier gemietet hatte.

      Ein paar Minuten nach Glockenschlag zehn suchte sich Taggart im Schein seiner Taschenlampe einen Weg durch den verwilderten Park. Er fand nur eine angelehnte, also nicht verschlossene Tür, betrat ein holzverkleidetes Vestibül und stand dort erst vor der Abschlusstür, an der Stanley Benhams Visitenkarte mit einem Reißnagel befestigt war.

      Benham schien zu Hause zu sein, denn durch die verglaste Türfüllung drang ein Lichtschimmer ins Vestibül hinaus, aber er schien offenbar wenig davon zu halten, zu so später Stunde einen Besucher zu empfangen, denn de r Inspector musste mehrere Male kräftig klingeln, ehe drinnen endlich zögernde Schritte näher kamen.

      „Wer ist draußen?“, fragte eine sonore Männerstimme mit einem Unterton von Furcht — wie es schien.

      „Inspector Taggart. Spreche ich mit Captain Benham?“

      „Allerdings — kommen Sie vom Yard?“, klang es misstrauisch zurück.

      „Hatten Sie gedacht, von der Gesundheitsbehörde?“ Taggart wurde allmählich ärgerlich.

      „Ja — hm — soso ... — Etwa in der gleichen Angelegenheit, in der Inspector Strush schon bei mir war?“

      „Kann durchaus sein. Aber hören Sie, ich habe keine Lust, mich durch die Tür hindurch mit Ihnen zu unterhalten.“

      „Warten Sie einen Moment — muss erst die Schlüssel holen ...“

      „Bitte, ich habe Zeit! Aber nicht so viel, um sie zu vergeuden!“, fügte Taggart beziehungsreich hinzu.

      Zögernde Schritte entfernten sich — und dann erfolgte nahezu fünf Minuten lang nichts. Allmählich geriet Taggarts Temperament in Wallung.

      „Zum Teufel, Benham“, rief er unterdrückt, „sagen Sie's doch gleich, wenn Sie mich heute nicht mehr empfangen wollen, ich kann Sie nicht zwingen, aber halten Sie mich nicht zum Narren! — Goddam ...!“

      Der Inspector wurde auf tragische Weise unterbrochen, durch einen Schuss, der ihm angesichts der ringsum herrschenden Stille wie eine ganze Batteriesalve in den Ohren gellte.

      „Benham!“, rief Taggart entsetzt. „Benham! Zum Teufel, Mann, so melden Sie sich doch ...!“

      Keine Antwort ...

      Hier gab es kein Besinnen und kein Zögern. Sekundenlang betrachtete Taggart die Abschlusstür abschätzend, ehe er zurücktrat, einen kurzen Anlauf nahm und sich wuchtig mit der rechten Schulter gegen die Schlossseite fallen ließ. Die Tür sprang mit hässlichem Krachen auf. Taggart stürzte vornüber und richtete sich sofort wieder auf. Durch den Sturz hatte er die Taschenlampe aus der Hand verloren, aber sie war nicht erloschen, sodass er sie sofort wiederfand und in ihrem Schein weitergehen konnte. Der winz ige Korridor war beleuchtet, aber aus der einen Spalt klaffenden ersten Zimmertür drang ein vager Lichtschimmer heraus.

      Taggart stieß die Tür mit dem Fuß auf, trat auf die Schwelle und blieb entsetzt stehen.

      Die Einrichtung des mäßig großen Raumes war nicht gerade teuer, aber hübsch und gemütlich. Auf einem kleinen Tisch neben dem Büchergestell lag ein Stapel Pariser Magazine, daneben stand ein gerahmtes Foto einer hübschen, schlanken Frau.

      Vor dem Tischchen lag in verkrümmter Haltung ein junger Mann halb auf der Seite. Er trug Offiziersuniform mit den Rangabzeichen


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