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Professor Bernhardi. Arthur SchnitzlerЧитать онлайн книгу.

Professor Bernhardi - Arthur Schnitzler


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er aber auch, der Doktor Wenger.

      EBENWALD. Das möcht nix machen. Wir leben schon einmal in einem Reich der Dialekte.

      Bernhardi, Oskar, Kurt und Schwester am dem Krankenzimmer.

      BERNHARDI. So, da bin ich, Herr Kollega.

      SCHWESTER legt ihm ein Blatt zum Unterschreiben vor.

      BERNHARDI. Was ist denn? Noch was? Ah so. Also, entschuldigen Sie noch einen Moment, Herr Kollega. Während er unterschreibt. Es wirkt doch immer wieder erstaunlich. – Zu Ebenwald. Da haben wir nämlich drin eine Sepsis liegen. Achtzehnjähriges Mädel. Vollkommen bei Bewußtsein. Möcht aufstehen, spazieren gehen, hält sich für ganz gesund. Und der Puls nicht mehr zu zählen. In einer Stunde kann's aus sein.

      EBENWALD fachlich. Das sehen wir öfters.

      HOCHROITZPOINTNER beflissen. Soll ich ihr vielleicht noch eine Kampferinjektion geben?

      BERNHARDI ihn ruhig ansehend. Sie hätten sich die frühere auch schon ersparen können. Ihn beruhigend. Vielleicht übrigens, daß Sie ihr die glücklichste Stunde ihres Leben verschafft haben. Na, ich weiß, auch das war nicht Ihre Absicht.

      HOCHROITZPOINTNER irritiert. Ja, warum denn, Herr Direktor? Man ist ja am End auch kein Fleischhacker.

      BERNHARDI. Ich erinnere mich nicht, Ihnen einen Vorwurf dieser Art gemacht zu haben.

      Blick zwischen Hochroitzpointner und Ebenwald.

      BERNHARDI zur Schwester. Hat sie Verwandte?

      SCHWESTER. Es ist in den drei Tagen niemand dagewesen.

      BERNHARDI. Auch ihr Liebhaber nicht?

      KURT. Der wird sich hüten.

      OSKAR. Sie hat ihn nicht einmal genannt. Wer weiß, ob sie ihn beim Namen kennt.

      BERNHARDI. Und so was hat dann auch einmal Liebesglück geheißen. Zu Ebenwald. Also, ich stehe zur Verfügung, Herr Kollega.

      OSKAR. Pardon, Papa, kommst du dann noch einmal herauf? Weil sie dich ja so gebeten hat.

      BERNHARDI. Ja, ich schau noch einmal her.

      KURT ist zu der Etagère gegangen, hat sich dort mit zwei Eprouvetten zu schaffen gemacht.

      OSKAR tritt zu ihm hin, sie sprechen miteinander, geben bald darauf wieder ins Krankenzimmer.

      SCHWESTER zu Hochroitzpointner. Ich geh jetzt hinüber, Seine Hochwürden holen.

      HOCHROITZPOINTNER. Ja gehen S' nur. Wenn S' zu spät kommen, ist's auch kein Malheur.

      SCHWESTER ab.

      HOCHROITZPOINTNER nimmt sich einige Krankengeschichten aus einem Faszikel und begibt sich in das Krankenzimmer.

      Ebenwald, Bernhardi.

      EBENWALD der sehr ungeduldig geworden ist. Also, die Sache ist nämlich die, Herr Direktor. Ich habe von Professor Hell aus Graz einen Brief bekommen, er wäre geneigt, eine Wahl als Nachfolger von Tugendvetter anzunehmen.

      BERNHARDI. Ah, er wäre geneigt.

      EBENWALD. Jawohl, Herr Direktor.

      BERNHARDI. Hat ihn wer gefragt?

      EBENWALD. Ich war so frei – als alter Freund und Studienkollege.

      BERNHARDI. Sie haben aber doch privat an ihn geschrieben?

      EBENWALD. Selbstverständlich, Herr Direktor. Da ja vorläufig kein Beschluß vorliegt. Immerhin hielt ich mich für berechtigt, um so mehr, da mir bekannt ist, daß auch Professor Tugendvetter der Kandidatur von Hell mit einiger Sympathie gegenübersteht.

      BERNHARDI etwas scharf. Professor Tugendvetter tritt seine neue Stellung am Krankenhaus erst zu Beginn des Sommersemesters an. Unsere Unterhaltung über diesen Gegenstand – und wenn ich mir eine Bemerkung erlauben darf, auch Ihr Briefwechsel, Herr Kollega, mit Professor Hell erscheint mir daher ein wenig verfrüht. Und wir brauchen um so weniger uns in dieser Angelegenheit zu überstürzen, als der bisherige Assistent von Tugendvetter, Doktor Wenger, schon einigemal seine Eignung, die Stelle wenigstens zu supplieren, in vorzüglicher Weise dargetan hat.

      EBENWALD. Ich möchte nicht verfehlen, in diesem Zusammenhange meiner prinzipiellen Abneigung gegen Provisorien Ausdruck zu geben.

      Prof. Tugendvetter von rechts, etwa fünfzig, grau, Bartkoteletten, im Gehaben etwas Joviales, absichtlich Humoristisches, dabei Unsicheres und Beifallhaschendes, sieht im ganzen weniger einem Gelehrten als einem Börsenmann ähnlich. Kommt mit dem Hut auf dem Kopf, den er erst nach einigen Sekunden abnimmt. Ebenwald, Bernhardi.

      TUGENDVETTER. Guten Morgen. Servus, Bernhardi. Grüß Sie Gott, Ebenwald. Ich hab dich schon oben gesucht, Bernhardi.

      EBENWALD. Ich störe vielleicht –

      TUGENDVETTER. Aber gar keine Idee. Keine Geheimnisse.

      BERNHARDI. Also, was gibt's denn? Du hast mich zu sprechen?

      TUGENDVETTER. Die Sache ist nämlich die. Seine Exzellenz, der Unterrichtsminister, hat bei mir angefragt, ob ich in der Lage wäre, die Klinik drüben unverzüglich zu übernehmen.

      BERNHARDI. Unverzüglich?

      TUGENDVETTER. Sobald als möglich.

      BERNHARDI. Es hieß doch, daß Brunnleitner die Klinik bis zu Beginn des Sommersemesters weiterführt.

      TUGENDVETTER. Hat um Urlaub angesucht. Armer Teufel. Sechs Perzent Zucker. Letzte Tage von Pompeji. Wie?

      Er hat die Gewohnheit, manchen Sätzen, insbesondere Zitaten, ein solches gedankenlos fragendes Wie anzufügen.

      BERNHARDI. Woher weißt du das? Ist das authentisch?

      TUGENDVETTER. Authentisch? Wenn es mir Flint selber gesagt hat. Ich war nämlich gestern im Ministerium. Sie sollen mir doch einen neuen Pavillon bauen. Ich krieg ihn auch. Er läßt dich übrigens schön grüßen.

      BERNHARDI. Wer läßt mich grüßen?

      TUGENDVETTER. Flint. Wir haben viel über dich gesprochen. Er hält große Stücke auf dich. Er erinnert sich noch mit Vergnügen der Zeit, wo ihr zusammen bei Rappenweiler Assistenten wart. Seine Worte. Ipsissima verba. Was, das ist eine Karriere. Der erste Fall seit Menschengedenken, wenigstens in Österreich, daß ein klinischer Professor Unterrichtsminister wird!

      BERNHARDI. Er war immer ein guter Politiker, dein neuester Freund Flint.

      TUGENDVETTER. Er interessiert sich sehr für unser, für euer, nein, vorläufig noch für unser Institut.

      BERNHARDI. Das ist mir nicht unbekannt. Er hat's doch einmal aus lauter Interesse ruinieren wollen.

      TUGENDVETTER. Das war nicht er. Das war das ganze Kollegium. Es war der Kampf der Alten gegen die Jungen. Und das ist doch alles längst vorbei. Ich versichere dich, Bernhardi, er steht dem Elisabethinum mit der größten Sympathie gegenüber.

      BERNHARDI. Worauf wir ja zur Not heute schon verzichten könnten, Gott sei Dank.

      TUGENDVETTER. Stolz lieb ich den Spanier, wie?

      BERNHARDI. Im übrigen, mich interessiert ja vorläufig nur, wie du dich seiner Anfrage gegenüber verhalten hast.

      TUGENDVETTER. Ich habe mich da gar nicht zu verhalten. Humoristisch. Herr Direktor haben hierüber zu entscheiden. Erst wenn du mir privatim deine Zustimmung zu erkennen gibst, werde ich bei der Direktion mein Gesuch einbringen. Auch was Geschriebenes forderst du, Pedant, wie?

      BERNHARDI. Wir werden dich natürlich nicht einen Tag länger halten, als du bleiben willst. Ich verspreche dir, die Angelegenheit kurzerhand zu erledigen. Glücklicherweise hast du ja einen sehr tüchtigen Assistenten, der bis auf weiteres deine Abteilung in deinem Geiste weiterführen wird.

      TUGENDVETTER. Der kleine Wenger, ja. Tüchtiger Bursch. Ja. Aber lang werdet ihr ihn doch nicht supplieren lassen?

      EBENWALD.


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