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WASTELAND - Schuld und Sühne. Russell BlakeЧитать онлайн книгу.

WASTELAND - Schuld und Sühne - Russell Blake


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allerdings, dass sie alle ordentlich geschnittene Haare und gute Ausrüstung hatten. Diese sammelte er hastig ein und legte sie auf einen Haufen, wobei er sich auf Waffen und Munition konzentrierte. Ansonsten fand er nur wenig Tauschartikel, die sich leicht transportieren ließen.

      Danach ging er zu den toten Pferden und sah in ihre Satteltaschen. Sie enthielten Plastikbehälter mit Reis, Töpfe, mehr Munition, Kompasse, Trockenfleisch und andere haltbare Nahrungsmittel, dazu die übliche Sammlung von spärlichen Habseligkeiten, die heutzutage als Schätze durchgingen. Er leerte die Satteltaschen aus und sah den Inhalt zügig durch. Er legte alles beiseite, was sich nicht leicht transportieren ließ. Er hatte nur Raum für Sachen von Wert, so wie ein Jagdmesser oder eine AR-15 mit mehreren hundert Schuss Munition, die kostbarer als alles andere zusammen war.

      Als er den ersten der toten Angreifer erreichte, verzog er das Gesicht. Der Schädel des Mannes war ein Krater voller Fliegen, die Vorderseite des Kopfes war von einem Schuss zerfetzt worden. Zurück blieben nur sein öliges, schwarzes, zu einem Iro geschnittenes Haar und ein verdreckter, ungepflegter Bart.

      »Raider«, murmelte Lucas. Der Iro war das Erkennungszeichen einer der Gangs, welche die Gegend unsicher machten und jeden terrorisierten, auf den sie stießen. Sie waren undisziplinierte Amateure, aber gefährlich wie Skorpione und vollkommen skrupellos. Viele von ihnen waren Berufsverbrecher, die die Städte verlassen hatten, als alles zusammenbrach, und die eine Bande von Halsabschneidern gebildet hatten, die lieber raubten und mordeten statt als Farmer zu schuften. Der Kollaps hatte das Beste und das Schlechteste in den Menschen geweckt. Leider hatte das Schlechte meist überwogen und ihre Gewaltbereitschaft verschaffte ihnen natürlich Vorteile gegenüber den Schwächeren.

      Lucas hatte das blutige Handwerk der Raider mehr als einmal beobachtet, an den schutzlosen Häusern, die es hier früher einmal gegeben hatte. Wie ein Heuschreckenschwarm hatten sie alles auf ihrem Weg zerstört. Sie töteten jeden, außer jungen Frauen, die sie zu Sklavinnen machten – Gerüchten zufolge ein Schicksal schlimmer als der Tod. Er machte einen weiten Bogen um sie – und sie ließen die Stadt, bei der er wohnte, in Frieden. Sie bevorzugten leichtere Ziele als diese schwer bewaffneten Siedler. Genau wie die Raider hatte auch Lucas einen Ruf, der ihm vorauseilte, sodass sie die Farm, auf der er mit seinem Großvater lebte, in Ruhe ließen.

      Drei der anderen Toten waren ebenfalls Raider. Ein weiterer Indikator war ihre Lieblingswaffe, die Kalaschnikow AK-47, deren 7.62 Munition durch Geschäfte mit mexikanischen Banditen leicht zu beschaffen war. Mexiko war während des Krieges gegen die Drogen regelrecht mit Waffen geflutet worden. Man nannte sie auf Spanisch Cuerno de Chivo – das Ziegenhorn – wegen ihres auffällig gekrümmten 30-Schussmagazins. Die meisten waren vollautomatisch, und obwohl sie nicht so präzise waren wie Lucas' M4, hatten sie doch auf einhundert Meter eine mörderische Durchschlagskraft. Lucas sammelte die Sturmgewehre ein. Zwei davon waren die AK-M Variante mit einklappbarer Schulterstütze. Er warf sie auf den Haufen zu den anderen Waffen.

      Ein Gurgeln kam von einem der Körper, die er noch nicht untersucht hatte. Er wirbelte in der Hocke herum, das M4 im Anschlag. Der Mann, dessen Iro kanariengelb gefärbt war, war wie die anderen Raider mit einer dreckigen schwarzer Jeans und einem fleckigen T-Shirt gekleidet. Lucas lief zu ihm hinüber, jederzeit bereit zu schießen, aber der Mann war bereits am Ende. Blut aus einer Kopfwunde verkrustete ihm Stirn und Augenlider. Lucas zog die Glock aus seinem Hosenbund und schob die AK mit dem Fuß beiseite, bevor er sich vorsichtig neben ihm hinkniete.

      Die Augen des Mannes öffneten sich und er starrte Lucas mit leerem Blick an. Er versuchte zu sprechen, aber alles, was aus seinem Mund kam, war ein Schwall Blut. Dann rollte sein Kopf zur Seite. Sein Todesröcheln dauerte beinahe fünf Sekunden.

      Lucas ging seine Sachen durch und fand in der Gesäßtasche des Mannes ein Klappmesser. Es war von guter Qualität und versprach einen guten Handel. Die Glock und ihre zwei Reservemagazine würden ebenfalls ein gutes Geschäft werden, auch wenn er persönlich nicht viel von einer 9mm hielt. Lucas' Philosophie war immer gewesen, dass die momentane Taubheit, die einen Schuss aus seiner Kimber begleitete, durch ihre hohe Durchschlagskraft mehr als aufgewogen wurde.

      Nachdem er sich alle Waffen angesehen hatte, traf er eine schnelle Entscheidung und trug die wertvollsten zu Tango hinüber. Lucas belud die Satteltaschen bis zum Bersten mit Waffen und Munition und war enttäuscht, doch wenig überrascht, dass er zwei AK-47 und ein paar Pfund Munition zurücklassen musste.

      Entferntes Donnergrollen hallte von den Wänden der Schlucht wider und Lucas wandte sich dem aufziehenden Sturm zu. Er erstarrte, als er eine Gestalt bemerkte, unmittelbar neben einem Felsvorsprung, deren Brust sich hob und senkte und die offensichtlich am Leben war. Er hatte diese Person vorher nicht bemerkt. Wer immer es auch war, hatte sich gut verborgen. Er schnellte hoch und lief im Zickzack auf den gefallenen Schützen zu. Die M4 hielt er im Laufen auf die Gestalt gerichtet.

      Als er den Vorsprung erreichte, blieb er verblüfft stehen.

      Es war eine Frau.

      Bewusstlos und schwer atmend, eine AR-15 war direkt neben ihr zu Boden gefallen.

      Aber sie war am Leben, auch wenn sie um jeden Atemzug kämpfte. Ihre Bluse und ihre Hose waren von Blut durchtränkt.

      Kapitel 2

      Lucas senkte langsam die Waffe, als er sich der Frau näherte und ihren Zustand einschätzte. Sie war in den Oberschenkel und in den oberen Brustkorb getroffen worden. Ihre leichte Schutzweste hatte nicht ausgereicht, um sie gegen die Gewehrkugeln zu schützen. Er kauerte sich neben sie und blickte in ihre bleichen Züge: Ihr Ausdruck wechselte zwischen Agonie und Bewusstlosigkeit.

      Er filzte sie und fand einen kurzen .38er Revolver in ihrem Hosenbund. Er warf die Waffe beiseite und blickte hinauf zum Himmel. Er machte sich Sorgen, dass es bald zu dunkel sein würde. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder der Frau zu und zog ihr vorsichtig die Schutzweste aus. Danach waren seine Finger schlüpfrig von ihrem Blut. Eilig suchte er in seiner Flakweste nach der wiederaufladbaren LED-Taschenlampe.

      Lucas schaltete die kleine Taschenlampe ein und ließ den Lichtkegel zu den Wunden der Frau wandern. Das Bein sah nicht allzu schlimm aus, die Wunde in ihrer Brust schon – der Blässe ihrer Haut nach hatte sie bereits eine Menge Blut verloren und es bestand die Gefahr, in einen Schockzustand zu verfallen, wenn das nicht längst geschehen war. Immer mehr Blut kam aus der Eintrittswunde. Lucas musste eine schnelle Entscheidung treffen. Und er brauchte das Licht der Stablampe, auch wenn es die bösen Jungs anlocken konnte. Ansonsten würde die Frau sterben.

      Er folgte seinen Spuren zurück zu Tango und holte das Erste-Hilfe-Set aus der Satteltasche. Das Pferd schien seine Aufregung zu spüren und wieherte leise.

      »Keine Sorge, mein Großer. Wir hauen hier so bald wie möglich ab«, murmelte Lucas, bevor er zu der Frau zurückging.

      Nachdem er die Taschenlampe wieder eingeschaltet hatte, holte er eine Plastikflasche heraus und drehte den Verschluss ab. Der Geruch von hochprozentigem Alkohol stieg ihm in die Nase. Dreifach gebrannt von seinem Großvater, aus Getreide, das auf seiner eigenen Ranch wuchs, brachte den ›White Lightning‹ auf über 70 Volumenprozent. Abgesehen davon, dass er ein heißbegehrter Tauschartikel war, machte ihn das auch zu einem vorzüglichen Desinfektionsmittel, obwohl diese Verwendung seinem Grandpa nicht gefallen hätte. Für ihn war das nur eine Verschwendung von gutem Schnaps.

      Lucas nahm eine Plastikplane aus der Verpackung und breitete das Feldbesteck darauf aus. Nachdem er die Wunde in der Brust noch einmal untersucht hatte, sterilisierte er eine langstielige Wundzange. Als er sicher sein konnte, dass das Instrument keimfrei war und keine Infektion auslösen würde, nahm er sich zunächst die Beinwunde vor. Er stellte fest, dass es sich um einen sauberen Durchschuss handelte. Da hatte sie Glück gehabt, doch bei ihrer Brustwunde sah es anders aus. Die Kugel hatte zwar ihre Lunge verfehlt, aber es gab keine Austrittswunde und er war nicht darauf vorbereitet, im Freien und nur im Licht einer kleinen Taschenlampe einen chirurgischen Eingriff durchzuführen.

      Er stocherte vorsichtig in der Eintrittswunde herum und versuchte dabei, das Projektil zu ertasten, gab aber nach ein paar fruchtlosen Minuten auf. Das Beste, was er


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