WASTELAND - Schuld und Sühne. Russell BlakeЧитать онлайн книгу.
war.
Lucas wurde aus seinen Erinnerungen gerissen, als Aaron mit dem OP-Besteck zurückkehrte.
»Wie gewünscht, Boss«, sagte Aaron mit einem Grinsen und legte es neben Duke auf den Tisch. Duke öffnete die überdimensionierte Plastikbox und holte eine Flasche White Lightning und eine verwirrende Ansammlung chromglänzender Instrumente heraus. Er platzierte eine Metallschale, die er großzügig mit Alkohol füllte, neben dem Kopf der Frau. Danach blickte er nachdenklich auf die Flasche, nahm zwei Schlucke und rülpste.
Lucas versuchte sich nichts anmerken zu lassen. »Bist du sicher, dass du es auf die Reihe kriegst?«
»Das werden wir bald wissen.« Dukes Gesichtsausdruck verdüsterte sich. »Aaron, ich brauche mehr Verbandszeug. Und was ist mit dem Brenneisen?«
Aaron nickte. »Bin sofort wieder da.«
Duke beschäftigte sich damit, Skalpelle, Zangen, Klammern, Spanner und eine Menge anderer Instrumente in Alkohol einzulegen, bevor er sich wieder Lucas zuwandte. »Wir sollten uns vorher die Hände waschen. Willst du mir assistieren?«
»Sag mir, was ich tun soll, und ich versuch' es«, antwortete Lucas.
»Also zuerst wollen wir mal den ganzen Dreck runterwaschen. Und dann zieh dir ein frisches Hemd an. Sie braucht nicht noch eine Infektion von dem ganzen Straßendreck.«
»Ich hab keine Klamotten zum Wechseln.«
»Keine Sorge, ich schon. Wir setzen es einfach auf deine Rechnung.« Duke sah ihn prüfend an. »Ich hoffe, du hast ein paar wirklich gute Sachen dabei, sonst belieferst du mich für den Rest deines Lebens mit White Lightning.«
»Hab ein halbes Dutzend Schnellfeuergewehre. Dazu etwa 1000 Schuss Munition. Und ein paar Handfeuerwaffen. Kein Grund zur Aufregung.«
»Was für Gewehre?«
»AR-15 und AK.«
»Zustand?«
»Besser als deine Leber.«
Duke verzog das Gesicht zu einem schmerzlichen Grinsen. »Ein Mann nach meinem Herzen.«
Lucas ahmte seinen Gesichtsausdruck nach. »Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten.«
Kapitel 5
Eineinhalb Stunden später legte Duke das Brenneisen weg und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Nachdem er sein Werk betrachtet hatte, wandte er sich an Doug.
»Mach' ein paar Fenster auf. Riecht hier wie bei einem Barbecue.«
Der Geruch verbrannten Fleisches hing noch schwer im Raum, weil er die Wunde kauterisiert hatte. Davor hatte er die Kugel in drei Fragmenten entfernt. Vor dem Eingriff hatte er der Frau noch eine weitere Dosis Morphium gespritzt und zusätzlich beim Hautgewebe um die Wunde ein Lokalanästhetikum verwendet.
Duke und Lucas gingen gemeinsam zur Tür und traten hinaus in die Morgensonne.
»Wie sieht's aus?«, fragte Lucas.
Duke inspizierte seine Fingernägel, bevor er Lucas direkt in die Augen sah. »Es steht 50:50. Sie hat eine Menge Blut verloren. Als Nächstes sollten wir ihr eine Transfusion verpassen.«
»Woher weißt du, welche Blutgruppe sie hat?«
»Spielt keine Rolle. Aaron ist Null Negativ. Ein Universalspender.«
Lucas nickte. »Was für ein glücklicher Zufall. Wie viel?«
»Sie braucht vermutlich einen halben bis einen Liter. Ich lege einen Zugang und gebe ihr dann die erste Konserve.«
»Nein. Ich meinte, was kostet mich das?«
Duke nannte ihm den Preis in Munition und Lucas pfiff leise. »Da geht meine Pension dahin.«
»Außer du hast mir Gold oder Silber anzubieten. In dem Fall kostet es eine Viertelunze Gold. Oder fünfzig Unzen Silber.«
»Du hortest also immer noch?«
»Verdammt richtig.« Duke hatte Lucas einmal erklärt, warum er Edelmetalle lagerte: Sollte der Handel zwischen den Nationen je wieder in Gang kommen, war die Wahrscheinlichkeit gleich null, dass die Gegenseite, nach diesem Währungsdebakel, etwas anderes als Gold akzeptieren würde.
Selbst jetzt, wo der ganze amerikanische Kontinent ein Ödland war, schätzte man immer noch Gold und Silber – sie waren selten, waren seit Jahrtausenden ein Zahlungsmittel gewesen und würden vermutlich auch in Zukunft wieder begehrt sein. Lucas hatte selbst zwanzig Goldmünzen, die er seit dem Kollaps für Notfälle aufbewahrte, aber er würde zunächst alles andere verkaufen, bevor er sich auch nur von einer Münze trennte.
»Nach der OP und der Bluttransfusion gehört dir schon die Hälfte meiner Waffen und der Munition.«
»Die besten Dinge im Leben sind gratis, sagt man, aber hier gibt es nichts umsonst.«
Lucas zuckte mit den Schultern. »Wie gewonnen, so zerronnen.«
»Ich lasse die Waffen und die Munition von Doug überprüfen, während ich Aaron schröpfe.«
»Schick ihn raus zu mir. Ich wollte sowieso nach Tango sehen.«
Duke studierte Lucas' eingefallene Züge. »Kumpel, du siehst aus wie hart geritten und nass eingestellt. Gönn' dir eine Pause.«
»Ich kann noch genug schlafen, wenn ich tot bin.«
»Du hast Mumm. Aber wenn du dir es anders überlegst: Da drüben ist ein schattiger Unterstand. Geht aufs Haus.« Duke dachte kurz nach. »Was weißt du über sie?«
»Konnte kein Wort mit ihr wechseln.«
Duke nickte. »Hast du das Tattoo auf ihrem Oberarm bemerkt?«
»Welches, dieses ägyptische Auge? Was ist damit?«
Duke bemerkte einen Blutfleck auf seinem Stiefel und verzog das Gesicht. »Ach, nichts.«
»Nun spuck es schon aus, Duke.«
»Warten wir doch erst mal ab, ob sie es übersteht.«
»Wenn du etwas zu sagen hast, dann sag es jetzt«, meinte Lucas ernst.
Duke schüttelte nur den Kopf und wandte sich ab, um nach drinnen zu gehen. »Eigentlich geht es mich nichts an, Kumpel.«
Lucas blickte Duke irritiert hinterher und ging dann zu Tango hinüber, um seine Satteltaschen auszuräumen. Doug stieß ein paar Minuten später zu ihm und sie sahen zunächst die Gewehre durch. Der jüngere Mann prüfte die Kalaschnikows mit geübtem Auge und nickte, wenn er eines davon zur Seite legte.
»Sie sind alt, aber in gutem Zustand. Wir geben später ein paar Testschüsse ab.«
»Stammen vermutlich aus Mexiko«, bemerkte Lucas.
»Schauen wir uns mal die AR-15 an.«
Die Sturmgewehre waren alle für Dauerfeuer modifiziert worden, dem Anschein nach von jemandem mit Erfahrung. Die AR-15 war die zivile Version des M16, wurde aber als Einzelschussversion verkauft. Doch mit den richtigen Verschlussteilen konnte man sie in einer gut ausgerüsteten Werkstatt auf Vollautomatik umrüsten.
Doug grinste, als er das letzte Gewehr inspiziert hatte. »Saubere Arbeit. Woher hattest du die Dinger noch mal?«
»Aus der Wüste.«
»Duke wird zufrieden sein. Verglichen mit den AKs sehen die richtig neu aus.«
»Genau wie die Munition.«
Eine halbe Stunde später hatte Doug die Magazine gezählt und beiseitegelegt, was er haben wollte. Während der Arbeit war er etwas zugänglicher geworden und hatte, wie viele andere Menschen auch, die Lucas seit dem Kollaps getroffen hatte, ziemlich offen über die Umstände gesprochen, die dazu geführt hatten, dass er jetzt auf dem Handelsposten arbeitete.
»Früher