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Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten. Sven ElvestadЧитать онлайн книгу.

Detektiv Asbjörn Krag: Die bekanntesten Krimis und Detektivgeschichten - Sven Elvestad


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      »Da wohnt er,« rief er. »Sehen Sie das Licht?«

      Und wirklich, oben im Gebirge zeigte sich ein recht großes, scharfes, blaues Licht, das unaufhörlich zuckte.

      »Das ist aus seinem Laboratorium,« erklärte der Telegraphenbeamte. »Nachts läßt er manchmal mehrere Lichter zugleich flackern. Mit dem Widerschein am Himmel nimmt es sich wie eine Illumination aus. Dann sagen die Leute unten im Dorf, ›der Fels brennt‹.«

      Noch eine Viertelstunde Fahrt brachte die zwei Männer in das kleine Lotsen- und Fischerdörfchen, wo der Wagen jetzt vor dem einzigen Logierhause des Ortes stehenblieb. Es brauchte Zeit, den Wirt wachzuklopfen. Eine kleine Banknote aus Asbjörn Krags Hand versetzte ihn in Bewegung und bessere Laune, so daß er den Reisenden sogar ein Glas Branntwein brachte, das ihre starren Glieder ein bißchen wärmte.

      Es war nun halb sieben Uhr geworden, und unten am Strande begann so allmählich das Leben zu erwachen. Man hörte scharrende Laute von Segeln, die gehißt wurden, das Knacken von Eisschollen, die Strömung und Wind aneinandertrieben, und hie und da eine tiefe Männerstimme, einen Kommandoruf, eine rostige Ankerkette, die rasselte.

       Der Detektiv schlug die kleine rotgewürfelte Gardine zurück und sah hinaus. Das Logierhaus lag dicht an der Meeresbucht, er konnte gerade in die Felsen hineinsehen, die sich riesenhaft schwarz und drohend über den kleinen roten Häuschen auftürmten.

      »Aber hier ist es wirklich schön und großartig,« sagte er.

      Der Telegrapheningenieur wies hinauf:

      »Dort oben auf der höchsten Spitze, dem sogenannten Mondfelsen, haust er, der ›Mann im Monde‹, wie der Volksmund ihn auch schon getauft hat. Seine Hütte ist gerade unter dem Hut, der Felsspitze, die so gefährlich darüberhängt. Sie heißt der Hornstein.«

      Der Logierwirt kam jetzt mit Essen und dampfendem Kaffee herein. Man stillte rasch den ersten Hunger.

      Krag hatte Lust auf ein Gespräch mit dem Wirt, diesem ortsbekannten Mann, und leitete es ein, indem er sich interessiert nach seinen Geschäften und Einnahmequellen erkundigte.

      »Es wohnen wohl wesentlich nur Fischer hier?« fuhr er dann fort.

      »Ja, nur Lotsen, Fischer und Seeleute. Dort drüben in den kleinen roten Häuschen an der Felswand wohnen meistens die Witwen von Seeleuten. Es ist dies der ärmere Stadtteil.«

      Asbjörn Krag unterdrückte mit Mühe ein Lächeln über die Würde, mit der der Wirt das Wort Stadtteil ausgesprochen hatte.

      »Aber wir haben auch feine Leute da,« fuhr der Logierwirt fort. »Schullehrer und Pfarrer, und im Sommer haben wir viele Badegäste.«

       »So jetzt gegen Winter sind natürlich keine Fremden hier,« warf Krag hin.

      »Na, wir haben den ›Mann im Mond‹,« lachte der Wirt. »Haben Sie von dem noch nicht gehört?«

      »Ja richtig, mein Freund hier hat mir erzählt,« erwiderte Krag. »Der wohnt ja oben auf dem Felsen, nicht?«

      »Freilich, gerade unter dem Hut, der über seiner Holzhütte hängt. Der ist gewiß nicht ganz richtig im Kopfe. Und wir mögen ihn nicht.«

      »Haben Sie mit ihm gesprochen?«

      »Ach wo! Der gibt keinem eine Antwort.«

      »Redet er denn selbst mit niemandem?«

      »Ja, ab und zu einmal schwatzt er mit dem Schullehrer. Das ist noch der einzige, den er hier ausstehen kann. Er muß übrigens unmenschlich reich sein. Kürzlich, als er von hier fort war, hat er sich einen Extradampfer von Christiania hierher gemietet.«

      »Wann war das denn?«

      »Es wird so acht Tage her sein.«

      Asbjörn Krag wechselte einen Blick mit dem Telegrapheningenieur. Die Zeit stimmte.

      »Wir möchten den Mann im Mond gerne besuchen,« fuhr der Detektiv fort. »Glauben Sie, daß er uns empfängt?«

      »Nein, das tut er gewiß nicht.«

      »Wollen Sie uns den Weg zur Hütte hinauf zeigen?«

      »Nicht um alles in der Welt.«

      »Warum nicht?«

      »Weil er in Frieden gelassen werden will, der Mann im Mond,« erwiderte der Wirt ernst. »Und ich finde, es ist am besten, man läßt ihm seinen Willen.«

      »Hat er sich denn zu jemandem darüber ausgesprochen?«

      »Zum Schullehrer, ja, der wollte ihn auch besuchen. Wenn man ihn nicht in Frieden ließe, sagte er ihm, dann würde er uns alle miteinander zugrunde richten.«

      »Na, na. Und das glauben Sie?«

      »A–ch,« der Wirt dehnte die Worte. »Man weiß ja nichts Bestimmtes, aber er ist gewiß ein mächtiger Mann. Sie sollten es nur dort oben knallen hören und alle seine Lichter sehen. Wie er an einem dunklen Abend den Felsen brennen lassen kann.«

      »Sie wollen uns also nicht begleiten?« fragte der Detektiv ruhig.

      »Nein, um keinen Preis.«

      »Schön, dann gehen wir allein. Nicht wahr?« wandte Krag sich an den Telegrapheningenieur.

      »Ja, tun wir das,« sagte dieser eifrig.

      Asbjörn Krag sah wieder durchs Fenster zum Mondfelsen hinauf. »Wie lange kann es bis dorthin sein?« fragte er.

      »Ungefähr vier Stunden, wenn Sie gut gehen,« lautete die Antwort.

      »Es ist gut. Wir haben ja Zeit.«

      Der Detektiv öffnete seinen Handkoffer und nahm zwei prächtige Revolver heraus, von denen er selbst einen in die Tasche steckte, während er den zweiten dem Ingenieur gab. Dann fragte Krag den Wirt nach dem Weg zum Telegraphenamt, wohin er und Holst sich dann begaben. Von hier wurde sogleich folgendes Telegramm abgesendet:

      »Polizeibureau, Christiania. Expreßtelegramm. Der Mann gefunden. Sendet telegraphische Arrestorder. Krag.«

      Es war unterdessen ganz hell geworden. Die zwei Männer konnten deutlich die rotgestrichene Balkenhütte des mystischen Fremden dort oben in der Felsenwildnis unterscheiden. Sie glänzte wie ein roter Punkt aus der schwarzen Einöde der Felsenwelt. Es war ein anstrengender Marsch über den schmalen, an vielen Stellen gefährlichen Bergpfad. Doch nach vier Stunden waren sie in der Nähe der Hütte des Einsiedlers angelangt. Sie war höchst primitiv aus roh zugehauenen Balken und Brettern aufgeführt. Ein Schornstein war nicht vorhanden, aber aus einer Oeffnung des Daches stieg doch ein leichter Rauch auf. Die Hütte selbst lag in einer Kluft der steigenden Felsspitze, die drohend darüber hinausragte.

      Der Detektiv und der Ingenieur schnauften sich erst tüchtig aus, bevor sie ganz an die Hütte herangingen.

      »Er ist offenbar daheim,« sagte Krag ernst. »Der Rauch steigt vom Herde auf. Soweit ich die Sache verstehe, haben wir einen ganz genialen und gefährlichen Burschen vor uns. Halten Sie darum Ihre Waffe parat.«

      »Gehen wir nur rasch hinein, ich fürchte ihn nicht,« sagte der Telegrapheningenieur eifrig. »Es wird mich sehr interessieren, zu sehen, welche Art von Instrumenten er hier oben in dieser Felsenwüste zusammengetragen hat.«

      Die beides Männer näherten sich mit raschen Schritten der Hütte des Einsiedlers. Asbjörn Krag stieß die Türe auf. Sie war nicht versperrt. Er trat in die Stube. Es war niemand und nichts Merkwürdiges darinnen. Ein Tisch, ein paar Stühle, ein Herd. Mitten auf dem Tisch lag ein beschriebenes Papier.

      Asbjörn Krag ergriff es eifrig und las. Mit einem eigentümliches Lächeln reichte er es dem Ingenieur.

      Da stand mit einer wunderlich steilen, aber deutlichen, bestimmten Handschrift:

      »Meine Herren, Sie sind auf der richtigen Spur. Wir treffen uns in Christiania.

      Ingenieur Barra.«

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