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Das Heideprinzesschen. Eugenie MarlittЧитать онлайн книгу.

Das Heideprinzesschen - Eugenie Marlitt


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als halbverhüllt gekannt hatte, standen weit offen. Ich schwang mich auf die Brüstung und sah hinein. Das Zimmer war leer. Die Vorhänge, jetzt im schräg einfallenden Morgenlicht smaragdfarben schimmernd, waren nach der Wand zurückgeschlagen und ließen die Lüfte über das Bett hinstreichen ... [In eine so athemlose, friedensvolle Stille hinein hatte das gequälte Gesicht des jungen Isaak wohl seit langen Jahren nicht gesehen. Anm.: Nur in der ersten Aufl.] Die mächtige Gestalt, der das Blut so heiß und ungestüm in den Adern gekreist hatte, dort lag sie hingestreckt unter dem weißen verhüllenden Tuche, nur kenntlich an der prächtigen grauen Flechte, die hervorgeschlüpft war und über den Bettrand hinabhing.

      Eine aufgescheuchte Brummfliege zog summend an mir vorüber, und auf dem Silberleuchter an der Decke züngelten die gelben Flammen der Wachskerzen im Luftzuge unruhig hin und her. Das war alles, was sich regte in dem weiten Zimmer, selbst die Uhr stand still.

      Dagegen erscholl nun das erwachende Leben aus dem Vorderhofe herüber. Die Hähne krähten, Spitz fuhr kläffend unter die krakelnden und aufschreienden Hühner, und Mieke verlangte dumpfbrüllend nach der Hand, die ihr das strotzende Euter entleerte. Ueber das Dach her kam die Hauskatze; sie sprang geräuschlos in das Gras des Baumhofes und schlich mit grünfunkelnden Augen unter den Ebereschenbaum, auf welchem ein kleiner Vogel sorglos zwitscherte. Ich bog eben um die Ecke und scheuchte sie fort. Und droben im Reisernest auf dem Dache wurde unter eifrigem Geklapper Toilette gemacht, dann rauschte das Storchenpaar hoch über meinem Haupte hin zum Frühstück nach dem Sumpfe – alles wie sonst! Nur vor dem Hause schreckte mich Fremdes und Ungewohntes zurück – ein Pferd wieherte in die frische Morgenluft hinaus, und an der niedrigen Umzäunung des Hofes stand mit rückwärts verschränkten Armen der Doktor und schaute über die mit Tau und Sonnengold förmlich überschüttete Heide hin.

      Die kleine verstaubte Chaise, die ihn gebracht hatte, stand angeschirrt vor dem Hausthor, und drin auf dem Fleet sah ich Ilse stehen, fest und stramm wie immer. Sie hatte den Eßtisch sauber gedeckt, Tassen und Butterbrot auf der weißen Serviette geordnet und kochte Kaffee für den Arzt.

      Ich trat aufgeregt zu ihr.

      »Ilse, wie kannst du das nur? Wie ist dir das möglich in einem solchen Augenblick?« rief ich zornig vorwurfsvoll.

      »Sollen andere dursten und hungern, weil ich Schmerz habe?« fragte sie scharf und strafend. »Hast heute nacht deine Großmutter sterben sehen und hast doch nicht von ihr gelernt, daß man in den schlimmsten Stunden den Kopf oben behalten soll!«

      Tief beschämt legte ich meine Arme um ihren Hals; denn das Gesicht, das sich mir erst jetzt voll zugewendet, schien wie erstarrt im Jammer, und das urgesunde Rot war bis auf den letzten Schein weggelöscht von den Wangen. Und doch rührten sich die Hände nach wie vor, und nicht die kleinste Pflicht durfte versäumt werden.

      Der Doktor kam herein und der Knecht, der ihn gefahren, auch; ich ging ihnen aus dem Wege und trat wieder vor das Haus.

      Die Enten des Dierkhofes, sämtliche Schnäbel nach der Heide hinaus gerichtet, standen am geschlossenen Gatterthore der Einfriedigung; sie warteten sehnsüchtig auf den Augenblick, wo es geöffnet wurde und sie hinausrennen und sich kopfüber in den Fluß stürzen durften. Nur eine balgte sich noch mit einem weißen, zerflatternden Klumpen im Hofe herum – da war ja der Brief, den meine Großmutter heute nacht vom Fleet aus fortgeschleudert und welchen Ilse nachher so emsig gesucht hatte! Er war bis vor das offene Hausthor geflogen. Ich öffnete den Enten das Gatter und nahm den befreiten Papierknäuel auf; er sah übel zugerichtet aus; das schmutzige Wagenrad war über ihn hingegangen, und der Entenschnabel hatte ihn halb zerfleischt.

      Auf das Bänkchen unter dem Ebereschenbaum flüchtend, machte ich mich daran, das Papier auf dem Knie zu glätten und die auseinanderfallenden Stücke zusammenzufügen. Es fehlte viel, zudem war die Handschrift eine sehr flüchtige; unter großer Mühe entzifferte ich folgende Stellen:

      »Ich habe Dich nie belästigt, weil ich es Dir gegenüber für Ehrensache hielt, den eigenmächtig eingeschlagenen Weg auch selbständig zu gehen ... ›Die Verlorene‹ hat alles gethan, damit kein Schatten ihrer Laufbahn auf Dich zurückfalle – nie ist mein eigentlicher Familienname gegen andere über meine Lippen gekommen, nie habe ich durch irgendwelche Erkundigungen nach Dir und meiner ehemaligen Heimat den Verdacht erregt, als sei ich mit den Sassens verwandt – es hätte sie wahrlich nicht geschändet; denn – denke, wie du willst – ich sage es dennoch mit Stolz, man hat mich einstimmig das Wunder, den glänzendsten Stern unserer Zeit genannt.« ... Hier war ein Stück Papier abgerissen, es fehlte – aber auf der anderen Seite des Bogens las ich weiter: »Nun ist ein schweres Unglück über mich hereingebrochen – wohin soll ich gehen, wenn nicht zu Dir? ... Ich habe meine Stimme verloren, meine kostbare Stimme! Die Aerzte sagen, eine Badekur in Deutschland könne sie mir zurückgeben. Aber ich stehe da mit leeren Händen; durch die gewissenlose Verwaltung anderer ist mein Vermögen bis auf den letzten Groschen verloren gegangen ... Auf den Knieen liege ich vor Dir, die Du im Wohlleben schwimmst, die Du nie erfahren hast, was Not, grimme Not ist – ich könnte Dir viel erzählen von schlaflosen, qualvollen Nächten ... Vergiß nur einmal, nur auf eine Stunde, daß ich unfolgsam war, und gib mir die Mittel, mich zu retten! Was sind einige hundert Thaler für Dich, die« – über das Folgende lief die breite schwarze Spur des Wagenrades, die ohnehin blassen Schriftzüge waren total zerkratzt und verwischt. Auf einem herabhängenden Fetzen des zweiten Blattes stand noch ziemlich lesbar die Adresse der Schreiberin, und auf einem anderen die zwei Worte, die genügt hatten, meine Großmutter in schäumende Wut zu versetzen, die Unterschrift »Deine Christine«.

      Wer war Christine? Dieses Wunder, der glänzendste Stern unserer Zeit? ...

      Die Stelle »Auf den Knieen liege ich vor Dir!« machte auf mein einfaches, unverbildetes Gemüt einen ungeheuer dramatischen Eindruck. Ich sah sofort das schlankste Ritterfräulein aus einem meiner Bilderbücher in die Kniee sinken und die weißen Hände flehend erheben ... Und die Stimme hatte sie verloren, ihre kostbare Stimme! ... Meine Hände fuhren unwillkürlich nach dem Halse – wie mußte das entsetzlich sein, wenn man mit voller Brust aushob, um die Töne hinausklingen zu lassen, und die Kehle versagte und blieb stumm!

      Weder Fräulein Streit noch Ilse hatten je auch nur mit einer Silbe jener »Verlorenen« gedacht, und doch mußte sie meiner Großmutter sehr nahe gestanden haben, denn sie war ihr letzter Gedanke gewesen. Jetzt erst erschütterte mich das feierliche »Christine, ich verzeihe!« in tiefinnerster Seele; unwillkürlich mußte ich an den verlorenen Sohn denken, der im tiefsten, stillsten Herzenswinkel des Vaters doch das geliebte Kind geblieben war.

      Ich steckte die Briefreste in meine Tasche und ging hinein auf den Fleet. Eben rollte die Chaise aus dem Gatterthor und bog, bedenklich schwankend, in den nach links führenden schauderhaften Heideweg ein, und von der entgegengesetzten Seite her kam Heinz auf den Dierkhof zugetrabt. In diesem Augenblick erst fiel es mir auf, daß er ja stundenlang verschwunden gewesen war. Ich trat neben Ilse, die den Doktor bis an das Hausthor begleitet hatte und auf der Schwelle stehen geblieben war ... Es wollte mir scheinen, als käme Freund Heinz sehr unsicher daher; er machte sich erst noch in völlig unnützer Weise mit dem Gatter zu schaffen, ehe er es unternahm, auf uns zuzuschreiten – das wurde ihm offenbar blutsauer. Beim Anblick unserer verweinten Gesichter blieb er verwirrt stehen.

      »Nu, was hat er denn gemeint?« fragte er verlegen stockend, indem er mit dem Daumen über die Schulter zurück nach dem wegfahrenden Doktor zeigte.

      »Mein Gott, Heinz, du weißt es nicht?« rief ich, aber Ilse unterbrach mich mit barscher Stimme.

      »Wo warst du?« fragte sie kurz und bündig den Bruder.

      »Bei mir zu Hause,« antwortete er trotzig.

      Heinz trotzig! Ich traute meinen Augen und Ohren nicht; aber da stand er trotz alledem, der ewig Nachgebende, und schöpfte offenbar Mut aus seinem eigenen widersetzlichen Ton, denn nun verstieg er sich auch noch zu der unglaublichen Kühnheit, Ilses feindlich scharfen Blick zu parieren.

      »So – was war denn nachts um Eins so nötig bei dir zu Hause? – Hast wohl deinen Vogel füttern müssen!« sagte sie schneidend.

      Er sah ängstlich und unsicher auf. »O je – nachts um Eins den


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