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Das Heim und die Welt. Rabindranath TagoreЧитать онлайн книгу.

Das Heim und die Welt - Rabindranath Tagore


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wenn man sie bei der Lektüre von Gedichten überrascht. Wir Männer — Juristen, Mechaniker oder was sonst — hätten wohl einen Grund, uns zu schämen. Wenn wir Gedichte lesen wollen, so sollten wir sie in tiefer Nacht, bei verschlossenen Türen lesen. Aber ihr Frauen seid der Poesie so verwandt. Der Schöpfer selbst ist ein lyrischer Dichter; zu seinen Füßen muß Dschajadeva[17] seine göttliche Kunst geübt haben.«

      Bima antwortete nicht, sondern errötete nur verlegen. Sie tat, als ob sie das Zimmer verlassen wollte. Doch ich hielt sie zurück. »Nein, nein, bitte, lesen Sie weiter! Ich will nur ein Buch nehmen, das ich hier habe liegen lassen, und machen, daß ich fortkomme.« Dabei nahm ich mein Buch vom Tisch. »Es ist ein Glück, daß Ihnen nicht einfiel, hier hinzusehen,« fuhr ich fort, »sonst hätten Sie Lust bekommen, mich zu schelten.«

      »Wirklich! Warum?« fragte Bima.

      »Weil es keine Poesie ist«, sagte ich. »Es enthält nur nackte Tatsachen, und stellt sie ganz ungeschminkt dar, ohne Ziererei. Ich wollte, Nikhil läse es einmal.«

      »Warum möchten Sie das?« fragte Bima mit leichtem Stirnrunzeln.

      »Weil er ein Mann ist, einer von uns. Das einzige, was ich gegen ihn habe, ist, daß er diese Welt nicht sieht, wie sie ist, sondern sich an einem Traumbild von ihr ergötzt. Haben Sie nicht bemerkt, daß dies ihn dazu verleitet, unsere nationale Swadeschi-Bewegung wie ein Stück Dichtung anzusehen, die genau nach einem bestimmten Rhythmus fortschreiten muß? Wir aber kommen mit unsrer Prosa wie mit Keulen dazwischen und schlagen den ganzen Rhythmus zuschanden.«

      »Was hat Ihr Buch mit der Swadeschi-Bewegung zu tun?«

      »Das würden Sie gleich wissen, wenn Sie es gelesen hätten. Nikhil will immer nach fertigen Grundsätzen vorgehen, bei der Swadeschi-Bewegung wie bei allen andern Dingen; daher rennt er bei jeder Wendung gegen die menschliche Natur an und fängt dann an, sie zu schmähen. Er will nicht einsehen, daß die menschliche Natur älter ist als alle schönen Grundsätze und sie auch alle überleben wird.«

      Bima schwieg einen Augenblick, dann sagte sie ernst: »Ist es nicht in der menschlichen Natur begründet, daß sie versucht, über sich hinauszukommen?«

      Ich mußte innerlich lächeln. »Das sind nicht deine Worte«, dachte ich bei mir. »Die hast du von Nikhil gelernt. Du selbst bist ein gesundes Menschenkind. Dein Blut hat die Stimme der Natur vernommen. Weiß ich denn nicht, daß das Feuer des Lebens in allen deinen Adern brennt? Wie lange wird es ihnen noch gelingen, dich mit dem kalten Umschlag der Moral abzukühlen?«

      »Die Schwachen sind in der Mehrheit«, sagte ich laut. »Sie vergiften die Ohren der Menschen, indem sie solche Schlagworte beständig wiederholen. Die Natur hat ihnen Kraft versagt — nun suchen sie auf diese Weise die andern zu schwächen.«

      »Wir Frauen sind schwach«, erwiderte Bimala. »Daher müssen wir wohl an der Verschwörung der Schwachen teilnehmen.«

      »Ihr Frauen schwach!« rief ich lachend. »Die Männer verherrlichen eure Zartheit und Zerbrechlichkeit, und darum haltet ihr euch selbst für schwach. Aber gerade ihr Frauen seid die Starken. Die Männer machen ein großes Wesen aus ihrer sogenannten Freiheit, aber die sich selbst kennen, wissen, wie unfrei sie sind. Sie haben selbst die heiligen Schriften verfaßt, um sich dadurch zu binden; aus ihrem Idealismus haben sie goldene Ketten für die Frauen geschmiedet, mit denen sie sie körperlich und geistig fesseln. Wenn die Männer nicht in so hohem Maße die Fähigkeit hätten, sich in ihren eigenen Netzen zu fangen, so hätte nichts ihnen die Freiheit nehmen können. Aber ihr Frauen habt Leib und Seele der Wirklichkeit geöffnet. Ihr habt sie in euch empfangen und aus euch geboren. Ihr habt sie an euren Brüsten genährt.«

      Bima ist sehr belesen für eine Frau und nicht leicht dahin zu bringen, meine Beweisgründe anzuerkennen. »Wenn dem so wäre,« wandte sie ein, »so würden die Frauen wohl bald allen Reiz für die Männer verloren haben.«

      »Die Frauen sehen diese Gefahr«, erwiderte ich. »Sie wissen, daß die Männer getäuscht sein wollen, und so täuschen sie sie denn auch, wo sie können, mit ihren eigenen Redensarten. Sie wissen, daß der Mann in seinem Hang zum Laster den Rausch mehr als gesunde Nahrung liebt, und daher bieten sie sich ihm als Rauschmittel dar. Die Frau brauchte sich nicht zu verstellen, wenn sie es nicht um des Mannes willen täte.«

      »Warum wollen Sie denn aber die Illusion zerstören?«

      »Um der Freiheit willen. Ich möchte, daß mein Vaterland frei wäre. Ich möchte aber auch, daß wir Menschen frei wären gegeneinander.«

      III

      Ich weiß wohl, daß es nicht ratsam ist, einen Schlafwandelnden plötzlich zu wecken. Aber ich bin von Natur so ungestüm, daß eine zögernde Gangart mir unmöglich ist. Ich wußte damals, daß ich viel wagte. Ich wußte, daß der erste Stoß solcher Ideen den Menschen ganz aus dem Gleichgewicht bringen kann. Aber bei den Frauen ist immer der Verwegenste der Sieger.

      Wir waren auch schon gerade im besten Gange — da mußte Nikhils alter Lehrer Tschandranath Babu hereingestapft kommen! Es ließe sich ganz gut auf dieser Welt leben, wenn diese Schulmeister nicht wären, die sie einem verekeln und einem Lust machen, davonzulaufen. Die Menschen von Nikhils Art möchten immer aus der Welt eine Schule machen. Und nun kam diese Verkörperung einer Schule gerade im kritischen Moment herein.

      Wir behalten alle immer in irgendeinem Winkel unsres Herzens noch etwas vom Schuljungen und ich, selbst ich, fühlte mich etwas eingeschüchtert. Die arme Bima aber ging gleich artig und feierlich an ihren Klassenplatz als Erste. Sie schien sich plötzlich zu erinnern, daß sie geprüft werden sollte.

      Es gibt Leute, die sind wie Weichensteller: sie sind immer bereit, den Zug unsrer Gedanken auf ein andres Geleise zu bringen.

      Kaum war Tschandranath Babu da, so suchte er auch schon nach einem Vorwande, wieder hinauszugehen. »Ich bitte um Verzeihung,« murmelte er, »aber...«

      Doch bevor er ausreden konnte, ging Bima schnell auf ihn zu, und sich ehrfurchtsvoll vor ihm verneigend, sagte sie: »O, bitte, gehen Sie nicht fort! Wollen Sie sich nicht setzen?« Sie sah aus wie ein Ertrinkender, der nach einem Halt sucht — der kleine Feigling.

      Aber vielleicht irrte ich mich. Wahrscheinlich war ein klein wenig weibliche Tücke dabei. Sie wollte vielleicht ihren Wert in meinen Augen erhöhen. Oder sie wollte mir damit nur sagen: »Bilde dir nur keinen Augenblick ein, daß du mich ganz überwunden hast! Meine Ehrfurcht vor Tschandranath Babu ist doch noch größer.«

      Nun meinetwegen, verehre ihn, soviel du willst! Davon leben ja die Schulmeister. Aber da ich keiner bin, kann ich solche leeren Komplimente entbehren.

      Tschandranath Babu fing an, von der Swadeschi-Bewegung zu sprechen. Ich dachte, ich wollte ihn in seinem Monolog fortfahren lassen. Es ist immer das Gescheiteste, einen alten Mann so lange reden zu lassen, bis er von selbst aufhört. Er hat dabei das Gefühl, daß er die Welt in Ordnung bringt, und ahnt nicht, wie fern die wirkliche Welt von ihm und seinem Geschwätz ist.

      Aber selbst mein schlimmster Feind kann mir nicht nachsagen, daß ein Übermaß von Geduld mein Fehler ist. Und als Tschandranath Babu sagte: »Wenn wir erwarten, Früchte zu ernten, wo wir nicht gesät haben, so...« mußte ich ihn unterbrechen. »Wer will denn Früchte haben?« rief ich. »Wir richten uns nach dem Verfasser der Gita[18], der sagt, daß wir nur an unser Handeln, nicht an die Früchte unsres Handelns denken sollen.«

      »Was ist es denn aber, was ihr haben wollt?« fragte Tschandranath Babu.

      »Dornen!« rief ich aus. »Sie sind umsonst zu haben.«

      »Aber die Dornen belästigen nicht nur die andern«, erwiderte er. »Wer sie sät, tritt sie sich selbst in die Füße.«

      »Das sind alles ganz schöne Schulregeln«, entgegnete ich. »Wir wollen einstweilen unsre brennende Sehnsucht stillen. Augenblicklich stechen uns


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