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Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther KabelЧитать онлайн книгу.

Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch - Walther Kabel


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mir ließ mich abermals, nach Stunden freilich erst, geblendet in den Lichtkegel der Taschenlampe blinzeln. Sofort Harsts Stimme über mir: „Erschrick nicht, wenn ich jetzt um Hilfe brülle.“ Die Lampe erlosch. „Palperlons Bande nähert sich der Brücke,“ fügte Harst hinzu.

      Ich war jetzt wieder völlig im Besitz meines Denkvermögens.

      „Hast Du denn gehört, daß Leute kommen?“ fragte ich, da mir dies bei dem Toben des reißenden Stromes sehr unwahrscheinlich dünkte.

      „Gesehen habe ich sie, mein Alter. Es sind ein Europäer, den Du der Beschreibung nach kennst, und zwei Neger. – Hier hast Du Deinen Taschenspiegel zurück. Ich erlaubte mir, ihn Dir vorhin zu stehlen. Ich bilde mir etwas darauf ein, daß Du nicht erwachtest, als ich Dir in die Tasche faßte. Mit Hilfe Deines und meines Taschenspiegels habe ich mir so eine Art Fensterspion konstruiert gehabt, den ich oben an einem Stock zu der breitesten Spalte zwischen Falltür und Felsen hindurchschob. – Alles trifft ein, wie ich’s mir dachte. Du wirst Deine Freude haben, mit welcher scheinheiligen Biederkeit und Hilfsbereitschaft Master Morrisson hier auftritt.“

      Kaum harte er das letzte Wort ausgesprochen, als er auch schon in kurzen Pausen um Hilfe zu rufen begann. Nach einer Weile flüsterte er mir zu: „Gib acht, gleich geht die Komödie los!“

      Er brauchte mich wahrhaftig nicht hierzu aufzufordern. Ich war viel zu begierig auf das, was nun folgen würde, um nicht beständig jetzt nach oben zu schauen.

      Wieder erklang Harsts überlautes: „Hilfe – Hilfe!“

      Der letzte Ton war noch nicht verhallt, als von oben her Antwort kam.

      „He – wer schreit denn da so jämmerlich?“ hörte ich einen tiefen Baß brüllen. Der Mann mußte den Mund dicht an eine der Ritzen der Falltür gepreßt haben.

      Zu meinem Erstaunen antwortete Harst gleichfalls auf Englisch: „Zwei Deutsche stecken hier in diesem verwünschten Loch. – Sucht nur neben der Plattform des Felsens! Es muß da irgendwo einen Strick geben, durch den die Falltür sich öffnen läßt. Seid aber vorsichtig, daß Ihr nicht hinabstürzt.“

      Gleich darauf flutete das Tageslicht zu uns herein, und über dem Rande des Schachtes erschien sehr bald ein Kopf mit einem großen Schlapphut. Das konnte nur Morrisson sein! Der brandrote Vollbart sagte genug.

      Eine Leine schwebe herab. Harst flüsterte: „Erst Du! Spiele den Kranken, mein Alter. Die blutige Beule an Deiner Stirn wirkt sehr überzeugend. Nenn’ auch ruhig Deinen richtigen Namen, ebenso den meinen, falls Morrisson Dich fragt.“

      Ich wurde hochgehißt. Morrisson empfing mich mit den Worten: „Zum Donner, Master, wie seid Ihr denn da hinabgeraten?! Das scheint ja eine wahre Teufelserfindung zu sein! Ein Glück, daß wir auf einem Jagdausflug gerade hier vorüberkamen!“

      Ich spielte den durch die Stirnverletzung arg Mitgenommenen recht naturgetreu. Wenn man früher mal Berufskomödiant gewesen ist, fällt einem eine solche Rolle nicht schwer.

      Morrisson und die beiden Neger, zwei ältere, bärtige Sulus mit riesigen Wulstlippen, zogen jetzt Harst hoch. – Ach – welch ein glänzender Schauspieler wäre doch Harald Harst geworden! Es war eine Freude, zu beobachten, wie vorzüglich er den Arglosen und Dankbaren mimte. Er drückte Morrisson die Hand, meinte: „Master – in dem Loche hätten wir verhungern müssen!“

      Dann wurde die Falltür wieder mit Hilfe der Zugvorrichtung geschlossen. Morrisson und die Sulus taten weiter so, als hätten sie bisher keine Ahnung von dem Vorhandensein dieser Menschenfalle gehabt.

      Harst bat, daß für mich eine Tragbahre hergestellt würde. Es geschah. Die Sulus schleppten mich dann nach der Schlucht, wo Mansa auf uns wartete. Auf dem Wege dorthin erzählte Harst dem „biederen“ Morrisson, daß wir Harst und Schraut hießen und als Privatdetektive nach Kapland gekommen seien, um einen Landsmann zu suchen. Den Namen Knork verschwieg er. Morrisson seinerseits erklärte, er sei „Prospektor“, Goldsucher. Die Neger stellte er uns mit einer gewissen Wichtigkeit als den obersten Fetischpriester der Sulus, Master Okirupu, und den zweiten Ferischpriester, Master Diguru, vor.

      „Es sind die beiden einflußreichsten Männer des Suluvolkes,“ fügte er hinzu.

      Harst meinte nachher, ich müßte unbedingt einige Tage geschont werden; ob wir nicht in einem Suludorfe ein Unterkommen finden könnten. – Worauf Morrisson mit den beiden schwarzen Halunken in der Sulusprache zum Schein eine Weile verhandelte und schließlich erwiderte, Master Okirupu würde uns in seine Hütte aufnehmen. – Ich sagte soeben „zum Schein“. Sehr bald erfuhr ich ja, daß vonseiten Morrissons und der Neger hier ein abgekartetes Spiel vorlag. Die drei Schufte hätten uns auch ohne Harsts Bitte zu Okirupus in einem sogenannten heiligen Walde liegendem Heim gebracht.

      Erst nach Anbruch der Dunkelheit setzte sich unser Zug in Bewegung. Wir langten gegen zwei Uhr morgens dann vor Okirupus Behausung an, ohne auch nur einen Menschen in all den Stunden getroffen zu haben, obwohl mehrere Negerdörfer dem Hundegekläff nach in der Nähe liegen mußten.

      Daß Okirupu unter den Sulus eine Persönlichkeit von Bedeutung war, verriet schon sein Heim. Es bestand aus drei großen Steinhütten, die durch einen Zaun von Dornenflechtwerk umgeben waren. Uns beiden wurde die leere Hälfte einer als Scheune dienenden Hütte angewiesen. Im Nu schleppten zwei Negerweiber für uns Matten, weichgegerbte Antilopenfelle als Decken und anderes herbei, um den Raum wohnlich herzurichten. Harst tat sehr müde, drückte Morrisson zum Gutenachtgruß wieder die Hand und lehnte eine Mahlzeit ab; er sei dem Umsinken nahe, erklärte er.

      In unserem Verschlag brannten zwei durch Pflanzenöl gespeiste, primitive Lampen. Harst richtete mir ein Lager her, sagte sehr laut, ich solle nun einzuschlafen versuchen, gähnte wiederholt und streckte sich gleichfalls auf seine Matten aus, nachdem er die beiden Lampen ausgelöscht hatte. – Unsere Lagerstätten befanden sich an der aus Flechtwerk bestehenden Innenwand und zwar dicht nebeneinander. Harsts so stark hervorgekehrte Müdigkeit sagte mir, daß er es hierbei lediglich darauf abgesehen hätte bei Morrisson den Glauben zu erwecken, wir würden nun wie die Toten schlafen. Da ich bis hierher getragen worden war, fühlte ich mich vollkommen frisch. Es machte mir nicht die geringste Mühe, mich munter zu erhalten. Nach einer Stunde hörte Harst mit den unmelodischen Schnarchkonzert allmählich auf und raunte mir in längeren Pausen folgendes zu:

      „Ich bin jetzt anderer Meinung geworden. Johannes Knork dürfte noch am Leben sein. Ich habe in dem hohlen Brückenpfeiler auch hierfür ziemlich sichere Beweise gefunden. Die Hauptsache ist, daß Morrisson in keiner Weise gegen uns Verdacht schöpft, wir könnten etwa wissen, wer er ist, das heißt, Palperlons Verbündeter. Sei also in allem überaus vorsichtig. Ich werde jetzt mal versuchen, die Hütte zu verlassen mich auf dem Hofe umzusehen. Bitte, beginne Du nun Deinerseits ein Schnarchkonzert, das sich nach zwei Schläfern anhört.“

      Ich wollte Harst warnen. Mir erschien dieser nächtliche Rekognoszierungsgang reichlich gewagt. Aber Harst hatte sein Lager bereits verlassen, als ich die Hand ausstreckte, um ihn zurückzuhalten. Eine Ewigkeit dauerte es, bis er endlich wieder neben mir war.

      „Die Schufte sind verdammt schlau,“ flüsterte er. „Ich bin nur bis an die Flechttür unserer Hütte gelangt. Denk’ Dir: im Hofe streichen ein paar Leoparden umher, entweder zwei oder drei. Wir können nicht heraus! Eine unangenehme Lage! Ich hätte so sehr gern die andere Hütte durchsucht, die gleichfalls als Scheune dient. Na – abwarten! Wenn nicht heute, dann vielleicht morgen! – Gute Nacht, mein Alter. Schlafe ohne Sorge ein. Man wird uns kein Haar hier krümmen. Erst wenn der Mohr seine Schuldigkeit getan hat, kann er gehen – oder besser, wird er beseitigt werden! Die Halunken sind mit uns ja fraglos auf Umwegen hierher marschiert, damit niemand ahnt, daß Okirupu zwei Weiße bei sich beherbergt hat. – So, nun aber endgültig gute Nacht.“

      Ich bedauere, daß ich hier nicht eingehender schildern kann, wie uns dann der folgende Tag verstrich. Ich würde viele Seiten dazu brauchen. Der Haushalt Okirupus enthielt ja für den Europäer genug Merkwürdiges. Der oberste Fetischpriester der Sulus besaß sechs Frauen. Diese machten sämtlich einen recht verschüchterten Eindruck. Sie schienen vor ihrem Herrn und Gebieter eine furchtbare Angst zu haben. – Morrisson spielte


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