Das Narrenschiff. Sebastian BrantЧитать онлайн книгу.
die Zöpfe
und machen Hörner auf die Köpfe,
wie sie sonst trägt ein mächt’ger Stier;
sie gehn einher wie die wilden Tier’.
Doch sollen züchtige Frauen mir schenken
Verzeihung, denn an sie gedenken
in keiner argen Art ich will;
den bösen ist doch nichts zuviel,
von denen kann man hier gewahren
ein Teil im Narrenschiffe fahren. –
Darum mit Fleiß sich jeder suche,
und findet er sich nicht im Buche,
so kann er sprechen, daß er sei
der Kappe und des Kolbens frei.
Wer meint, daß ich ihn nicht berühre,
geh zu den Weisen vor die Türe,
gedulde sich, sei guter Dinge,
bis ich von Frankfurt12 ’ne Kapp’ ihm bringe!
Im Narrentanz voran ich gehe,
da ich viel Bücher um mich sehe,
die ich nicht lese und verstehe.
1. Von unnützen Büchern – Wer viel studiert, wird ein Phantast
aß ich im Schiffe vornan sitz’,
das hat fürwahr besondern Witz;
ohn Ursach kam ich nicht dahin:
nach Büchern trachtete mein Sinn,
von Büchern hab’ ich großen Hort,
versteh’ ich gleich drin wenig Wort’,
so halt’ ich sie doch hoch in Ehren:
Es darf sie keine Flieg’ versehren.
Wo man von Künsten13 reden tut,
sprech’ ich: »Daheim hab’ ich sie gut!«
Denn es genügt schon meinem Sinn,
wenn ich umringt von Büchern bin.
Von Ptolemäus14 wird erzählt,
er hatte die Bücher der ganzen Welt
und hielt das für den größten Schatz,
doch manches füllte nur den Platz,
er zog daraus sich keine Lehr’.
Ich hab’ viel Bücher gleich wie er
und les’ doch herzlich wenig drin.
Zergrübeln sollt’ ich mir den Sinn,
und mir mit Lernen machen Last?
Wer viel studiert, wird ein Phantast!
Ich gleiche sonst doch einem Herrn,
kann einen halten, der für mich lern’:
Wenn ich auch habe groben Sinn
und einmal bei Gelehrten bin,
kann ich doch sprechen:»Ita! – So!«
Des deutschen Ordens bin ich froh,
dieweil ich wenig kann Latein.
Ich weiß, daß vinum heißet »Wein«,
cuculus Gauch15, stultus, ein Tor,
und daß ich heiß’: »Dominus doctor!«
Die Ohren sind verborgen mir,
sonst säh’ man bald des Müllers Tier.
Wer auf Gewalt im Rat sich stützt
und dem Wind folgt, der grade nützt,
der stößt die Sau zum Kessel itzt.16
2. Von guten Räten – Auf dem Weg des Rechts
iel sind, die trachten früh und spat,
wie sie bald kommen in den Rat,
die doch vom Rechte nichts verstehn
und blindlings an den Wänden gehn.
Den guten Chusi man begrub,
zum Rat man Ahitophel17 hub.
Wer richten soll und raten schlecht18,
der rat und stimm allein nach Recht,
auf daß er nicht ein Zaunpfahl bleibe,
der nur die Sau zum Kessel treibe.
Fürwahr, sag’ ich, es hat nicht Fug:
Es ist mit Raten nicht genug,
womit verkürzet wird das Rechte;
das Bessere billig man bedächte
und forscht’ nach dem, was man nicht weiß.
Denn wird verkehrt des Rechts Geleis,
so stehst du wehrlos da vor Gott,
und glaube mir, das ist kein Spott19!
Wenn jeder wüßt’, was folgt darnach,
wär’ er zu urteilen nicht so jach;
denn mit dem Maß wird jedermann
gemessen, wie er hat getan.
Wie du mich richtest und ich dich,
so wird Gott richten dich und mich.
Ein jeder wart in seinem Grab
der Urteil’, die er selbst einst gab,
und wer damit verdorben viel,
dem ist gesetzet auch sein Ziel,
wo er ein kräftig Urteil find’:
Es fällt der Stein ihm auf den Grind!
Wer hier nicht hält Gerechtigkeit,
dem droht sie dort mit Härtigkeit:
Denn Vorsicht nicht, Gewalt noch Rat,
noch Witz vor Gott Bestehen hat.
Wer setzt die Lust in zeitlich Gut,
sucht darin Freud’ und guten Mut,
der ist ein Narr mit Leib und Blut.
3. Von Habsucht – Die Seele in Kot und Mist
hat dran nicht Freud noch frohen Mut
und weiß nicht, wem er solches spart,
wenn er zum finstern Keller fahrt.
Ein