Stolz und Vorurteil. Джейн ОстинЧитать онлайн книгу.
»Während Mary ihre Gedanken ordnet«, fuhr ihr Vater fort, »wollen wir zu Mr. Bingley zurückkehren.«
»Ich kann den Namen nicht mehr hören!« rief seine Frau.
»Das täte mir wirklich sehr leid. Aber warum sagtest du es mir nicht eher? Hätte ich es heute Morgen schon gewusst, wäre mein Besuch bei ihm bestimmt unterblieben. Zu schade –, aber nun ist es einmal geschehen, und wir werden uns seiner Bekanntschaft nicht mehr entziehen können.«
Das Erstaunen seiner Familie war so groß und so lebhaft, wie er es sich gewünscht hatte. Mrs. Bennet übertraf auch hierin die anderen, wenn auch nur um ein weniges. Nichtsdestoweniger erklärte sie, nachdem man sich wieder etwas beruhigt hatte, sie habe es sich schon die ganze Zeit gedacht.
»Das war einmal richtig nett von dir. Aber ich wusste ja, dass ich dich würde überreden können. Ich wusste ja, dass du deine Kinder viel zu lieb hast, als dass du eine solche Bekanntschaft vernachlässigt hättest. Wie ich mich freue! Und wie gut dir dein Scherz gelungen ist –, heute Morgen bist du schon bei ihm gewesen, und jetzt erzählst du uns erst davon!«
»So, Kitty, jetzt kannst du husten, so viel es dir Spaß macht«, mit diesen Worten verließ Mr. Bennet das Zimmer, offensichtlich ziemlich mitgenommen von dem Begeisterungsausbruch seiner Frau.
»Ihr Mädchen habt einen einzigartigen Vater«, sagte sie, als die Tür sich geschlossen hatte. »Ich weiß nicht, wie ihr ihm je seine Güte werdet danken können – ich übrigens auch nicht. In unserem Alter ist es kein Vergnügen, kann ich euch versichern, täglich neue Bekanntschaften machen zu müssen. Aber für euch tun wir eben alles. Lydia, mein Liebling, du bist zwar sehr jung, aber ich bin fest davon überzeugt, dass Mr. Bingley auf dem nächsten Ball mit dir tanzen wird.«
»Och«, sagte Lydia stolz, »ich hab’ keine Angst. Ich bin wohl die Jüngste, aber auch die Größte von uns.«
Den Rest des Abends verbrachten sie auf das angenehmste damit, zu überlegen, wann wohl Mr. Bingleys Gegenbesuch zu erwarten sei und wann sie ihn dann zum Essen laden könnten.
3. KAPITEL
So sehr sich indessen Mrs. Bennet, eifrig von ihren fünf Töchtern unterstützt, darum bemühte, es war keine auch nur einigermaßen zufriedenstellende Beschreibung des neuen Nachbarn aus ihrem Mann herauszubekommen. Die Angriffe erfolgten von den verschiedensten Seiten, geradewegs als Fragen oder unter Harmlosigkeit getarnt oder wieder als scheinbar ganz fern-liegende Andeutungen, aber er ließ sich in keine Falle locken. Zuletzt mussten sie sich mit dem zufriedengeben, was Lady Lucas ihnen aus zweiter Hand berichten konnte. Sir William war entzückt gewesen. Er sei noch sehr jung, ungewöhnlich gut aussehend, außerordentlich wohlerzogen, und, als Krönung des Ganzen, er beabsichtige, an dem nächsten Ball mit einer größeren Gesellschaft teilzunehmen… Wo konnte es da noch fehlen! Zwischen gern tanzen und sich verlieben war nur noch ein kleiner, ein fast unvermeidlicher Schritt! Mr. Bingleys Herz wurde Gegenstand der lebhaftesten Erörterungen und Erwartungen.
»Wenn ich es erleben darf, dass eine meiner Töchter als Herrin in Netherfield einzieht«, sagte Mrs. Bennet zu ihrem Mann, »und wenn es mir gelingen sollte, die anderen ebenso gut unterzubringen, dann wird mir jeder Wunsch erfüllt sein.«
Nach einigen Tagen erwiderte Mr. Bingley Mr. Bennets Besuch und blieb mit ihm etwa zehn Minuten in der Bibliothek. Er hatte die leise Hoffnung gehabt, wenigstens einen Blick auf die jungen Damen werfen zu dürfen, von deren Schönheit er schon viel gehört hatte; aber der Vater war alles, was er zu sehen bekam. Die Damen selbst waren ein wenig mehr vom Glück begünstigt; gelang es ihnen doch, von einem Fenster im oberen Stock festzustellen, dass er einen blauen Mantel trug und ein schwarzes Pferd ritt.
Bald darauf wurde auch die Einladung zum Essen abgeschickt. Mrs. Bennet war sich schon über alle Gerichte und Gänge klar, mit denen sie hausfrauliche Ehre einzulegen gedachte; da kam seine Antwort und schob all die schönen Pläne auf unbestimmte Zeit auf. Mr. Bingley bedauerte sehr, am folgenden Tag nach London fahren und sich daher des Vergnügens berauben zu müssen, der Einladung usw. usw. Mrs. Bennet war ganz unglücklich. Sie konnte sich gar nicht denken, was das für eine Angelegenheit sein mochte, die ihn schon so bald nach seiner Ankunft in Hertfordshire nach London zurückrief. Der Gedanke, er könne vielleicht zu der Sorte junger Männer gehören, die ständig von einem Ort zum anderen flattern, anstatt sich mit einem festen Wohnsitz zu begnügen – in diesem Fall Netherfield –, wie es sich gehörte, begann sie ernstlich zu beunruhigen. Und sie schöpfte erst wieder ein wenig Mut, als Lady Lucas ihr gegenüber die Möglichkeit erwähnte, er sei doch vielleicht nur nach London gefahren, um seine große Ballgesellschaft nach Netherfield zu holen. Bald darauf verbreitete sich das aus sicheren Quellen stammende Gerücht, Mr. Bingley werde mit zwölf Damen und sieben Herren auf dem Fest erscheinen. Zwölf Damen! Die jungen Mädchen hörten diese Nachricht mit großer Besorgnis. Aber auch sie fassten wieder Mut, als die Zahl zwölf am Tage vor dem Ball auf sechs – fünf Schwestern und eine Cousine – berichtigt wurde. Die Gesellschaft, die tatsächlich den großen Festsaal betrat, war dann schließlich nicht zahlreicher als insgesamt nur fünf Personen: Mr. Bingley, seine beiden Schwestern, der Gatte der älteren und ein unbekannter junger Mann.
Mr. Bingley sah sehr gut aus und machte einen vornehmen Eindruck. Seine ganze Haltung und Art, sich zu geben, waren natürlich und von einer ungezwungenen Freundlichkeit. Die Schwestern waren mit gutem, eigenem Geschmack nach der letzten Mode gekleidet und mussten zweifellos zu den Schönheiten der Londoner Gesellschaft gezählt werden. Mr. Hurst, dem Schwager Mr. Bingleys, war die gute Familie anzusehen; mehr allerdings auch nicht. Mr. Darcy, der junge Freund, dagegen war bald mit seiner großen, schlanken Figur, seinem angenehmen Äußeren und seinem vornehmen Auftreten Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des ganzen Saales. Kein Wunder, dass in weniger als fünf Minuten die verbürgte Nachricht ihren Lauf über alle Lippen nahm, Mr. Darcy verfüge über zehntausend Pfund im Jahr. Die Herren gestanden ihm sein ungewöhnlich stattliches und männliches Wesen zu, die Damen versicherten, er sehe noch besser aus als Mr. Bingley, und die Blicke von jedermann folgten ihm bewundernd den halben Abend lang; dann aber wandelte sich die anfängliche Auffassung von der Vornehmheit seines Auftretens vollständig in das Gegenteil um, woraufhin die Hochflut der Achtung, die man ihm entgegengebracht hatte, rasch abzuebben begann. Denn man konnte nicht umhin, die Feststellung zu machen, dass Mr. Darcy hochmütig war, auf die anwesende Gesellschaft herabsah und an nichts Anteil nehmen wollte. Nichts, nicht einmal sein großer Grundbesitz