Gebrüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen – Band 183e in der gelben Buchreihe – bei Jürgen Ruszkowski. Jacob GrimnmЧитать онлайн книгу.
Totenköpfe, setzte sie in die Drehbank und drehte sie rund. „So, jetzt werden sie besser schüppeln“, sprach er, „heida! nun geht's lustig!“ Er spielte mit und verlor etwas von seinem Geld, als es aber zwölf schlug, war alles vor seinen Augen verschwunden. Er legte sich nieder und schlief ruhig ein. Am anderen Morgen kam der König und wollte sich erkundigen. „Wie ist dir's diesmal gegangen?“ fragte er. „Ich habe gekegelt,“ antwortete er, „und ein paar Heller verloren.“ „Hat dir denn nicht gegruselt?“ „Ei was“, sprach er, „lustig hab ich mich gemacht. Wenn ich nur wüsste was Gruseln wäre?“
In der dritten Nacht setzte er sich wieder auf seine Bank und sprach ganz verdrießlich: „Wenn es mir nur gruselte!“ Als es spät ward, kamen sechs große Männer und brachten eine Totenlade hereingetragen. Da sprach er: „Ha ha, das ist gewiss mein Vetterchen, das erst vor ein paar Tagen gestorben ist“, winkte mit dem Finger und rief: „Komm, Vetterchen, komm!“ Sie stellten den Sarg auf die Erde, er aber ging hinzu und nahm den Deckel ab: da lag ein toter Mann darin. Er fühlte ihm an's Gesicht, aber es war kalt wie Eis. „Wart'“, sprach er, „ich will dich ein bisschen wärmen“, ging ans Feuer, wärmte seine Hand und legte sie ihm auf's Gesicht, aber der Tote blieb kalt. Nun nahm er ihn heraus, setzte sich ans Feuer und legte ihn auf seinen Schoß, und rieb ihm die Arme, damit das Blut wieder in Bewegung kommen sollte. Als auch das nichts helfen wollte, fiel ihm ein, „wenn zwei zusammen im Bett liegen, so wärmen sie sich“, brachte ihn ins Bett, deckte ihn zu und legte sich neben ihn. Über ein Weilchen ward auch der Tote warm und fing an sich zu regen. Da sprach der Junge: „Siehst du, Vetterchen, hätt' ich dich nicht gewärmt!“ Der Tote aber hob an und rief: „Jetzt will ich dich erwürgen.“ „Was“, sagte er, „ist das mein Dank? Gleich sollst du wieder in deinen Sarg“, hub ihn auf, warf ihn hinein und machte den Deckel zu; da kamen die sechs Männer und trugen ihn wieder fort. „Es will mir nicht gruseln“, sagte er, „hier lerne ich's mein Lebtag nicht.“
Da trat ein Mann herein, der war größer als alle andere und sah fürchterlich aus; er war aber alt und hatte einen langen weißen Bart. „O du Wicht“, rief er, „nun sollst du bald lernen was Gruseln ist, denn du sollst sterben.“ „Nicht so schnell“, antwortete der Junge, „soll ich sterben, so muss ich auch dabei sein.“ „Dich will ich schon packen“, sprach der Unhold. „Sachte, sachte, mach' dich nicht so breit; so stark wie du bin ich auch, und wohl noch stärker.“ „Das wollen wir sehen“, sprach der Alte, „bist du stärker als ich, so will ich dich gehen lassen; komm, wir wollen's versuchen.“ Da führte er ihn durch dunkle Gänge zu einem Schmiedefeuer, nahm eine Axt und schlug den einen Amboss mit einem Schlag in die Erde. „Das kann ich noch besser“, sprach der Junge, und ging zu dem anderen Amboss; der Alte stellte sich neben hin und wollte zusehen, und sein weißer Bart hing herab. Da fasste der Junge die Axt, spaltete den Amboss auf einen Hieb und klemmte den Bart den Alten mit hinein. „Nun hab' ich dich“, sprach der Junge, „jetzt ist das Sterben an dir.“ Dann fasste er eine Eisenstange und schlug auf den Alten los, bis er wimmerte und bat, er möchte aufhören, er wollte ihm große Reichtümer geben. Der Junge zog die Axt raus und ließ ihn los. Der Alte führte ihn wieder ins Schloss zurück und zeigte ihm in einem Keller drei Kasten voll Gold. „Davon“, sprach er, „ist ein Teil den Armen, der andere dem König, der dritte dein.“ Indem schlug es zwölf und der Geist verschwand, also dass der Junge im Finstern stand. „Ich werde mir doch heraushelfen können“, sprach er, tappte herum, fand den Weg in die Kammer und schlief dort bei seinem Feuer ein. Am anderen Morgen kam der König und sagte: „Nun wirst du gelernt haben was Gruseln ist?“ „Nein“, antwortete er, „was ist's nur? Mein toter Vetter war da, und ein bärtiger Mann ist gekommen, der hat mir da unten viel Geld gezeigt, aber was Gruseln ist, hat mir keiner gesagt.“ Da sprach der König: „Du hast das Schloss erlöst und sollst meine Tochter heiraten.“ „Das ist alles recht gut“, antwortete er, „aber ich weiß noch immer nicht was Gruseln ist.“
Da ward das Gold herausgebracht und die Hochzeit gefeiert, aber der junge König, so lieb er seine Gemahlin hatte und so vergnügt er war, sagte doch immer: „Wenn mir nur gruselte; wenn mir nur gruselte.“ Das verdross sie endlich. Ihr Kammermädchen sprach: „Ich will Hilfe schaffen, das Gruseln soll er schon lernen.“ Sie ging hinaus zum Bach, der durch den Garten floss und ließ sich einen ganzen Eimer voll Gründlinge holen. Nachts, als der junge König schlief, musste seine Gemahlin ihm die Decke wegziehen und den Eimer voll kaltes Wasser mit den Gründlingen über ihn herschütten, dass die kleinen Fische um ihn herumzappelten. Da wachte er auf und rief: „Ach, was gruselt mir, was gruselt mir, liebe Frau! Ja, nun weiß ich was Gruseln ist.“
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Der Wolf und die sieben jungen Geißlein
Der Wolf und die sieben jungen Geißlein
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Es war einmal eine alte Geiß, die hatte sieben junge Geißlein und hatte sie lieb, wie eine Mutter ihre Kinder lieb hat. Eines Tages wollte sie in den Wald gehen und Futter holen, da rief sie alle sieben herbei und sprach: „Liebe Kinder, ich will hinaus in den Wald, seid auf eurer Hut vor dem Wolf; wenn er hereinkommt, so frisst er euch alle mit Haut und Haar. Der Bösewicht verstellt sich oft, aber an seiner rauen Stimme und an seinen schwarzen Füßen werdet ihr ihn gleich erkennen.“ Die Geißlein sagten: „Liebe Mutter, wir wollen uns schon in acht nehmen, ihr könnt ohne Sorge fortgehen.“ Da meckerte die Alte und machte sich getrost auf den Weg.
Es dauerte nicht lange, so klopfte jemand an die Haustür und rief: „Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat jedem von euch etwas mitgebracht.“ Aber die Geißerchen hörten an der rauen Stimme, dass es der Wolf war. „Wir machen nicht auf“, riefen sie, „du bist unsere Mutter nicht, die hat eine feine und liebliche Stimme, aber deine Stimme ist rau; du bist der Wolf.“ Da ging der Wolf fort zu einem Krämer und kaufte sich ein großes Stück Kreide; die aß er und machte damit seine Stimme fein. Dann kam er zurück, klopfte an die Haustür und rief: „Macht auf, ihr lieben Kinder, eure Mutter ist da und hat jedem von euch etwas mitgebracht.“ Aber der Wolf hatte seine schwarze Pfote in das Fenster gelegt, das sahen die Kinder und riefen: „Wir machen nicht auf, unsere Mutter hat keinen schwarzen Fuß wie du; du bist der Wolf.“ Da lief der Wolf zu einem Bäcker und sprach: „Ich habe mich an den Fuß gestoßen, streich mir Teig darüber.“ Und als ihm der Bäcker die Pfote bestrichen hatte, so lief er zum Müller und sprach: „Streu mir weißes Mehl auf meine Pfote.“ Der Müller dachte, „der Wolf will einen betrügen“ und weigerte sich, aber der Wolf sprach: „Wenn du es nicht tust, so fresse ich dich.“ Da fürchtete sich der Müller und machte ihm die Pfote weiß. Ja, so sind die Menschen.
Nun ging der Bösewicht zum dritten Mal zu der Haustür, klopfte an und sprach: „Macht mir auf, Kinder, euer liebes Mütterchen ist heimgekommen und hat jedem von euch etwas aus dem Wald mitgebracht.“ Die Geißerchen riefen: „Zeig uns erst deine Pfote, damit wir wissen, dass du unser liebes Mütterchen bist.“ Da legte er die Pfote ins Fenster und als sie sahen, dass sie weiß war, so glaubten sie, es wäre alles wahr, was er sagte, und machten die Tür auf. Wer aber hereinkam, das war der Wolf. Sie erschraken und wollten sich verstecken. Das eine sprang unter den Tisch, das zweite ins Bett, das dritte in den Ofen, das vierte in die Küche, das fünfte in den Schrank, das sechste unter die Waschschüssel, das siebente in den Kasten der Wanduhr. Aber der Wolf fand sie alle und machte nicht langes Federlesen: eins nach dem andern schluckte er in seinen Rachen; nur das jüngste in dem Uhrkasten das fand er nicht. Als der Wolf seine Lust gebüßt hatte, trollte er sich fort, legte sich draußen auf der grünen Wiese unter einen Baum und fing an zu schlafen.
Nicht lange danach kam die alte Geiß aus dem Wald wieder heim. Ach, was musste sie da erblicken! Die Haustür stand sperrweit